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Isidor: Ausgabe 7 (Review)

Artist:

Isidor

Isidor: Ausgabe 7
Album:

Ausgabe 7

Medium: Fanzine
Stil:

Ambient bis Krach

Label: Eigenveröffentlichung
Spieldauer: 100 Seiten
Erschienen: 01.02.2024
Website: [Link]

Auf den Hund bzw. die Hunde Pete und Paul als Cover-Models gekommen ist Bernd Spring vom ISIDOR-Fanzine bereits vor geraumer Weile, wie er im Interview mit dem (ebenfalls hier vorgestellten) Krachmanifest Zine erläuterte, und derweil sind die beiden treu aus der Wäsche schauenden Vierbeiner kaum noch vom Titelblatt der Postille für "Musik, Kultur, Sport, Alltag und andere Grausamkeiten" wegzudenken, in welchem sich "intrinsisch motivierte Texte zur fokussierten Aggressionsreduktion" finden. Die siebte Ausgabe bringt es auf stattliche 100 Seiten im punkigen Design und überrascht mit ziemlich professionellem Druck, wobei der DIY-Charakter dadurch keineswegs in Mitleidenschaft gezogen wird.

Schon beim ersten Durchblättern wird deutlich, dass es im ISIDOR eigenwillig zugeht: Nach einem knorrigen Vorwort gibt es zum Beispiel eine Seite mit einer "Best of Spam Mail", es folgt eine Seite in Comic-Form über die spielerische Kommunikation von leeren Korn- und Wodka-Fläschlein, daran schließt sich eine ausführliche Rezension des Films "La Flor" an, und erst dann finden wir einen Artikel über Musik, genauer gesagt einen Plausch mit Malo von Malo Moray & his inflatable knee (Bandnamen gibt es…!) über das "Vertrauen in die Langsamkeit" und die Entwicklung von Musik. Dabei kommt Erstaunliches zur Sprache, denn Malo merkt an: "Ich glaube nicht daran, dass ich als Mensch Musik im eigentlichen Sinne mache. Musik ist sowieso da, sie lebt und atmet immer. Aber als Musiker habe ich die Möglichkeit, mich mit dieser immerwährenden Musik zu verbinden und ihr einen konkreten Ausdruck in einem spezifischen Moment in Raum und Zeit zu geben." – Vor rund 30 Jahren wurden Interviews solcher Couleur im großartigen Revelations-Fanzine veröffentlicht.

Metal-Fans dürfte vor allem das sehr ausführliche Interview von Gast(?)schreiber Mathias Hamich mit Jeff Becerra und Robert Cardenas von Possessed interessieren. Jeff berichtet u.a. von dem Überfall, den er schwer verletzt und querschnittsgelähmt überlebte, nach dem er die ersten sechs Monate im Krankenhaus verbrachte und schließlich von Depressionen heimgesucht wurde. Ein Interview, das also hier und da unter die Haut geht und mal wieder vor Augen führt, welchen Wert knallharte Musik haben kann; gerade auch, wenn das eigene Leben quasi am seidenen Faden hängt.

Lesenswert ist auch der Gedankenaustausch mit Andreas von Xotox und Natura Est, mit dem Bernd im Gespräch auf einen musikalischen Werdegang zurückblickt, bei dem bis heute eine gewissen Portion Naivität eine entscheidende Rolle spielt, um sich kreative Freiheit zu bewahren.

Bei der Fragerunde mit Katja und Rayk vom Krachmanifest treffen – um im Jargon der Fanzine-Macher zu bleiben – positiv Bekloppte aufeinander, und wer von den dreien eine Lanze für Abba bricht, könnt Ihr bei Interesse ja selbst nachlesen.
Die Herstellung von Vinyl-Kleinstauflagen und einiges mehr diskutiert Bernd mit Martin vom Ameise-Presswerk in Hamburg, bei welchem Bernd auch die 7" seines eigenen Projekts ISIDOR SR hat herstellen lassen. In diesem Artikel wird eine ganze Seite mit dem Interview-Zitat wie "die alten nazis sind jetzt popper. file under wikinger scheiße." im wahrsten Sinne des Wortes plakatiert.
Fanzine-, Alben- und Konzertreviews sind mit Begeisterung und Verve geschrieben, zuweilen allerdings auch an der Schwelle zum Kryptischen verfasst – zumindest für jene bislang nicht erleuchteten Menschlein, die mit den jeweiligen Bands, Künstlern oder Publikationen bislang nicht vertraut sind. Doch auch das kann ja die Entdeckerfreude anregen…
Solche eine thematisch kunterbunte, textlich umfangreiche und optisch sehr eigenwillige, doch zweifelsohne mit Liebe zum Detail gestaltete Publikation im Drei-Monats-Rhythmus zu verwirklichen, widerspricht den gängigen Fanzine-Veröffentlichungszyklen ("die nächste Ausgabe erscheint, wenn sie fertig ist") und nötigt wohl nicht nur mir Respekt ab, zumal der Preis von 2,90 € (ohne Versand) lächerlich niedrig ist. Derweil ist bereits Nummer 8 für Mai 2024 angekündigt – Pete und Paul laufen sich wahrscheinlich bereits für das nächste Shooting warm…

FAZIT: Mit großer Begeisterung für allerhand Musik abseits des Massenstroms sowie sozialkritischem Fokus möchte das ISIDOR-Fanzine trotz herzerweichend schauender Cover-Stars nicht jedem gefallen, sondern anecken und um eigene Räume zur kreativen Entfaltung kämpfen. Gleichwohl dürfen sich Menschen mit verschiedener musikalischer Sozialisation als potentielle Leserschaft angesprochen fühlen, Neugier und Toleranz gegenüber punkiger Radikalität vorausgesetzt. Die Vermutung, dass die weit überwiegende Anzahl eingefleischter Underground-Musik-Freaks im ISIDOR viel Neues aus ganz unterschiedlichen musikalischen Nischen entdecken kann, liegt auf der Hand.

Thor Joakimsson (Info) (Review 584x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • Interviews u.a. mit:
  • Malo Moray
  • Xotox
  • Ameise Presswerk
  • Possessed
  • Krachmanifest 'zine
  • Kuruizaki

Besetzung:

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Interviews:
  • keine Interviews
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