Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Poetry: World War Symphony - with Poems by John McCrae (Review)

Artist:

Poetry

Poetry: World War Symphony - with Poems by John McCrae
Album:

World War Symphony - with Poems by John McCrae

Medium: EP-CD
Stil:

Lyrischer Symphonic-Rock

Label: bluebirdrecords
Spieldauer: 31:23
Erschienen: 14.10.2016
Website: [Link]

Was gut und mit hohem Anspruch – musikalisch wie textlich und gestalterisch – beginnt, muss doch unbedingt eine Fortsetzung erhalten, egal wie die Öffentlichkeit der deutschen Fast-Food-Medienlandschaft darauf auch reagieren mag. Anspruch ist eben nicht in erster Linie gefragt, sondern eine radikale Vermarktung. Trotzdem sind Idealismus und großartige Ideen noch immer angesagt, selbst wenn es dafür größtenteils nur kleine Nischen im (ehemaligen) Land der Dichter und Denker gibt!

Mit ähnlichen Gedanken müssen sich auch ROB NOTES und THILO ILLGNER getragen haben, als sie ihr Lyrik-Musik-Projekt POETRY fortsetzten, in dem sie nach der ersten EP „Lord Byron Goes Acoustic“ ihre musikalische Poesie-Reise durch die von ihnen vertonten Gedichte eines Lord Byron, einem britischen Schriftsteller, der im Jahr 1788 geborenen und nur 36 Jahre alt gewordenen war, fortsetzten.
Diesmal fiel POETRYs Wahl beim Lyriker und dessen Gedichten auf John McCrae sowie eins der schwersten und schrecklichsten Themen der Menschheitsgeschichte: den Krieg!

Ein Blick auf das Cover des 14seitigen, sehr anspruchsvoll im „I. Weltkrieg“-Stil gestalteten Booklets von „World War Symphony“ lässt uns sofort über den blutroten Punkt darauf, der sich bei genauerem Hinschauen als Mohnblüte erweist, nachdenken. Hier stellen POETRY bereits den ersten Bezug zu John McCrae und dessen bekanntesten, auch auf dem Album enthaltenen Gedicht „In Flanders Fields“ her.
McCrae, dessen Porträt das Cover ebenfalls ziert, war ein kanadischer Arzt und Dichter, der sich freiwillig zum I. Weltkrieg gemeldet und an der Ersten Flandernschlacht teilgenommen hatte. Als Sanitätsoffizier diente er im medizinischen Korps der kanadischen Streitkräfte, obwohl er selbst unter starken gesundheitlichen Problemen litt, die ihm noch vor Kriegsende das Leben kosteten. Eine Lungenentzündung brachte das zu Ende, was die Waffen nicht vermocht hatten. Anders erging es dagegen einem guten Freund von ihm, der am 2. Mai 1915 bei der Zweiten Flandernschlacht in der Nähe von Ypern bei einem Granaten-Angriff umkam. Ein Tag später, am 3. Mai 2015, verfasst McCrae in Gedenken an und Trauer um ihn das Gedicht „In Flandern Fields“, in dem er den rot blühenden Klatschmohn auf diesen Feldern mit dem vergossenen Blut der Gefallenen vergleicht:

„…
We are the dead. Short days ago
We lived, felt dawn, saw sunset glow,
Loved, and were loved, and now we lie
In Flanders fields.
...“

Dieses Gedicht gilt in den englischsprachigen Nationen als eins der populärsten Gedichte über den I. Weltkrieg und der rote Klatschmohn wurde so zum Symbol für die Toten des I. Weltkriegs.
Damit wäre zugleich das Geheimnis um die blutrote Blüte auf dem Cover geklärt, die viel mehr Hoffnung weckt als all die bedrückenden Kreuze, die man später auf Soldatenfriedhöfen für die bekannten und unbekannten Toten in den Boden schlug.

POETRY sind die erste und bisher einzige Band, die diesem bei uns recht unbekannten kanadischen Nationaldichter ein musikalisches Vermächtnis setzen, indem sie „In Flandern Fields“ und weitere Gedichte von John McCrae mit einem symphonischen Werk vertonen, aus dem all die Trauer, aber auch Hoffnung erklingt, die sich hinter seinen Zeilen verbirgt.

Überraschend, aber der Thematik vollständig entsprechend, beginnt das Album mit einer sehr unerwarteten „Overture“, denn wir hören darin die Original-Kriegserklärung vom 6. August 1914 von Kaiser Wilhelm II. „An das deutsche Volk“ - übrigens die einzige Tonaufnahme eines Herrschers aus dieser Zeit – die erst in rockiger Musik kurz untergeht, sich dann wieder durchsetzt:
„Wir werden uns wehren bis zum letzten Hauch von Mann und Ross. Und wir werden diesen Kampf bestehen, auch gegen eine Welt von Feinden. Noch nie ward Deutschland überwunden, wenn es einig war. Vorwärts mit Gott, der mit uns sein wird, wie er mit den Vätern war!“,
und mit Marschritten und Kriegsgeräuschen endet, um dann umgehend mit besagtem „In Flanders Fields“ mit traurigem Gesang und ruhiger, genauso trauriger Musik der Toten zu gedenken.

Rob Notes, der Gitarre, Bass und Geige spielt sowie den Gedichten seine sanfte Sing-Stimme verleiht, stellt zu POETRY und „World War Symphonie“ fest, dass „die Verbindung altgenössischer Texte mit moderner Alternative-Pop-Musik zwar nicht neu, aber in dieser Form bisher nie dagewesen ist und akustische Arrangements in Kombination mit digitalen Sound-Elementen eine musikalische Mischung der besonderen Art ergeben.“
Multiinstrumentalist Thilo Illgner, der die „World War Symphony“ im Alleingang komponiert hat, und Gitarre, Keyboards, Synthies, Schlagzeug spielt sowie die Programmierung der Orchester-Sounds übernahm, ergänzt diesbezüglich: „Ich wollte hier ein abgeschlossenes Werk schaffen, das der Bedeutung dieser Gedichte gerecht wird.“

„World War Symphony“ jedenfalls beweist, wie gut ihm das gelungen ist!

FAZIT: POETRY, das sind die beiden Musiker Thilo Illgner und Rob Notes, welche von Dichtern aus der Vergangenheit die Original-Gedichte vertonen und in ein modernes, aber der lyrischen Stimmung absolut angepasstes, Musik-Gewand kleiden. Mit der bewegenden „World War Symphony“ greifen sie diesmal die poetischen Kunstwerke von John McCrae auf, der in sehr bildhafter Sprache die Schrecken während des I. Weltkriegs thematisierte. Genauso bildhaft ist auch die symphonische Indie-Alternative-Rock-Musik von POETRY dazu geworden.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3734x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Overture
  • In Flanders Fields
  • Penance
  • The Dead Master
  • The Anxious Dead
  • The Shadow Of The Cross
  • Quebec
  • The Night Cometh
  • Underture

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Schreibe das folgende Wort rückwärts: Regal

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!