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Devin Townsend Project: Deconstruction (Review)
Artist: | Devin Townsend Project |
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Album: | Deconstruction |
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Medium: | CD | |
Stil: | Progressive Extreme Metal |
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Label: | InsideOut | |
Spieldauer: | 70:40 | |
Erschienen: | 17.06.2011 | |
Website: | [Link] |
Bitte beachtet auch unser DEVIN TOWNSEND PROJECT-Massen-Review unter den Kolumnen!
Kaffee. Martini mit Olive. Maschine auf dem Ozean. Regnende Planeten. Schmetterling. Tag der Erde. Muppets. Bipolarität. Evil Dead. Alien. Positiv. Negativ. Yin und Yang. "Just Entertainment, Folks".
Brainstorming für einen großen Wahnsinnigen. Lief die mit "Ki" und "Addicted" eingeleitete Tetralogie von DEVIN TOWNSEND bislang unter der Bezeichnung "Projekt", so erreicht es mit "Deconstruction" den Status einer "Projektion". Projiziert wird das gesamte zurückliegende Schaffen des extravaganten Künstlers, der sich so gerne in Bombast und gnadenloser Übersteuerung suhlt.
Townsend hat wie kaum ein anderer Musiker seiner Generation den Kontrast zwischen Schwarz und Weiß kultiviert. Er ist es, der dem Metal die Multidimensionalität wiederbeschafft hat, ihm in all seiner Härte beigebracht hat, wieder zu fühlen. Und vor allem zu lachen.
Das erfordert natürlich einen enormen emotionalen Aufwand, den es rückwirkend auch aufzuarbeiten gilt. Nichts Geringeres als die Konfrontation des Schöpfers mit seiner gesamten Vergangenheit hat "Deconstruction" im Sinn. Und was könnte angesichts der Gefühlsbandbreite und des Unterhaltungsfaktors eine exaktere Metapher für dieses Anliegen bieten als die Achterbahn?
Der dritte Streich des DEVIN TOWNSEND PROJECT ist sein definitiver Höhepunkt, ein Höllenritt von einer Achterbahnfahrt, der so extrem mit Hochs und Tiefs durch den Townsend'schen Backkatalog scheucht, dass die Schmetterlinge mit Hochdruck gegen die innere Bauchdecke trommeln. Assoziativ begegnen uns Fragmente alter Platten wie Geisterbahn-Pappkameraden, die hinter der nächsten Kurve hervorschnellen; ein Ziltoid beispielsweise, der immer noch auf seinen Kaffee wartet. Was auf "Addicted" mit dem von Anneke van Giersbergen interpretierten "Hyperdrive!", einer Neuauflage des auf "Ziltoid The Omniscient" erschienenen "Hyperdrive", seinen Anfang nahm, führt "Deconstruction" auf ein dermaßen schnelles wie knallbuntes Level, dass von den offensichtlichen Reminiszenzen bloß noch leuchtende Fratzen als Projektionen auf dem inneren Augenlid zurückbleiben.
Und Kurven, davon hat dieses Spektakulum eine Menge. Während sich das Schaffen Townsends Schicht um Schicht entblättert, während er sich – vermutlich eher intuitiv als bewusst - selbst seziert, da evoziert die nebenher ablaufende Kumulation von Sinnesexplosionen ein Winkelgemäuer aus Leise und Laut. Erster Höhepunkt desselben ist sicherlich "Planet Of The Apes". Hier zeigt Townsend Tim Burton, wie man eine Welt wirklich erobert. Innerhalb von 11 Minuten hat man einen ganzen Kontinent überflogen, derweil typische Burton-Märchenlandelemente tatsächlich übernommen werden. Cinemascope-Chöre, Wall-Of-Wahnsinn, psychotische Soli, harte Grooves – es gibt nichts, was man in diesem Stück nicht finden würde. Die zweite Großtat ist definitiv "The Mighty Masturbator", ein 16-Minuten-Monolith, der als einzige Komposition etwas Geplantes und Inszeniertes anstatt von purem Chaos in sich trägt. Er ist eine mit Bedacht aufgebaute Musical-Komödie, der Moment, in dem die Fahrkabine kurz zum Stillstand kommt und die Aufmerksamkeit der Gäste kurz von der Strecke weg- und auf das Theaterstück gelenkt wird. Applaus und Jahrmarktstechno inbegriffen.
