Partner
Services
Statistiken
Wir
Accept - Stalingrad - Massen-Review
Das zwölfte ACCEPT-Album "Blood Of The Nations" war ein Riesenerfolg: es wurde über 100.000 mal verkauft, erreichte Platz 4 in den deutschen Albumcharts und das Video zu "Teutonic Terror" belegte Platz 1 der weltweiten MySpace Videocharts. Außerdem war es über 50 (!) mal Gewinner in der Rubrik "Album des Jahres". Nun steht mit "Stalingrad" der Nachfolger in den Läden und man darf gespannt sein, ob es der deutschen Metal-Institution gelingen wird, damit an diese Erfolge anknüpfen zu können.
Review von: Andreas Schiffmann (Profil)
"Stalingrad" ist kein Über-Album … genauso wenig wie 99 Prozent aller anderen, die als solche gefeiert werden – und dennoch waren ACCEPT vermutlich nie eine bessere und weniger angreifbare Band als heute, zumindest wenn man nicht seit Jahrzehnten die Fan-Brille trägt, ob mit oder ohne Tarnmuster.
Erstens liegt dies daran, dass Tornillo Udo gegen die Wand singt – seine Spitzen Schreie klingen kraftvoll, nicht nach abgestochenem Schwein – und vermutlich als Bullshit-Detektor fungiert, sollten sich allzu teutonische Plumpheiten im textlichen Überbau einschleichen. Ferner schlägt natürlich die Musik selbst zu Buche, gleichwohl ACCEPT auf Nummer sicher gehen. "Hung, Drawn And Quartered" ist eine Wucht, aber nicht unbeweglich: der altbekannte Don-Kosaken-Chor nebst quirligen Riffs, ein nicht nur im Hintergrund wummernder Bass und Solos zum Schnalzen mit der Zunge. Das Titelstück mag als Kampfansage durchgehen, um den anhaltenden Erfolg des Ex-Sängers in Russland zu unterwandern, und wirkt – so programmatisch es stampft – kein bisschen lächerlich teutonisch. Hoffmann und Frank bleiben herzliche Holzhammer-Musiker mit dem Quäntchen Klasse, das den meisten deutschen Reinheits-Metallern zur internationalen Anerkennung fehlte beziehungsweise fehlt. Wie die beiden die Melodie der Hymne der Sowjetunion herausarbeiten und als Motiv verwenden (hat etwas von "Pomp And Circumstance" von "Death Row"), zeugt genauso von zeitunabhängiger musikalischer Intelligenz wie der stimmungsvolle Pre-Chorus. So klingt eine tief in den Achtzigern verwurzelte Band überzeugend modern, und der nur teilweise mit Recht kritisierte Andy Sneap hat als Produzent alles richtig gemacht.
Das versonnene "Shadow Soldiers" bedient sich einer vergleichbaren Rezeptur, und auch "Flash To Bang Time" überzeugt, allerdings vordergründig als Tempomacher mit treffsicherem, mitnichten plumpem Refrain sowie erneut Gitarren bis zum Abwinken. In "Revolution" wurden Riffs wie Melodien gleichfalls smart ausgearbeitet, und bei aller Zugänglichkeit tönen ACCEPT hier frisch nach sich selbst, also nicht wie unbelehrbare, nostalgische Biedermänner.
Warum nun ist "Stalingrad" kein fabelhaftes Album? Zunächst fehlt heuer der Überraschungseffekt, der Tornillos Einstand markierte beziehungsweise Euphorie schürte, und "Hellfire", "Against The World" sowie "Twist Of Fate" (einfallsloses Schnell-weg-hier-Fade-out am Ende) sind Allerwelts-Banger, die beinahe von jeder stilistisch ähnlichen Band stammen könnten, wenngleich der Backkatalog von ACCEPT – sind wir ehrlich – eine Unzahl solcher Tracks bietet. Die Hooks von "The Quick And The Dead" lassen sich abseits von Bridge und Solo allzu leicht vorhersehen, und "The Galley"wirkt eingedenk des schwachen Textes trotz seines swingenden bis stampfenden Rhythmus wie ein unnötigerweise gestreckter Kriecher.
Möchte man von einem Neuanfang sprechen, so ist "Stalingrad" schlicht das bemühte zweite Album einer in diesem Fall wieder oder immer noch hungrigen Band. Zur Konsolidierung mag das dritte führen, obschon Fans und bauchpinselnde Presse ACCEPT zweifellos bereits jetzt rehabilitiert haben.
