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Myrkur: Spine (Review)
Artist: | Myrkur |
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Album: | Spine |
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Medium: | CD/LP/Download/Kassette | |
Stil: | Experimental Dark Folk, Art Pop |
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Label: | Relapse Records | |
Spieldauer: | 33:43 | |
Erschienen: | 20.10.2023 | |
Website: | [Link] |
Die klassisch ausgebildete dänische Sängerin und Multiinstrumentalistin Amalie Bruun alias MYRKUR gibt sich auf ihrem neuesten Machwerk „Spine“ grenzgängerischer denn je. Das hat biographische Ursachen. Bruun lässt ihre Vergangenheit hinter sich und beginnt einen neuen Lebensabschnitt. Der für das Intro verwendete Ausdruck „Bålfærd“ bedeutet, aus dem Dänischen übersetzt, so viel wie „Vikinger-Beerdigung“, womit das Ende des Alten sinnbildlich dargestellt wird. Zugleich heißt „neuer Lebensabschnitt“ für die Musikerin, nunmehr Mutter eines neugeborenen Kindes zu sein und die damit verbundenen Emotionen durchzumachen bzw. zu erleben. Dass der Wechsel von der einen zur anderen biographischen Phase sein Pendant in der aktuellen Musik findet, ist eine Sache. Eine zweite ist, dass die neuen familiären Bindungen im starken Kontrast stehen zur erzwungenen Isolation infolge der politischen Restriktionen während der Corona-Pandemie. Auch so lassen sich die werkimmanenten Tendenzen erklären, Genre-Grenzen zu zerbrechen und scheinbar Unvereinbares zu kombinieren.
Man kann demnach nicht erwarten, dass der archetypische Scandic Folk aus dem Intro repräsentativ für das vorliegende Album ist. Viel eher verdeutlicht er die Wurzeln dieser Musik wie ihrer Schöpferin, ohne dass Bruun dogmatisch daran festhielte – wie auch? Ganz aufgeben will sie die traditionellen Klänge zwar nie so ganz, entscheidend scheint jedoch der Gedanke, Dark Folk in experimenteller Weise anschlussfähig in Richtung anderer Musikstile zu machen. Allein die schroffen Blastbeats, die in „Like Humans“ aus wabernden, verträumten Pop-Passagen hervorbrechen, liefern darüber Zeugnis ab. Das mag verstörend sein und den Hörer auf dem falschen Fuß erwischen; als Kunstwerk funktioniert dieser Song (und nicht nur dieser) indessen tadellos.
Für ähnliche Überraschungen sorgt die Solo-Einlage am Schluss des nachfolgenden „Mothlike“, da das Liedgut, zunächst getragen von Synthpop mit Eighties-Vibe, Derartiges wohl kaum vermuten lässt. Ebenso wenig der kurze Ausflug in hintergründige, von Elektronika dominierte Black-Metal-Strukturen. Man sieht: Die knackigen Nummern, ihrer überschaubaren Spieldauer zum Trotz, können vielschichtig arrangiert sein. Da kommt es gerade recht, wenn Bruun einmal in verhaltene, von Piano, Akustikgitarre oder Streicher begleitete Singer/Songwriter-Sphären vordringt („My Blood Is Gold“, „Menneskebarn“). Diese leiseren Anteile sind besonders geeignet, den ohnehin in jedem Refrain absolut betörenden und Gänsehaut erzeugenden Gesang zur Geltung zu bringen. Oder – anders ausgedrückt: – sie schaffen Räume, um vor allem den vokalischen Teil der Performance zu inszenieren.
Wundervolle Gesänge vor kontrastreichen Sound-Kulissen weiß ebenso „Valkyriernes Sang“ zu bieten. Diese Nummer startet mit einem deutlichen Bekenntnis zum atmosphärischen Black Metal, Hochgeschwindigkeits-Drumming inklusive, nicht nur zu Beginn, sondern auch im Chorus, der wieder einmal zum Heulen schön ist. Obgleich hier und da durch fieses Keifen durchbrochen, die klare Frauenstimme steht umso mehr im Mittelpunkt, wenn sie im letzten Drittel nur von ein paar rudimentären Percussions begleitet wird, bevor der Song mit fast schon True-Metal-artiger Sangeskunst, rollender Double Bass und elektronischem Bombast zuende geht. Stark!
FAZIT: Experimental Dark Folk, Art Pop und vieles mehr. MYRKUR begeistert auf „Spine“ mit unnachahmlichem Gespür für mitreißende Gesangsharmonien und stellt dabei die perfekte Droge für Leute, denen vieles an folkiger Pop-Musik zu kommerziell und zu berechenbar ist, um sie wirklich zu mögen.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Bålfærd (2:37)
- Like Humans (4:46)
- Mothlike (4:10)
- My Blood Is Gold (3:42)
- Spine (4:03)
- Valkyriernes Sang (3:55)
- Blazing Sky (3:26)
- Devil in the Detail (4:22)
- Menneskebarn (2:39)
- Bass - Amalie Bruun
- Gesang - Amalie Bruun
- Gitarre - Amalie Bruun
- Keys - Amalie Bruun
- Schlagzeug - Amalie Bruun
- Myrkur (EP) (2014)
- Mareridt (2017) - 12/15 Punkten
- Folkesange (2020) - 13/15 Punkten
- Spine (2023) - 13/15 Punkten
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