Selbst ein vergleichsweise "normales" Stück wie "Sumeria", das "Planet Of The Apes" und "The Mighty Masturbator" miteinander verbindet, schafft es noch, sich um 180 Grad zu drehen – von der gnadenlosen Riffattacke transformiert es in ein Harmonium, das stark an "Æon Spoke" erinnert – kein Wunder, wo doch Paul Masvidal hier einen Gesangspart einnimmt. Und überhaupt, all das Hochkarat an Gästen. Michael Åkerfeldt (OPETH), Tommy Giles Rogers (BETWEEN THE BURIED AND ME), Fredrik Thordendal (MESHUGGAH), Greg Puciato (THE DILLINGER ESCAPE PLAN) et cetera… weitere Pappkameraden, nicht erfundene diesmal, die Einflüsse, Inspiration und gegenseitige Befruchtung darstellen.
Schließlich natürlich "Deconstruction", ein mit einem fäkalen Soundeffekt beginnender Anknüpfpunkt an die narrative Anlage des Puppentricks "Ziltoid The Omniscient". "Whoaaaa", stößt nicht nur Townsend voller Überraschung aus, sondern auch Thordendals flinke Leadgitarre, die schließlich typisch MESHUGGAH wird. Es erfordert eine Menge Chuzpe, dem Cheeseburger, der hier praktisch zur Kröne menschlicher Schöpfung gemacht wird, ein solches Podest zu bauen. Die Ironie, dass sich der Cheeseburger ausgerechnet einem Vegetarier offenbart ("Good Lord, It's A Cheeseburger!"), fasst im besten Sinne zusammen, was das Townsend-Universum ausmacht: Rhythmische Ergänzung einander entgegen gesetzter Bestandteile.
FAZIT: "Ki" ist mit der Zeit gewachsen, "Addicted" hat sich nach mehrmaligem Konsum ein wenig abgenutzt – beides ist eher im unauffälligen Rahmen geschehen. Mit der Halbherzigkeit ist es in diesem Juni definitiv vorbei. "Deconstruction" klingt so, wie man sich die Innenausrichtung einer Springteufelbox vorstellen würde. Es beginnt verhalten, packt dich dann aber in dem Moment, in dem du es am wenigsten erwartest und zieht dich mit Affenzahn hinunter in den Karneval der Hölle. Das Chaos, mit dem sich das facettenreiche Gesamtwerk des Devin Townsend entblättert, wird so manchen Hörer an seine Grenzen führen. Als habe jemand alle bisherigen Townsend-Alben in einen Mixer geworfen und feste auf den roten Knopf gedrückt: Am Ende steht eine schaurig-schöne, bizarre und ultraschnelle Geisterbahnfahrt, die amüsiert, schockiert und Erwartungen hintergeht. Eine der besten Veröffentlichungen des Jahres.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Praise The Lowered
- Stand
- Juular
- Planet of the Apes
- Sumeria
- The Mighty Masturbator
- Pandemic
- Deconstruction
- Poltergeist
- Devin Townsend - Gesang, Gitarre, Bass, Keyboards, Programming
- Ryan Van Poederooyen - Drums bei "Praise The Lowered", "Stand", "Planet Of The Apes" und "The Mighty Masturbator"
- Dirk Verbeuren (SOILWORK) - Drums bei den anderen Songs
- CITY OF PRAGUE PHILHARMONIC ORCHESTRA - Orchester
- Paul Kuhr (NOVEMBER'S DOOM) - Gesang bei "Praise the Lowered"
- Mikael Åkerfeldt (OPETH, BLOODBATH) - Gesang bei "Stand"
- Ihsahn (EMPEROR) - Gesang bei "Juular"
- Tommy Giles Rogers (BETWEEN THE BURIED AND ME) - Gesang bei "Planet of the Apes"
- Joe Duplantier (GOJIRA, CAVALERA CONSPIRACY) - Gesang bei "Sumeria"
- Paul Masvidal (CYNIC) - Gesang bei "Sumeria"
- Greg Puciato (THE DILLINGER ESCAPE PLAN) - Gesang bei "The Mighty Masturbator"
- Floor Jansen (AFTER FOREVER) - Gesang bei "Pandemic"
- Oderus Urungus (GWAR) - Gesang bei "Deconstruction"
- Fredrik Thordendal (MESHUGGAH) - Leadgitarre in "Deconstruction"
- Ki (2009) - 10/15 Punkten
- Addicted (2009) - 11/15 Punkten
- Deconstruction (2011) - 13/15 Punkten
- Ghost (2011) - 14/15 Punkten
- Epicloud (2012) - 8/15 Punkten
- Ocean Machine – Live at the Ancient Theatre Plovdiv (2018) - 13/15 Punkten