FAZIT: Der Szene kommt "Stalingrad" als zeitgenössisch inszenierte Retrospektive gelegen, wobei man sich nicht wenig schon Gehörtes schön hören muss beziehungsweise will – denn links und rechts neben den Scheuklappen ist die Metal-Welt nach wie vor eine feindliche, von wegen Djent oder Core und so … Nein, ACCEPT zehren im Guten wie Schlechten von ihrer Abgeklärtheit und haben weiterhin ihre Berechtigung, auch wenn sie keine Heilsbringer sind, wie die Meinungsmacher kolportieren.
8 von 15 Punkten
Review von: Andreas Schulz (Profil)
Aus Erfahrung gut. So wie ein VW Golf. So sind ACCEPT. Der Vergleich ist gar nicht mal so unpassend, denn die klassischen Attribute, die auf das meistverkaufte Auto in Deutschland zutreffen, dürften auch für die Teutonen-Metal-Band schlechthin und ihre neues, 13. Album "Stalingrad" gelten. Ein Golf ist nicht außergewöhnlich, nicht aufregend, nicht innovativ. Ein Golf ist grundsolide, vorhersehbar, vertraut. So wie ACCEPT.
Wenn es um Autos geht, sind anderen Firmen als VW für die Überraschungen zuständig. Wenn es um Metal geht, sind auch ACCEPT garantiert nicht für Überraschungen gut - wobei die Qualitäten von nicht-mehr-ganz-neu-Sänger Mark Tornillo so manch einen Zweifler erst überrascht, dann überzeugt haben. Auch auf "Stalingrad" liefert Mark wieder eine Leistung ab, die keine Wünsche offen lässt. Sein vergleichsweise variabler Gesang sorgt für vollendet veredelten Spitzenmetal und krönt die guten bis sehr guten Kompositionen. Deutlich hörbare Freude am Spielen haben auch seine Mitstreiter, allen voran die beiden Gitarristen Wolf Hoffmann und Herman Frank, die mit edlen Soli glänzen. Und selbst Basser Peter Baltes darf sich kräftig austoben, vor allem in "The Quick And The Dead" mitsamt Soloeinlage.
Im direkten Vergleich mit dem Vorgänger "Blood Of The Nations" ist das Songmaterial zwar durchweg mindestens gut, aber nicht immer überragend. Ein paar der Nummern sind nichts weiter als gute ACCEPT-Songs, haben aber kein Klassikerpotenzial. Persönliche Highlights sind der Titeltrack mit seiner schwermütigen, zum Inhalt passenden russischen Note in den Melodie und dem "For Whom The Bell Tolls"-ähnlichen Riff, das unauffällig startende, aber dann im Refrain mächtig auftrumpfende "Against The World" sowie das bandtypisch etwas ruhigere "Shadow Soldiers". Das eröffnende "Hung, Drawn And Quartered" ist eine starke, peitschende Uptemponummer und auch der zügige Hardrocker "Revolution" macht mächtig Laune, hier überzeugt Tornillo mit am Stärksten. "Stalingrad" wurde erneut mit Andy Sneap aufgenommen und hat folglich einen druckvollen, fetten Sound. Sollte Herr Kasparek mit dem Gedanken schwanger gehen, dem "Shadowmaker" irgendwann ein weiteres RUNNING-WILD-Album folgen zu lassen, sollte er sich an der Produktion von "Stalingrad" ein Beispiel nehmen.
FAZIT: ACCEPT bleibt ACCEPT. Da weiß man was man hat.
11 von 15 Punkten
Review von: Chris P. (Profil)
ACCEPT.
Eine Institution des Metal, die auch international ganze Generationen prägte.
Eine Band, die auch vom Kommerz-Kuchen naschen wollte, aber recht bald wieder zu sich selbst fand.
Eine Kapelle, die durch so einige Line-Up-Wechsel musste.
Eine Truppe, die wohl einen der polarisierendsten Sänger in ihren Reihen hatte (gut, dass er wieder weg ist).
Ein Gespann, das sich schon mehrmals in der 41-jährigen Karriere auflöste und doch immer wieder zusammengerafft hat.
Eine Formation, die legendäre Hits wie "Balls To The Wall", "Fast As A Shark", "Metal Heart" schrieb.
Eine Band, die "damals" relevant war. Mehr als das.
