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Millenium: 44 Minutes (Review)

Artist:

Millenium

Millenium: 44 Minutes
Album:

44 Minutes

Medium: CD/LP
Stil:

Melancholischer Progressive Rock mit viel Saxofon und Gilmour-Gitarre

Label: Lynx Music/Just For Kicks
Spieldauer: 51:52
Erschienen: 17.11.2017
Website: [Link]

Das neue Album der polnischen Melancholie-Prog-Rocker MILLENIUM ist mal wieder ein weiterer Beweis dafür, wie wichtig es ist, Musik als komplexes Gesamtkunstwerk wahrzunehmen, das mit der Gestaltung beginnt, sich in den Texten fortsetzt und in der Musik vollends verwirklicht.

Nimmt man also die CD – oder noch besser die LP, der allerdings der „Special Bonus Track“ fehlt – zur Hand, muss man förmlich über das todtraurige, bedrückende Cover-Bild stolpern, auf dem wohl einer der traurigsten, verlassenen Teddybärchen auf einer Treppenstufe, angelehnt an eine Mauer, sitzt, zum Großteil zerstört, aus seinem aufgeplatzten Körper und dem linken Bein quellen Holzspäne. Sein herzerweichender Blick treibt dem Betrachter Tränen in die Augen.
Wird man diese Stimmung wirklich auf 44 Minutes hören?
Man wird!
Doch es wird noch „schlimmer“!
Öffnen wir das Jewelcase, sehen wir auf der linken Seite eine Kerze brennen und nachdem wir die CD dem Klarsichteinleger entwunden haben, springt uns darunter dieser schreckliche Satz an: „When our parents die, we stop being children.“ (Wenn unsere Eltern sterben, hört unsere Kindheit auf.)
MILLENIUM stellen dazu fest, dass sich rund um diesen bedrückenden Satz das lyrische und musikalische Grundthema dreht: „Der Held dieses Konzept-Albums aber ist unser eigenes Leben. Ein Leben, in dem wir die Hauptrolle spielen und das wir entweder selbst bestimmen oder es durch andere bestimmen lassen. Es liegt an uns, wie wir mit allem, was auf uns einstürzt, umgehen.“
Werfen wir nun einen Blick ins Booklet, lesen die englischen Texte, welche der polnischen Band so wichtig sind, dass sie sogar zusätzlich deren polnische Übersetzung mit abdrucken, und machen uns auf das gefasst, was jetzt folgt: die Musik hinter all dem, ach was, der progressive Soundtrack zu einem traumatischen Ereignis, das einen erschüttert, bewegt, mitnimmt und trotzdem so traumhaft klingt wie auf 44 Minutes.

Dabei war doch das Vorgänger-Album von MILLENIUM noch solch eine große Enttäuschung. Die Band begab sich auf darin auf die Suche nach der perfekten Melodie und verlor sich gänzlich dabei, sodass wir zu dem Fazit kamen: „Am Ende ist MILLENIUMs gelungenste Entdeckung eindeutig der Saxophonist DAREK RYBKA, der leider viel zu kurz kommt. 
Mehr Saxophon und deutlich weniger Gesang - das wäre schon ein erster Schritt bei der hoffnungsvollen, aber im Falle des 2014er MILLENIUM-Albums erfolglosen Suche nach der perfekten Melodie gewesen.“

Doch was passiert nun?
So als wären diese Worte ein Blick in die zukünftige MILLENIUM-Glaskugel gewesen, tritt genau dieser Wunsch in seiner Gänze ein.
Saxofonist Rybka ist plötzlich, gemeinsam mit einem neuen Schlagzeuger, seit 2017 festes Bandmitglied und sein Einfluss auf das neue Album gleicht einem prog-musikalischen Quantensprung.
Bereits der Einstieg in „44 Minutes“ mit „The Colours Of My Life“ sowie einer traumhaft (oder traumatischen) Saxofon-Melodie und akustisch-floydianischen „Welcome To The Machine“-Gitarren, die in Gilmour-E-Gitarren-Gefilde abdriften sowie ein eigenartiger Spieluhr-Klang und fliehende Schritte tragen die Atmosphäre bester PINK FLOYD-Zeiten, als die immer wieder ein Saxofon in ihre Musik mit einbezogen, in sich.

Das Saxofon klingt so traurig wie der Teddybär auf dem Cover aussieht und es wirkt neben dem männlichen und weiblichen Gesang beinahe wie eine dritte Singstimme, die des Teddys, welche sich fast in jedem der kristallklar und voluminös produzierten Songs immer wieder in den Vordergrund rückt. Hier liegt die ganz besondere Stärke des Albums, aber auch in der Gitarre, die mal an DAVID GILMOUR, dann wieder an MIKE OLDFIELD – besonders beim Instrumental „Lost Teddy Bear Part 1 & 2“, dem zweiten Instrumental des Albums nach „Calling!“ - erinnert. Noch dazu ist der Gesang von Lukasz Gall und Karolina Leszko, welche uns die Texte stimmungsvoll und emotional, genau dem traurigen Geschehen angepasst, sowie sehr gut verständlich präsentieren, das letzte verbindende Element aus 44 Minutes, welches das Album zum echten Opus Magnum der Polen werden lässt.

FAZIT: Es ist ein trauriges, nachdenkliches und trotzdem sehr hoffnungsvolles Prog-Album geworden, das sich als gelungenes Gesamtkunstwerk und spannendes Konzept-Album auszeichnet, dessen Stimmungen maßgeblich auch von einem Saxofon getragen werden, welches durch die emotionale, oft ruhige Spielweise fasziniert. Mit „44 Minutes“ beschreibt die polnische Neo-Prog-Band MILLENIUM nicht nur die Laufzeit der LP, sondern auch die Stationen eines Lebens, das man vergeudet oder zu genießen versucht – und in dem ein trauriger Teddybär wichtiger als jeder Ego-Tripp ist.

PS: Und wo das Album von Freunden guten Progrocks gekauft wird, ist ja eigentlich klar, genau hier mit einem Klick und nicht bei...

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4127x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • The Colours Of My Life
  • Liferunner
  • Are We Lost?
  • Calling!
  • My Father Always Said
  • Lost Teddy Bear Part 1 & 2
  • 44 Minutes
  • Special Bonus Track
  • Ending Titles

Besetzung:

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