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Daniel Pain: Ebenen (Review)
Artist: | Daniel Pain |
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Album: | Ebenen |
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Medium: | CD/LP | |
Stil: | Indie, Pop, Folk, Singer/Songwriter (Liedermacher klingt irgendwie doof bei diesem Album) |
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Label: | Eigenproduktion | |
Spieldauer: | 37:42 | |
Erschienen: | 01.09.2023 | |
Website: | [Link] |
Was auf den ersten Blick wie der 'menschliche Motor', also unser Herz, erscheint, ist auf den zweiten, deutlich intensiveren Blick ein wunderschönes Kunstwerk aus purer Natur. Herz und Natur vereint. Welche Symbolkraft. Genau die gleiche Symbolkraft, die uns auf dem neuen Album von DANIEL PAIN – sein erstes in deutscher Sprache – erwartet. Nur mal so nebenbei hören ist nicht – das wäre echter Frevel. Denn die „Ebenen“, die wir gemeinsam mit DANIEL PAIN betreten und die er in einer bunten Mischung aus Indie, Folk, Pop und Deutsch-Rock, aber auch Funk und Soul bis hin zu zartem Bar-Jazz samt Trompete (in „U S W“ - steht übrigens für 'United States of the World') besingt und in Texte kleidet, die einem genauso nahe gehen wie das wunderschöne Cover-Kunstwerk und die Bilder auf der LP-Innenhülle sowie dem vierseitigen LP-Einleger (samt aller Texte), haben unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit verdient – darum lacht uns wohl auch gleich von der Innenhülle neben einer gezeichneten Hornisse die Aufforderung: „Atme den Duft der Freiheit ein!“, an.
Allein die Gestaltung des Albums ist bestechend, genauso bestechend wie das Buch-Musik-Projekt, in das sich Pain vor fünf Jahren gemeinsam mit dem Kunstmaler Paul Katoe stürzte, als er gemeinsam mit ihm die Kombination aus einem 'Bilderbuch' vereint mit einer CD unter dem Titel „Walgesang“ herausbrachte und damals mit seiner Musik deutliche Erinnerungen an die EELS weckte.
Ein großartige Kombination, die wir auch diesmal auf „Ebenen“ erleben, denn die Gestaltung der LP liegt wiederum voll und ganz in Katoes Hand.
Wir als Hörer müssen jedenfalls die Ebenen in unserem Kopf durchrütteln und (neu) ausrichten, um die Hintergründigkeit seiner bildhaft-doppeldeutigen Texte zu (be)greifen – genauso wie die beiden unterschiedlich betitelten LP-Seiten: (fliegen) und (bleiben) – jede Vinyl-Seite hat ihren eigenen Titel. Der eine bodenständig, der andere abgehoben. Einer konkret, der Andere von größerer Symbolkraft, in dem der „Duft der Freiheit“ geschnuppert wird, aber auch die Unterwürfigkeit der „Lemminge“ auf einen wartet.
Oder „Guter Schlaf ist teuer“ täuscht uns vorerst massiv – denn jeder von uns sollte wissen, wie wichtig für unser Wohlbefinden eben Schlaf ist. Doch Pain macht in diesem Sinne seinem Namen alle Ehre und greift massiv mit diesem Song die Pharma-Industrie an, indem er 'teuer' als 'viel Geld kostend' auslegt und damit wortwörtlich das Pharmazie-Millionengeschäft rund um das Melatonin (ein Schlafmittel) anprangert.
Pain versuchte zudem in seiner regelrechten Gier nach Natur, Natürlichkeit und Naturverbundenheit sich außerdem schon als Imker. Er weiß also, wovon er singt, wenn plötzlich die Hornissen den Bienen den Krieg erklären – so als wäre die große russische Hornisse über die kleine ukrainische Honig-Biene hergefallen. So kann man den Text deuten. Muss es aber nicht. Pain räumt uns die Freiheit ein, seine Songs so zu verstehen, wie wir sie aus unseren Erfahrungen nur zu gerne deuten wollen, während wir dabei unsere Freiheit atmen.
Dagegen erwartet einen Sprechgesang bei „Andere Seite“ - das wohl nachdenklichste Stück über den Tod und den Schwebezustand, bis man die 'Andere Seite' betritt, nachdem man die 'Andere (Straßen-)Seite' nicht erreicht und von einem Auto überfahren wurde. So viel poetische und hintergründig-doppeldeutige Sprachkraft strahlen nur selten Texte aus.
Woran erinnert einen das Stück nur?
Es dauert ein wenig, bis einen die Erkenntnis wie ein Hammerschlag trifft: Aber klar doch – an KETTCAR und ihr grandioses „Sommer '89“, ein Song, in dem die Geschichte von einem Fluchthelfer, der in Ungarn die Grenzzäune für die DDR-Flüchtlinge aufschneidet, erzählt wird. Oh ja, genau hier ging es schließlich auch um eine 'Andere Seite', allerdings eine völlig andere.
Wenn nach „Andere Seite“ die LP-A-Seite endet und auch noch die Klavier-Ballade „Duft der Freiheit“ die LP-B-Seite eröffnet, glitzern durchaus ein paar Tränchen in unseren Augenwinkeln: „Hoffnung flutet dich / bricht durch / wie eine Blume im Asphalt“. Mit diesen 'Blumen im Asphalt', die damals ausschließlich Rosen waren, hat uns doch schon anno 1984 – als die verhasste Mauer noch stand – ein WOLF MAAHN beglückt. Ein großartiger Titel damals – genauso großartig wie Pains „Blumen im Asphalt“, welche uns den Duft der Freiheit atmen lassen.
