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Interview mit Astral Doors (08.10.2007)
In Sachen melodischer Hardrock in der Tradition der großen Vorbilder führt momentan kaum etwas an ASTRAL DOORS vorbei, zumal die Schweden mit Nils Patrik Johansson auch einen der derzeit prägnantesten und gefragtesten Sänger der Szene in den Reihen haben. Auch wenn man meinen könnte, dieser sei durch seine vielzähligen Schaffensfelder komplett ausgebucht, bleibt ihm dennoch die Zeit, um Auskunft über das neue Schmuckstück namens "New Revelation" zu geben.
Hallo Patrik, herzlichen Glückwunsch zu eurem bisher wohl reifsten und abwechslungsreichsten Album.
Da stimme ich dir zu und bin sehr froh, dass Du das Album genauso siehst wie ich. „New Revelation“ ist eine natürliche Weiterentwicklung in der Karriere der Band. Es ist unser viertes Album und wir fanden, es wäre an der Zeit, der Welt noch mehr Seiten von der Band zu zeigen, ohne jedoch dabei unser Markenzeichen zu verlieren: Classic Hard Rock.
Ich denke, ihr klingt wieder etwas eingängiger als auf dem Vorgänger "Astralism".
In gewisser Weise gebe ich dir Recht. Trotzdem muss ich sagen, dass auch "Astralism" viele eingängige Passagen enthält. Aber die Tatsache, dass der Sound wirklich grausam ist, schmälert die Qualität der Songs. Als sie das Album gemastert haben, wurde alles bis zum Maximum aufgedreht, so dass die Gitarren undifferenziert-breiig rüberkommen und die Vocals wirklich total absaufen. Deswegen haben wir auch eine neu gemasterte und neu gemixte Version des Albums als "Special Tour Edition" rausgebracht. Auf "New Revelation" hört man, dass wir unser Lektion gelernt haben, weil der Sound bei weitem der Beste ist, den wir je auf einem Album hatten.
Hat sich eure Musik deiner Ansicht nach seit eurem Debüt in irgendeiner Art verändert?
Also ich denke, dass sich weder unser Sound noch unsere Musik stark geändert hat. Wir haben die richtige Formel auf unserem Debütalbum gefunden und wir haben nicht die Absicht zu experimentieren. Was sich aber geändert hat, ist, dass wir besser in dem geworden sind, was wir tun, also als Songschreiber und Musiker. Außerdem haben unsere Songs inzwischen mehr Facetten.
Rückt ihr mit einem Song wie "Cold War Survivor" ganz gezielt so weit in die Richtung der frühen DIO-Alben oder passiert das mittlerweile bei euch ganz automatisch?
Also, was eventuell ein Unterschied zwischen diesem Album und den vorherigen sein könnte, ist die Tatsache, dass es weniger von DIO beeinflusste Songs enthält. „Cold War Survivor“ und vielleicht auch „Mercenary Man“ sind Ausnahmen; sie könnten auf jedem ASTRAL DOORS-Album stehen.
In welchem Bezug steht das Cover zum Album? Was oder wen sehen wir dort genau?
Das Cover wurde von „Killustrations“ (deutsches Designstudio, spezialisiert und verantwortlich für eine Vielzahl von Metal-Artworks; www.killustrations.com) angefertigt. Wir haben ihnen den Text des Titelsongs geschickt und gaben ihnen in jeder Hinsicht freie Hand. Deswegen ist das Cover die künstlerische, gezeichnete Version von „New Revelation“, der Song wurde durch das Bild bestens eingefangen. Wir lieben das Ergebnis.
Zuletzt habt ihr in euren Texten recht brisante, vor allem politische Themen verarbeitet. Worum geht es diesmal? Und was verbirgt sich hinter der "New Revelation"?
