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Alex Stolze: Outermost Edge (Review)
Artist: | Alex Stolze |
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Album: | Outermost Edge |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Eigenwilliger Electro-Artpop mit Geige |
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Label: | Nonostar Records | |
Spieldauer: | 42:42 | |
Erschienen: | 16.03.2018 | |
Website: | [Link] |
Im Herbst 2016 meldete sich ALEX STOLZE erstmals als Solokünstler mit der EP „Mankind Animal“ zu Wort. Auf diesem kleinen, feinen Release vermählte der aus Berlin in die ostelbische Pampa geflüchtete Geiger die Klänge seines – oft auf frische, unkonventionelle Weise gespielten – Instruments mit Electropop-Elementen. Mit „Outermost Edge“ legt Stolze nun ein komplettes Album nach, ohne dabei große Veränderungen im Sound vorzunehmen. Dafür scheint „Outermost Edge“ mehr aus einem Guss zu sein, von vorne bis hinten durchdacht – und zwar in Ruhe durchdacht.
In der Tat, Ruhe sollte man mitbringen und kann man in jedem Fall mitnehmen, wenn man sich mit Stolze an die „äußerste Kante“ begibt. Denn, auch wenn er sich an diesem Tisch bedient, mit Synthpop als kurzatmiger Augenblicksmusik hat Stolze nichts am Hut. Das äußert sich auch im angenehm unverkrampften, gegenwartsfremden bzw. -entfremdeten Konzept des Albums: Das minimalistische Cover scheint das Standorticon des Google-Kartendienstes aufzugreifen – jedoch auf den Kopf gestellt: Die Spitze des Ortsindikators zeigt nach oben, ins Ungewisse, Nicht-Örtliche, Unbestimmte; das Symbol erinnert jetzt an einen Tropfen (Regen, Tränen?) oder eine Planchette. Darüber hinaus verzichtet Stolze oftmals völlig auf Gesang, beispielsweise im Opener „Black Drop“, der tastend, streichend Ton um Ton erkundet, den Moment im Angesicht des Verrinnens auskostet, selbstvergessen ein leises, melancholisches Motiv wie ein Komboloi durch die Hand wandern lässt. Stolzes Mischung aus den klaren, reinen Tönen der gezupften und den weichen, flächigen der gestrichenen Geige ist stimmig und äußerst angenehm anzuhören.
Dies gilt im Übrigen für das Album als Ganzes: Wer gute Kopfhörer sein Eigen nennt, möge sich „Outermost Edge“ auf diese Weise zuführen! Ein wesentlicher Soundkontrast, der immer wieder zu finden ist, ist der zwischen nah und fern, körperhaft und körperlos, mittelbar und unmittelbar: Während die elektronischen Komponenten der Musik wesenhaft raumlos und dementsprechend ungreifbar sind, klingt Stolzes Gesang unglaublich real und nah – bisweilen meint man sich fast von seinem Atem am Ohr gekitzelt. Dies mag neben einem offensichtlichen Händchen für die technische Seite des Aufnehmens daran liegen, dass Stolze kaum je die Stimme erhebt, weder im Hinblick auf Lautstärke, noch auf Tonhöhe, sondern beinahe flüsternd seine unaufgeregten Gesangsmelodien vorträgt, was zu einem sehr intimen Hörerlebnis führt. Zwischen diesen beiden Polen fungiert die Geige als Grenzgänger, mal als analoges Instrument, mal, gefiltert durch diverse Effekte, als entkörperter Klang.
Einer der berührendsten und auch am nachhaltigsten in Erinnerung bleibenden Songs des Albums ist „Serve All Loss“: Hier holt sich Stolze Unterstützung von der Sängerin Ofrin, ohne dabei die erwähnte Intimität aufzugeben, im Gegenteil. In leiser, loser Zweisamkeit präsentieren die beiden einen ebensolchen Refrain, dessen emotionale Sprache sich mehr in der schwebenden Geige ausrückt, denn im Gesang. Wenn Ofrin am Ende des Songs allein zu Wort kommt, erinnert das durchaus an PORTISHEAD, wie auch Teile von „New“, dem wohl quirligsten, verspieltesten Stück des Albums, dessen lockere, fast tanzbare Hook eine nicht unwillkommene Abwechslung zur kontemplativen, introvertierten Haltung darstellt, die „Outermost Edge“ meist einnimmt, und am Ende von „Wild White Horses“ davon getragen wird.
Von den instrumentalen Stücken müssen noch das an die Soundtracks von WARREN ELLIS gemahnende, nicht nur dem Namen nach fremdländisch angehauchte „Andalusia“, sowie „Stoned Values“ genannt werden: Letzteres ergeht sich in sinistrer Atmosphäre, stellt einen verschichteten Beat zur Schau und verzichtet mitunter selbst auf die sparsamste Melodie. Nur in der Mitte des Songs reißt die Wolkendecke auf, für ein Geigenintermezzo, in dem Stolze seinem Instrument kurz die herkömmliche, bekannte Gefühligkeit zugesteht, von der er sich sonst meist fernhält.
Bevor Stolze das Album mit dem außergewöhnlich deutlich artikulierten, schweren, doch sehr stimmungsvollen, berührenden „Into The Dessert“ beschließt, muss noch kurz ein wenig Kritik angebracht werden: 1. Das Instrumentalstück „Alkorhythmus“ wirkt etwas zu zerfahren und unzwingend, um seine Länge wirklich zu rechtfertigen. 2. „The Silence in Between“ hätte ein unglaublich schöner, trauriger Song werden können, zu dem jeder RADIOHEAD-Fan ein paar freudige Tränen verdrücken könnte – hätte Stolze es bei der anfänglichen Kombination aus Klavier, Geige und Gesang belassen. An dieser Stelle wirkt der zwar weder besonders hektische, noch laute Beat einfach etwas zu lebendig. Zwar setzt Stolze den Song einfallsreich und interessant um und in Szene, eine atmosphärebewusste Reduktion, wie sie z.B. „Black Drop“ vormacht, wäre hier und an wenigen anderen Stellen wünschenswert gewesen. 3. Stolzes Gesangsarrangements wirken auf den ersten Blick oft geradezu ärgerlich unspektakulär. Während sich dieser Eindruck mit wiederholtem Hören meist verflüchtigt, ist dies bei „Way Out“ nicht der Fall. Allgemein könnte man sich wünschen, Stolze würde, ohne seinen leisen, intimen Ansatz aufzugeben, mehr in prägnante, spannende Gesangsmelodien investieren.
FAZIT: Ungeachtet dessen ist „Outermost Edge“ ein sehr gelungenes Album geworden, das nicht darauf setzt, schnell zu gefallen (und ebenso schnell wieder vergessen zu werden), sondern sich in eigenwilliger Entschleunigung übt, sich dabei aber auch jeder Instrumentalisierung als melancholischem Stay in Bed-Soundtrack verweigert. ALEX STOLZEs ungewöhnliche und bemerkenswerte Klangkunst im Spannungsfeld zwischen zurückhaltendem Gesang, vielfältig eingesetzter Geige und elektronischen Beats ist sicherlich (nicht nur ein) Hinhören wert.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Black Drop
- Serve all Loss
- Alkorhythmus
- Way Out
- Andalusia
- New
- Stoned Values
- The Silence in Between
- Wasser
- Into the Desert
- Gesang - Alex Stolze
- Sonstige - Alex Stolze
- Mankind Animal (2016) - 12/15 Punkten
- Outermost Edge (2018) - 12/15 Punkten
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