Pain geht in seiner festen Bindung zur Natur sogar leidenschaftlich so weit, dass er nicht nur seine Liebe dazu in „Hornissen“ besingt, sondern auch (s)einen „Cadillac“ zum Blumentopf umfunktioniert. Nun wissen wir, dass ohne jegliche spitzbübische Doppeldeutigkeit seitens des Kritikers DANIEL PAIN ein singender Weltverbesserer ist, dem einfach viel zu wenige zuhören, weil sie sich beispielsweise längst in ihre gesellschaftliche Rolle als „Lemminge“ gefügt haben und darin gefangen sind: „Wir rennen und rennen und sind ganz gespannt / was kommt denn da hinterm Klippenrand“. Und damit auch jedes einzelne Wort verstanden und kapiert wird, kommt dieses Lied als gedoppelter Solo-Gesang im Stile eines GEORG DANZER oder LUDWIG HIRSCH daher. Ja, ein Lemming versteht eben nur eine einseitige Struktur. Doch trotzdem setzt dann eine akustische Gitarre ein, nur dass ab hier kein Text mehr, sondern nur ein Bum-Bum-Tscha-Ka gesungen wird.
Auf „Ebenen“ betreten wir mit DANIEL PAIN tatsächlich echtes „Neuland“, weswegen die LP wohl auch mit „Neuland II“ – einem leicht krautrockig-verspielten Song – mit der Aufforderung, gemeinsam mit ihm dieses Neuland zu erobern, endet: „Es ist wunderschön / Ein zartes Grün das uns dort blüht...“
„Moll oder Dur“!?!?
Das ist der rote Faden, der sich durch Pains Album zieht, an dem der ihn begleitende, ebenfalls hochbegabte Musiker DANIJEL ZAMBO einen wesentlichen Anteil hat, da er am Mischen, der Produktion und den Aufnahmen gleichberechtigt mitwirkt und man seine Aura, vorausgesetzt man kennt dessen ebenfalls sehr gelungene Veröffentlichungen, hinter „Ebenen“ spürt.
Hier sind zwei Freunde am Werk gewesen – und zugleich musikalische Brüder im Geiste in puncto Musik und Gestaltung sowie Konzept. Darum erfahren wir auf dem das Album eröffnenden Titelstück, dass „Leben heißt: auf große Tour / ob Moll oder Dur / ziellos tanzen gehen...“, um im abschießenden „Neuland II“ die Ebenen mit der Erkenntnis „Moll oder Dur / 2te Natur / willst du dahin / das macht Sinn…“ zu beenden.
Besser kann man es nicht ausdrücken – oder um es in DANIEL PAINs eigenen Worten zu sagen, die er an uns nach einer Nachfrage zu den Hintergründen des Album, das einen einerseits nachdenklich, andererseits hoffnungsvoll und irgendwie auch glücklich macht, weil man beim Hören bemerkt: 'Da gibt’s noch wen, der ganz ähnlich wie du zu denken und sein Leben zu meistern versucht!', sofort zusandte: „Die Platte ist aus der einfachen, ungebrochenen Leidenschaft heraus entstanden, Musik machen zu wollen. Erst waren die Songs da - dann die Entscheidung, daraus eine Platte zu machen. Wir hinterfragen unser Songwriting inzwischen nicht mehr groß. Wir nehmen einfach die 11 Songs auf, die eben kommen - oft und am liebsten auch schon direkt im Prozess des Entstehens.“
Mit „Ebenen“ ist tatsächlich was Großes entstanden. Man muss es nur entdecken. Oder sich mit den alltäglichen, belanglosen Kleinigkeiten weiterhin die Zeit und das Leben totschlagen…
Doch die Hornissen lauern schon.
FAZIT: Mit seiner neuen (erstmals in deutscher Sprache eingesungenen) LP betritt DANIEL PAIN die Mühen der „Ebenen“. Oder um es mit seinen Worten auszudrücken, die er auf unsere Nachfrage hin sehr freundlich beantwortete (Irgendwie wünscht man sich tatsächlich, wenn man das Schaffen von DANIEL PAIN verfolgt, jemanden wie ihn tatsächlich zum Freund!): „Die Platte ist für mich ein Hoffnungszeichen dafür, dass nach anstrengenden Berganstiegen im Leben auch mal wieder ein Gefälle kommt, wir mit Schwung in eine Ebene einmünden und uns dabei getrost dem Fluss des Moments anvertrauen dürfen: 'Lass einfach rollen, das ist Kunst!' Oder, um es mit einem Kurt-Cobain-Zitat zu sagen: 'I'm on a plain / I can't compain.' (Ich befinde mich auf einer Ebene / Ich kann mich nicht beklagen.)“ Am Ende betritt Pain sogar im letzten Song „Neuland“ und wir begleiten ihn nur zu gern dabei. Das ist nicht nur eine Platte, sondern von Gestaltung, Text und Musik her ein echtes Kunstwerk.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A = (fliegen) = (18:27):
- Ebenen (4:10)
- U S W (5:08)
- Hornissen (2:16)
- Guter Schlaf ist teuer (2:57)
- Andere Seite (3:56)
- Seite B = (bleiben) = (19:15):
- Duft der Freiheit (4:02)
- Cadillac (3:15)
- Emily (2:30)
- Lemminge (1:46)
- Magie (3:46)
- Neuland II (3:48)
- Bass - Danijel Zambo
- Gesang - Daniel Pain, Benjamin Paska, Bruno Tenschert, Maximilian Wörle, Uli Tsitsos, Julia Pain
- Gitarre - Danijel Zambo, Daniel Pain, Bruno Tenschert, Uli Tsitsos
- Keys - Julia Pain
- Schlagzeug - Benjamin Paska, Maximilian Wörle
- Sonstige - Martin Lehmann (Trompete)
- Ebenen (2023) - 14/15 Punkten
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