Ja, „Astralism“ wurde so etwas wie ein Konzeptalbum, weil es von Terrorismus und diesem Mist handelt. Das neue Album hat positivere Texte, oder besser gesagt: mehr Fantasy und Science Fiction. Trotzdem kann ich mir nie ganz verkneifen, auch kritische Texte zu schreiben. Manche Songs wie zum Beispiel “Mercenary Man” und “Quisling” arbeiten mit düsteren Stoff. Der Song "New Revelation" hat eine Fantasy-Geschichte; ich beabsichtige, irgendwann einen zweiten Teil davon zu schreiben und dann wird man hoffentlich verstehen, was die "neue Offenbarung" ist.
Hast du auch diesmal wieder die Texte geschrieben? Wie läuft das Songwriting insgesamt bei euch ab?
Ich schreibe alle Texte in dieser Band. Meistens läuft es so, dass Joachim, Johan oder Martin mit einem kompletten Song ankommen, der jedoch keine Melodien oder Text enthält. Sie präsentieren mir das Material und ich komponiere die Melodien und Gesangslinien.
Hängen in eurem Proberaum eigentlich Poster von DIO, RAINBOW und BLACK SABBATH? Oder doch ganz was anderes?
Hahaha, wir haben nur ASTRAL DOORS-Poster an den Wänden unseres Proberaums hängen und ich kann dir eine Sensation verkünden: Ich habe in meinem ganzen Leben nie ein DIO-Poster besessen.
Probt Ihr eigentlich regelmäßig oder trefft ihr euch nur zu den Aufnahmen zum nächsten Album?
Wir sind eine richtige Band mit Mitgliedern, die alle in derselben Stadt leben und deswegen haben wir vor den Tourneen und den kommenden Shows sehr viel geprobt. Ich kann aber verstehen, warum du diese Frage stellst, seitdem viele der heutigen Bands lediglich Projekte mit Mitgliedern sind, die über die ganze Welt verstreut sind.
War Peter Tägtgren wieder in den Mix involviert?
Ja, das war er. Er hat alle unsere Alben gemischt und wir wollten ein erfolgreiches Konzept nicht aufgeben.
Bekommt ihr noch häufig von Kritikern zu hören, dass ihr bloß eine Kopie Eurer Vorbilder seid?
Die Kritiker haben uns immer sehr gut behandelt und es stört mich nicht, wenn wir mit RAINBOW und BLACK SABBATH verglichen werden oder man mich mit Ronnie James Dio vergleicht, was sogar eine Ehre für mich ist. ASTRAL DOORS waren aber nie eine Kopie von irgendetwas; wir haben unseren eigenen Stil und ich glaube, dass die meisten Kritiker das auch erkannt haben. Ich sehe ASTRAL DOORS als Verteidiger des Stils „Classic Hard Rock“.
Du bist inzwischen ein vielgefragter und vielbeschäftigter Sänger, so dass man meinen könnte, dir bleibe kaum noch Zeit, dich mit dem Songschreiben zu beschäftigen. Ist es so, dass du bei ASTRAL DOORS vollwertiges Mitglied und bei den anderen Bands nur Gastmusiker bist? Bist du bei den anderen Bands am Songwriting beteiligt?
Ich bin Mitglied von drei Bands. Bei zwei dieser Bands bin ich in den Prozess des Songwritings eingebunden: bei ASTRAL DOORS und bei LION´S SHARE. Diese Bands treten auch beide live auf, sodass ich alle Hände voll zu tun habe. Ich bin außerdem der Sänger von WUTHERING HEIGHTS, wobei ich bei dieser Band jedoch nicht am Songschreiben beteiligt bin und wir geben auch nicht so viele Konzerte, sodass dies nicht so viel Zeit in Anspruch nimmt. Ich nehme mit dieser Band auch nur ungefähr jedes dritte Jahr ein Album auf. Ansonsten verbringe ich aber sehr viel Zeit damit, Songs und Texte zu schreiben. Ich lebe für die Musik und jeder Tag hat 24 Stunden, sodass es auch kein Problem ist.
