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Michael Janisch: Paradigm Shift (Review)
Artist: | Michael Janisch |
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Album: | Paradigm Shift |
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Medium: | CD | |
Stil: | Jazz-Rock und freie Improvisation |
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Label: | Whirlwind Recordings | |
Spieldauer: | 88:20 | |
Erschienen: | 02.11.2015 | |
Website: | [Link] |
Die „Weisen des Jazz“ vom führenden englischen Jazz-Magazins „Jazzwise“ bezeichnen dieses Album als „ein absolutes Highlight in der ereignisreichen Karriere von MICHAEL JANISCH“. Wie sollte man dem widersprechen?
Auf der Doppel-CD „Paradigm Shift“ kombiniert der in London lebende US-Bassist Jazz-Rock mit viel Electronica sowie manchmal fast poppig und funkig anmutenden Ideen samt frei improvisierten Experimenten, die in ihrer Gesamtheit aus „Paradigm Shift“ tatsächlich ein ganz besonderes Album werden lassen. Auch Janischs Idee, als Grundlage der Aufnahmen zwei Konzerte, die er mit seinem Quintett im Londoner Pizza Express Jazz Club aufführte, als Basis zu verwenden, auf die er dann im Studio zusätzlich seine elektro-akustischen Improvisationen einspielte, sie so nachbearbeitet und zu einem völlig neuen musikalischen Gesamteindruck auf den CDs zu verschmelzen, ist außergewöhnlich.
In erster Linie wurde so aus „Paradigm Shift“ ein Quintett-Album, welches mit Solo- oder Duo-Zwischenspielen und sehr ungewöhnlichen Übergängen, die größtenteils elektronischen Collagen ähneln, angereichert wird. Die MICHAEL JANISCH dabei begleitenden Musiker sind große Namen in der amerikanischen Jazz-Szene. Besonders der Multiinstrumentalist PAUL BOOTH, dessen Saxofon deutliche Akzente setzt, genauso wie die Trompete von JASON PALMER, verleihen der Musik angenehme Vielfalt. Aber auch das Didgeridoo, gleich im „Fluid“-Intro und bei „Chacaraca“, oder Bass-Klarinetten und Flöten sorgen für ständige Abwechslung in den gut 90 Jazz-Rock-Minuten.
Großen Einfluss auf die Entstehung von „Paradigm Shift“ hatte, laut Aussage des Bassisten Janisch, die Geburt seiner beiden Töchter und der plötzliche Tod seines älteren Bruders Joseph. Aber auch die ihn immer mehr bewegenden Themen der Globalisierung, des Einflusses von unkontrollierbaren Wirtschaftsmächten auf unser alltägliches Leben sowie Rassismus und religiöser Fanatismus. Und wie aktuell diese Ängste gerade heute sind, beweisen uns die jüngsten Bilder aus Paris, wo nun sogar schon Rock-Konzerte für fundamentalistische Amokläufe kreuzgefährlicher Selbstmordattentäter herhalten müssen, nur um religiösen Wahn durch hundertfachen Massenmord zu untermauern.
Hört man sich in der über 30 Minuten langen „The Paradigm Shift Suite“ einfach „Bailout“ genauer an, wo dissonant kreischende Hörner Wut thematisieren, welche dann mit ruhigen Flöten in „Spring“ und „Inner Sanctum“ zum Schweigen gebracht wird, kommen wir mit Hilfe von Musik der leider viel zu oft noch so schrecklich erscheinenden Realität verdammt nahe.
Der Hörer von „Paradigm Shift“ wird zu keiner Minute in eine Stimmung versetzt, in der er vorausahnen kann, was ihn als nächstes an jazziger Überraschung erwartet. Da trompetet es auf „Crash“ erst locker improvisiert, dann voller rhythmischem Schönklang, als müsste ein Bar-Jazz-Stück eingespielt werden und kaum dass man sich in mitternächtlich entspannter Ruhe wähnt, knallt uns die Trompete wilde Rhythmen in die Ohren, dass einem vor Schreck der Schmalz rauströpfelt. Kurze Zeit später gibt dann das Piano, begleitet vom Bass, entspannt, verhaltene Klänge von sich, während sich immer wieder die Trompete einschleicht, um den Schönklang durch geblasene Kakophonie zu „ärgern“.
Die erste CD endet mit einem Bass-Solo, während die zweite CD mit einem ausgiebigen Schlagzeug-Solo beginnt. „Chacaraca“ enthält erstmals südafrikanische Grooves und „Mike‘s Mosey“ ist sogar mit den verrücktesten ZAPPAesken Ideen gespickt, die wild über das durch den Bass grundierte Stück gespielt werden und mal irre Saxofone und Trompeten oder verrückte elektronische Effekte sein können. In „One-Eyed Calf“ beweist dann der argentinische Keyboarder LEONARDO GENOVESE sein außergewöhnliches Können, um zum finalen „Awakening“ überzuleiten, ein gut 12 Minuten langes Jazz-Epos voller ausgiebiger Soli der Musiker.
Der noch junge Musiker MICHAEL JANISCH ist bereits jetzt ein ganz großer Bassist und Komponist, dessen Ideenreichtum und musikalische Beherrschung seines Instruments, dem akustischen und elektrischen Bass, ihn auf eine Stufe mit JACO PASTORIUS stellen, wofür „Paradigm Shift“ der beste Beweis ist.
FAZIT: „Paradigm Shift“ von MICHAEL JANISCH ist eine wahre Freude sowie ein Wechselbad der Gefühle für jeden aufgeschlossenen Jazz-Liebhaber. Eine gelungene Synthese aus Live- und Studio-Aufnahmen, die nicht nur einen hohen Anspruch an die Musik, sondern auch an die Aussage dahinter stellt, selbst wenn nicht ein Wort gesagt oder gesungen wird.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- CD 1 (31:14):
- = The Paradigm Shift Suite =
- Fluid - Intro
- Movement I - Paradigm Shift Dance Party
- Movement II - Celestial Dictator
- Rage - Interlude
- Movement III - Bailout / Spring / Inner Sanctum
- Movement IV - Liza-Flo
- To Be Free - Outro
- CD 2 (57:06):
- = Mike‘s Mosey =
- Terra Firma - Intro
- Chacaraca
- Mike‘s Mosey
- The JJ I Knew
- Crash
- One-Eyed Calf
- Awakening
- Bass - Michael Janisch
- Keys - Leonardo Genovese
- Schlagzeug - Colin Stranahan, Paul Booth, Michael Janisch
- Sonstige - Jason Palmer (Trompete), Paul Booth (Saxofon, Flöte, Didgeridoo), Alex Bonney (Electronics & Effects)
- Paradigm Shift (2015)
- Worlds Collide (2019) - 13/15 Punkten
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