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Klaus Schulze: Inter*Face (1985) (Review)

Artist:

Klaus Schulze

Klaus Schulze: Inter*Face (1985)
Album:

Inter*Face (1985)

Medium: CD
Stil:

Electronic / Avantgarde

Label: MIG Music
Spieldauer: 75:10
Erschienen: 30.09.2016
Website: [Link]

Es ist schon schwer beeindruckend, mit welcher Konsequenz und Liebe das MIG-Label nach und nach den kompletten Backkatalog der unzähligen KLAUS SCHULZE-Alben aufarbeitet, diese in wunderschöne Digipaks steckt und sie mit einem umfangreichen, informativen Booklet in deutscher und englischer Sprache versieht sowie als Re-Release veröffentlicht. In diesem Sinne macht das Label dem Musiker und seinem Namen alle Ehre: Made In Germany Records.

Ganz aktuell steht nun das 1985er-Album „Inter*Face“ in den Startlöchern, um in einer Woche auf die Fans losgelassen werden zu können. Ein Album, das sich durch einige Besonderheiten auszeichnet, aber zugleich auch eins der schwächsten Cover des Schulze-Œuvre bietet.

KLAUS SCHULZE stellt zu diesem für ihn doch ungewöhnlich rhythmischen Album selber fest, dass es keins seiner „typischen 80er-Jahre-Platten ist“, weil es längst nicht mehr nach der „sog. Berliner Schule“ klingt. Das liegt besonders an dem ungewöhnlichen Schlagzeug-Spiel von ULLI SCHOBER, der erstmals auf einem Studio-Album von Schulze mitwirkt und dessen Musik mit seinen damals völlig neuen Simmons-Drums einen gehörigen Drive verpasst.
Die Begegnung zwischen Schulze und Schober war eher zufällig und resultierte daraus, dass Schulze seinen „Audentity“-Schlagzeuger, den weltberühmten, weil bei SANTANA Percussion spielenden, MICHAEL SHRIEVE nicht erreichen konnte. Als Schulze dann Schober bei einem Auftritt in Celle ansprach, war der Deal perfekt und Schober spielte die Drums auf dem Album ein, um dann zu verschwinden und in Vergessenheit zu geraten: „Ulli kam dann ins Studio und hat die Fills auf den Simmons-Drums gespielt. Danach haben wir uns noch ein paar Mal privat gesehen, und später aber irgendwie aus den Augen verloren.“

Trotzdem brauchen auch beinharte Fans von Schulze keine Angst bekommen und glauben, dass er sich auf „Inter*Face“ völlig von seinen typischen Schulze-Electronics verabschiedet. Die Musik klingt etwas moderner, nicht so verspielt und getragen, und setzt mehr auf eingängigere Rhythmen. Eine typische Verbeugung eben vor dem Sound der 80er, ohne sich zugleich poppig zu prostituieren. Und das mit 25 Minuten längste Stück, welches dem Album auch seinen Namen verlieh, ist dann doch wieder „typisch“ 70er-Jahre-Schulze.
Also absolute Entwarnung an alle, die Angst haben, auf „Inter*Face“ müssten sie einen Neue-Deutsche-Welle-Schulze erleben. Da überwiegt zum Glück eben doch der „alte Musiker-Sack“!

Eine wiederum wichtige Rolle spielen die beiden beachtlichen Bonus-Tracks, die insgesamt 26 Minuten Laufzeit aufweisen.
„The Real Colours In The Darkness“ ist ein sehr ruhiges, getragenes Stück, das erst nach Veröffentlichung des Original-Albums, auf dem sich das Stück ja ebenfalls (natürlich ohne das „Real“) befindet, auf einem anderen Band entdeckt wurde. Es war deutlich länger und klang auch aus Schulzes Sicht eigentlich viel mehr nach „dunkler Musik“. Darum ist es hier Bonus Nummer 1.

Hinter Bonus Nummer 2 verbirgt sich eine noch spannendere Geschichte, die wir am besten gleich KLAUS SCHULZE selbst erzählen lassen (Nachzulesen im Booklet!): „‘Nichtarische Arie‘ ist wegen der Percussion ziemlich rhythmisch – und es hat Vocals. Gesungen hat hier übrigens RAINER BLOSS. Sein Hauptinstrument war das Klavier, aber er konnte auch singen und Bass spielen, und er war ausgebildeter Komponist. Er hatte in der ehemaligen DDR eine richtige klassische Musikausbildung gemacht. In der DDR gab es ja die staatlichen A-, B- und C-Scheine, die darüber entschieden, wie du als Musiker behandelt wurdest. Mit dem A-Schein warst du Hobby-Musiker und durftest auf privaten Parties spielen, mit dem B-Schein durftest du in kleineren Lokalen auftreten, aber erst mit dem C-Schein hattest du die Berechtigung, dich offiziell ‚Musiker‘ zu nennen und überall öffentlich aufzutreten. In diesem Sinne war Bloss ein staatlich geprüfter Profi-Musiker, was ich bei unseren Arbeiten auch gemerkt habe. Wenn du ihm gesagt hast, spiel mal dies, oder sing mal das – er hatte alles drauf! Schade, dass man nichts mehr von ihm hört.“

Na ja, dafür darf man ihn ja nun auf dem zweiten Bonus-Song hören und muss feststellen, dass, trotz einiger NDW-Affinität des Stücks, Schulze mit der Einschätzung von Bloss absolut recht hat. Denn der Mann kann sogar richtig gut singen, auch wenn nicht ganz klar dabei ist, wie stark ihn dabei die moderne (Verfremdungs- und Hall-)Technik unterstützt. Definitiv gehört „Nichtarische Arie“ zu einem der ungewöhnlichsten Schulze-Titel, die es von ihm zu entdecken gibt.

FAZIT: Es ist jedes Mal eine Freude, der fleißigen Aufarbeitung des musikalischen Lebenswerks von KLAUS SCHULZE durch das MIG-Label zu folgen, denn es gibt neben den Originalaufnahmen auch immer wieder unverzichtbare Boni darauf zu entdecken. Diesmal sind wir mitten in den 80ern angekommen und dürfen einen nicht ganz typischen, fast modernen Schulze erleben, der sich aber trotzdem immer wieder auch auf „Inter*Face“ seiner Wurzeln besinnt.
Was bleibt da noch zu sagen?
Fortsetzung folgt...

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 5172x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • On The Edge
  • Colours In The Darkness
  • The Beat Planante
  • Inter*Face
  • The Real Colours In The Darkness – Bonus Track
  • Nichtarische Arie (A Not So Hidden Track) – Bonus Track

Besetzung:

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