Was denken die anderen Bandmitglieder von ASTRAL DOORS eigentlich von deinen anderen Bands oder Projekten? Kommt es da nicht zwangsläufig zu Problemen bei der Planung von Liveauftritten etc.?
Ich weiß nicht, was sie wirklich darüber denken. Ich mag es aber, verschiedene Stile zu singen und tat dies auch schon immer. Ich glaube, dass ich auch schon Mitglied von drei Bands oder so war, als wir ASTRAL DOORS gegründet haben. Jeder in der Band weiß, dass ASTRAL DOORS mein Baby ist, daher nennen mich die Jungs sogar „Papa“.
Wie würdest du den jeweiligen Stil der verschiedenen Bands, an denen du beteiligt bist, also von ASTRAL DOORS, LION´S SHARE, SPACE ODYSSEY und WUTHERING HEIGHTS - habe ich noch was vergessen? - beschreiben?
Das waren, glaube ich, alle. Ich denke, den Stil von ASTRAL DOORS brauche ich nicht mehr zu beschreiben. In das neoklassische Projekt SPACE ODYSSEY bin ich nicht mehr eingebunden. LION´S SHARE waren als Progressive Melodic Metal bekannt, aber als ich eingestiegen bin, haben wir uns eher in die klassische Heavy Metal Richtung orientiert. Mein erstes Album mit ihnen, „Emotional Coma“, wurde im Juni veröffentlicht und ist so, wie ich es mir gewünscht habe: hart, aggressiv und gefüllt mit guten Songs. Wenn Du es noch nicht hast, worauf wartest Du noch? WUTHERING HEIGHTS ist eine verrückte Mischung aus Power, Folk, Speed, Symphonic und Progressive Metal. Die Band hat sich zu einer Kultband entwickelt und es macht wirklich Spaß, ihr zuzuhören.
Welches war bisher das kommerziell erfolgreichste Album deiner Karriere?
Bis jetzt war nichts so erfolgreich, wie die ASTRAL DOORS-Alben. Ich glaube, dass sich das Debüt „Of The Son And The Father“ und „Astralism“ bist jetzt am besten verkauft haben. Ich habe bis jetzt keine Verkaufszahlen von LION´S SHARE bekommen, aber ich glaube, dass es sich ebenfalls sehr gut verkauft. Und das letzte WUTHERING HEIGHTS-Album ist insbesondere in Japan gut gelaufen.
Auf welchem Album und bei welcher Band wird man dich als nächstes hören können? Und befürchtest du nicht, dass deine Stimme irgendwann an Reiz verlieren könnte, wenn du zu präsent und in jedem Jahr auf mehreren Alben zu hören bist?
Ich veröffentliche jedes Jahr ein oder zwei Alben und das ist gar nicht so viel, jedenfalls denken meine Fans, dass es nicht genug ist, hahaha. Ich möchte nicht als singende Allzweckwaffe wahrgenommen werden, daher habe ich es zurückgeschraubt und zuletzt alle weiteren Anfragen abgelehnt. Wie schon gesagt, es gibt bereits zu viele „Projektbands“ und sie verkaufen sowieso keine Alben. Ich lege den Schwerpunkt auf meine richtigen Bands. Ich glaube, dass bis zur nächsten Nils Patrick-Veröffentlichung noch einige Zeit vergehen wird. Wahrscheinlich wird meine nächste Studioaufgabe das nächste LION´S SHARE-Album sein.
Viele, ich auch, vergleichen deine Stimme mit der von Ronnie James Dio, aber auch mit Tony Martin. War dir dies von Beginn deiner Karriere an bewusst und hast du da gezielt drauf hingearbeitet? Welche Sänger bezeichnest du tatsächlich als deinen größten Einfluss?