Eine Kapelle, die heute allerdings, obwohl es uns Hochglanzmagazine seit mehr als zwanzig Jahren anders suggerieren wollen, lange nicht mehr die prägende Rolle innehat, die man ihnen andichtet.
Eine Truppe, die im Grunde seit den Neunzigern einfach "nur noch da ist" und relativ egale Alben, randvoll mit verklärter Nostalgie, auf den Markt gebracht hat.
Ein Gespann, das seine eingeschworene Fangemeinde mit genau dem bedient, was sie verlangt.
Eine Formation, die mit Mark Tornillo immerhin wieder einen erträglichen Sänger am Mikro stehen hat.
"Stalingrad".
Ein Album, das nichts Neues bietet.
Ein Werk, das auf Nummer Sicher die bandeigenen Standards herunternudelt.
Ein Tonträger, der vorhersehbare Schema-F-Songs inklusive Hoffmann/Frank-Lehrbuch-Soli präsentiert.
Eine Langrille, die vor Klischees (Opener) und Pathos ("Shadow Soldiers") nur so trieft.
Ein Longplayer, der von vorne bis hinten anhand seiner Konstruiertheit und Verkrampftheit eher anstrengt anstatt die Nackenmuskeln zu stimulieren.
Ein Vertragsalbum.
Nichts gegen waschechten Heavy Metal, solange er frisch, unverkrampft und mitreißend dargeboten wird, doch "Stalingrad" lässt diese Faktoren zumindest aus der Sicht des Verfassers dieser Zeilen gänzlich missen. Ja, die Technik ist astrein, die Produktion schön organisch, die Songs sind alles andere als übel. Nein, perfekte Technik, gute Produktion und an sich brauchbare Songs ergeben noch lange kein großartiges Album. Und jetzt dürfen sich die empörten Die-Hard-Fans in Rage reden, sich in den Schlaf weinen und mich beleidigen. Steinigen. Zu Tode hassen. Mir Inkompetenz unterstellen. Nur zu. Ich trinke derweil 'nen Kaffee, denn der ist nach dem mehrmaligen "Genuss" dieser Scheibe bitter nötig.
6 von 15 Punkten
Review von: Lutz Koroleski (Oger) (Profil)
"Breaker" war vor vielen Jahren das allererste Metal-Album, welches mich wirklich begeisterte. Auch wenn im Lauf der Zeit manches Album unter dem ACCEPT-Banner veröffentlicht wurde, das weitaus weniger relevant war, habe ich den Werdegang der Band immer verfolgt. Auch als vor zwei Jahren das vielgefeierte "Blood Of The Nations"-Album erschien, hörte ich interessiert hin, konnte die allgemeine Begeisterung aber nicht nachvollziehen. Dabei gab es, vom ärgerlich-dämlichen Text des Titelsongs einmal abgesehen, durchaus einige positive Aspekte zu verzeichnen. Mark Tornillo war zumindest gesangstechnisch der bessere Udo, die hoffmanschen Gitarren-Kunst nach wie vor ein Genuss und die Sneap-Produktion passte. Doch leider stimmte die Basis nicht, ein wesentlicher Teil des Songmaterials entpuppte sich als bestenfalls durchschnittlich. Ein Problem, an dem auch schon Alben wie "Death Row" oder "Predator" krankten.
Im Prinzip gilt das Gesagte auch für "Stalingrad", außer dass sich trotz des gewagten Albumtitels keine lyrischen Entgleisungen finden. Gut, dass einem Texter zu einer der schlimmsten Katastrophen in der deutschen Geschichte nicht mehr einfällt als "…so cold, so hungry…" (Bridge des Titelsongs), spricht nicht unbedingt für eine tiefschürfende Beschäftigung mit der Thematik, aber das ist vermutlich auch nicht die Intention gewesen. Zumal der Song noch zu den musikalischen Highlights des Albums zählt. Daneben wissen auch das kernige "Hung Drawn And Quatered" und das äußerst eingängige "Shadow Soldiers" zu gefallen, der Rest bewegt sich aber erneut nur im Mittelmaß.
Dabei sind eigentlich sämtliche prägenden Elemente vertreten, die den ACCEPT-Sound seit jeher definieren: Vom Uptempo-Banger ("Flash To Bang Time"), schleppendend Düsterem ("The Galley"), Mitsing-Kompatiblem ("Against The World"), Don-Kosaken-Chören ("Revolution") und reichlich tollen Soli ist alles am Start, aber es will sich einfach keine rechte Begeisterung einstellen. Ein Song wie "Helfire" ist zum Beispiel vom mauen Standard-Riff bis zum vorhersehbaren und einfallslosen Refrain vertonte Durchschnittlichkeit, trotz gutem Gesang und druckvollem Sound. Auch bei "Revolution" ist der Chorus schon nach fünf Sekunden vorauzusahnen und "Twist Of Fate" geht ebenfalls als völliger Nummer-Sicher-Kandidat durchs Ziel.