Ich bin ein sehr großer Fan von Typen wie David Coverdale, Glenn Hughes und Ian Gillan. Diese drei Typen sind zusammen mit Dio meine größten Einflüsse und ich glaube, dass ich die fehlende Verbindung zwischen ihnen bin, hahaha. Ich habe sehr viele Coversongs in meiner Jugend gesungen und das war eine gute Übung. Als ich dann begann, meine eigenen Songs zu schreiben und Platten aufzunehmen, war es selbstverständlich, alle diese Einflüsse in meinen Gesang mit einfließen zu lassen. Und es scheint so, als ob die Leute mögen, was ich mache.
Hat man dich in einem Interview schon mal nicht nach Dio befragt?
Hahaha, ich glaube, da gab es mal zwei oder drei.
Hast du BLACK SABBATH bzw. HEAVEN AND HELL kürzlich auf deren Tour gesehen?
Ich habe sie nicht gesehen. Ich habe zwar auf dem Sweden Rock Festival in der selben Nacht wie sie gespielt, aber nach der Show bin ich schnell nach Hause, weil ich andere Verpflichtungen hatte. Ich muss sagen, dass ich keine nostalgische Person bin und es vorziehe, sie in Erinnerung zu behalten, wie sie vor 25 Jahren geklungen haben, als sie noch ganz oben waren.
Wie ist die letztjährige Tour mit BLIND GUARDIAN für euch gelaufen? Haben sich eure Erwartungen erfüllt?
Es war unglaublich. Die BLIND GUARDIAN-Fans haben uns sehr gut aufgenommen und uns jede gottverdammte Nacht unterstützt und angefeuert: Vielen Dank an Euch alle.
Ihr seid in Kürze wieder bei uns auf Tour, diesmal als Hautpact und in kleineren Clubs. Was werden wir von eurer Show erwarten können?
Ihr könnt davon ausgehen, dass wir alles geben werden und dass wir dem Publikum eine „Best of Astral Doors Show“ bieten werden. Ich hoffe, dass wir viele von unseren alten und auch neue Fans auf der Tour sehen werden: Wir werden Euch nicht enttäuschen.
Was steht demnächst sonst noch bei ASTRAL DOORS an? Wäre es nach vier Alben und einer EP zu früh, über eine DVD nachzudenken?
Also ich denke, dass wir genug Material haben, um eine vollgepackte DVD abliefern zu können und es würde mir Spaß machen, eine Live-DVD zu veröffentlichen. Ich hoffe, dass wir es nächstes Jahr verwirklichen können; unsere Fans verdienen es.
Welche Musik oder welche Band dreht sich zur Zeit in deinem Player? Bist Du "up to date" was die aktuelle Hardrock- und Metalszene betrifft?
Ich versuche immer, auf dem Laufenden zu bleiben, aber die meiste Musik, die ich zu Hören bekomme, macht mich krank, weil sie so schlecht ist. Auf jeden Fall mag ich die letzte SYMPHONY X-Scheibe sehr gerne.
Was machst du, wenn du mal gerade nicht singst?
Ich bin ein Sport-Verrückter; ich liebe es beispielsweise, Fußball zu gucken. Außerdem lese ich gerne gute Bücher und liebe es ebenfalls, Filme zu gucken.
So weit meine Fragen - vielen Dank für deine Zeit.
Wir hoffen, euch alle auf der Tour zu sehen: Am Ende des Tages seht ihr ein Konzert, dass wirklich magisch ist. Also besorgt Euch unsere Alben, lernt die Songs und wir werden sie alle zusammen singen.
Lars Schuckar
(Info)
Alle Reviews dieser Band:
- Astral Doors - Of The Son And The Father (2003)
- Astral Doors - Evil Is Forever (2005)
- Astral Doors - Astralism (2006)
- Astral Doors - New Revelation (2007)
- Astral Doors - Requiem Of Time (2010)
- Astral Doors - Notes From The Shadows (2014)
- Astral Doors - Worship Or Die (2019)