Natürlich kann man das Album völlig stressfrei nebenbei hören und wirklich schlecht ist das alles natürlich nicht, aber gemessen an den Vorschusslorbeeren und im Vergleich zu den früheren Glanztaten der Band, bleibt der fade Nachgeschmack von kalkulierter Kundenorientierung.
FAZIT: Wer "Blood Of The Nations" mochte, wird auch von "Stalingrad" nicht enttäuscht sein. Wer wirklich gute ACCEPT-Songs hören möchte, sucht mal wieder "Breaker", "Restless And Wild" oder "Balls To The Wall" aus dem Regal. Knappe...
8 von 15 Punkten
Review von: Lothar Hausfeld (Profil)
"Stalingrad" ist der Stahl gewordene Gegenentwurf zu RUNNING WILDs "Shadowmaker". Während Rolf Kasparek sich nicht im geringsten um die Erwartungshaltung der Fans kümmert, sondern stur "sein Ding" durchzieht, liefern ACCEPT mit ihrem 13. Studioalbum zu 100 Prozent das ab, was man von ihnen erwartet: Heavy Metal urdeutscher Prägung.
Klar, "Stalingrad" ist eine einzige Kesselschlacht gegen Progressivität, gegen musikalische Weiterentwicklung, gegen Experimente - und letztlich auch gegen künstlerischen Mut. Denn die zehn Tracks, die die Band um Gitarrist Wolf Hoffmann erneut mit Andy Sneap aufgenommen hat, decken ohne jegliche Einschränkung oder Ausnahme genau das ab, wofür ACCEPT in den erfolgreichen 80er Jahren standen: Rifffeuerwerke, Kosakenchöre, klassisch angehauchte Gitarrensoli, Reibeisenstimme, dargeboten in Geschwindigkeiten zwischen stampfend und rasend schnell.
Oder, abgekürzt gesagt: "Stalingrad" ist purer Heavy Metal - und nichts anderes. Dargeboten von einer Band, der man einfach abnimmt, dass sie das, was sie macht, nicht aus Berechnung macht. Die trotz ihres mittlerweile reifen Alters immer noch sprüht vor Spielfreude, die im Bereich der Gitarrenarbeit Maßstäbe für 99 Prozent aller anderen traditionellen Metal-Bands setzt. Die - ganz wichtig! - vergessen macht, dass ihr einstiges Aushängeschild Udo Dirkschneider nicht mehr an Bord ist, sondern mit Mark Tornillo einen Sänger besitzt, der objektiv betrachtet einen noch besseren Job macht als sein Vorgänger. Und die trotz aller Traditionalität nicht altbacken und angestaubt klingt, sondern zeitgemäß und frisch.
Man muss sich nur damit arrangieren, dass die Band eben schnurgerade ihren Weg geht, keinerlei Innovationen zulässt. Dann hat man seinen Spaß mit "Stalingrad". Höhepunkte wie der schnelle Opener "Hung, Drawn And Quartered", der hymnische Titeltrack - das wohl beste Stück des Albums -, der abwechslungsreiche Rocker "Hellfire" (allerdings mit einfallslosem Refrain), das rasante "Flash To Bang Time", das so unfassbar nach 80er-Jahre-Stadionhymne klingende "Shadow Soldiers", das Riffs ohne Ende bietende "Against The World", das atmosphärisch dichte "Twist Of Fate" oder das abschließende "The Galley" - hoppla, das sind ja fast alle zehn Tracks! - wecken die Lust darauf, gleich noch einmal von vorne zu beginnen.
FAZIT: Heavy Metal muss nicht immer anspruchsvoll sein. Das, was ACCEPT hier bieten, entspricht einfach nur dem, was der Fan erwartet. Und unter dem Strich ist ein Album wie "Stalingrad" für einen Heavy-Metal-Fan tausendmal essenzieller als das Werk eines nach künstlerischer Freiheit Dürstenden wie "Shadowmaker".
11 von 15 Punkten
Durchschnittspunktzahl: 8,8 von 15 Punkten