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Irrlicht: Près Du Miroir (Review)

Artist:

Irrlicht

Irrlicht: Près Du Miroir
Album:

Près Du Miroir

Medium: CD/Download
Stil:

Farbenfroher Dark Wave

Label: Danse Macabre / Alive
Spieldauer: 71:01
Erschienen: 17.10.2014
Website: [Link]

Oft stehen wir im Zwielicht, schauen in die Dämmerung, erkennen ein paar geheimnisvolle, aber auch beängstigende Umrisse - aber nicht mehr - und wissen nicht wohin. Wir lassen uns treiben, unterwerfen uns den paar eigenen Instinkten, die uns im technokratischen Zeitalter noch verblieben und tappen in die richtige Richtung - oder vielleicht in unseren Untergang? Oder wir folgen dem IRRLICHT, das noch immer bei einigen schulwissengläubigen Zeitgenossen als dummer Aberglaube abgetan wird und landen in Sümpfen und Mooren, welche plötzlich nicht nur finstere Ängste, sondern auch geheimnisvolle Schönheit ausstrahlen, ganz ähnlich wie auf Carl Spitzwegs gleichnamigen Bild. Der elektrifizierte Dark Wave der deutsch-schweizerischen Band IRRLICHT, die mit „Près Du Miroir“ (Dem Spiegel nahe) bereits ihr 9. Album unter das Volk der musikalischen Finstermänner und Finsterfrauen werfen, macht genau dieser beschriebenen Stimmung alle Ehre und könnte zugleich als die vertonte Variante des Spitzweg-Bildes durchgehen!

Es ist Herbst - und nicht nur die Blätter fallen von den Bäumen, bei vielen fällt auch die Stimmungslage. Dunkelheit ermächtigt sich immer mehr des Tages und es bleibt wieder mehr Zeit für das Hören von Musik. IRRLICHT, die sich mit solchen Bands wie L‘AME IMMORTELLE oder ILLUMINATE , wenn die mit einer Sängerin auftreten würden, in eine Musik-Reihe stellen könnten, warten hierfür mit einer reizvollen Besonderheit auf. Ihre lyrisch anspruchsvollen, manchmal allerdings ein wenig übers Ziel hinausschießenden Texte werden in deutscher und französischer Sprache intoniert und durch DANIELA DIETZ, deren Stimme sich in den Opern- genauso wie den Rock- & Pop-Sphären sehr wohl fühlt, zum Klingen gebracht.

Längst sind IRRLICHT von ihrem anfangs eingeschlagenen Pfad der „Neuen deutschen Todeskunst“, den GOETHES ERBEN oder DAS ICH ebneten, und auf dem sie sich als musikalische „Interpretierer“ deutscher Lyrik verstanden, abgewichen und haben sich dem Dark-Wave/Elektro-Goth zugewandt, wobei sie sich nicht gänzlich von den deutschen Klassikern verabschieden. Eine kluge Entscheidung, denn so tauchen auf „La Course Des Rats“ (Hamsterrad) die wundervollen Zeilen aus einem der schönsten Gedichte, die je in deutscher Sprache verfasst wurden, auf: „Der Panther“ von RAINER MARIA RILKE! Ein Song, der nicht nur durch den Text, sondern auch die klug eingesetzten Elektro-Beats und eine tolle Melodie zu überzeugen weiß. Von besonderem Vorteil ist hierbei auch, dass die Band sich auf ihrer Homepage, auf Wunsch ihrer Fans, die Mühe gemacht hat, alle französischen Textpassagen zu übersetzen, die im mit einem Bild von URS JUNGEN gestalteten Booklet nur im Original zu finden sind. Dadurch erfahren wir eine Art IRRLICHT-Fortsetzung des Rilke-Gedichts, die mit dem Tod des Panthers („Schließlich taumelt er und fällt / und schließt für immer die Augen / um seinem Leben ein Ende zu setzen.“) und dem was bleibt („Eine Armee von Ratten macht sich auf die Reise...“) endet.
Für mich jedenfalls einer der gelungensten Titel auf „Près Du Miroir“.

Die Texte und die Musik müssen bei IRRLICHT grundsätzlich als eine Einheit verstanden werden und es macht garantiert keinen Sinn, das Album mal so nebenbei aufzulegen - damit tut man der Band genauso wenig einen Gefallen wie sich selbst. Die Themen auf „Près Du Miroir“ drehen sich, wie es der Titel schon verrät, um die Dinge, die wir Tag für Tag reflektieren, die unser Abbild von dem Bild darstellen, welches wir dadurch beeinflussen können, wie wir unser Original vor besagtem Spiegel platzieren.
Hinterlassen wir ein klares oder nur ein Zerr-Bild?
Es kommt eben auf uns, nicht aber unsere Spiegelbilder an!

Vorrangig aber beschäftigt sich das „Spiegelbild-Album“ besonders mit Verlust und Abschied sowie der nur schwer zu akzeptierenden Tatsache der Endlichkeit, wie in „Anderswelt“ („Und bleibt unsere Energie erhalten, / wenn wir nicht mehr sind? / Leben wir in umgekehrter Chronologie? / Warum ist alles endlich?“). Bedrohlich hämmern einem dabei mitunter elektronische Albtraum-Beats entgegen und der Gesang lässt einen in seinem Facetten-Reichtum durchaus erschauern. So als würden die finsteren Musikmächte die letzten Vorhänge schließen, durch die noch etwas Licht fällt. So wie bei IRRLICHT sollte moderner Dark Wave heutzutage klingen.

Besonders sympathisch erscheint auch der Mut, welcher durchaus ein gewisses Risiko in sich birgt, „Près Du Miroir“ fast „lustig“ ausklingen zu lassen, indem sich die Band mit „Höhenflug“ der Neuen Deutschen Welle öffnet und uns mit auf die letzte Reise des Raumschiffs Enterprise nimmt. Musikalische könnte einer der Steuermänner auch PETER SCHILLING mit seinem „Major Tom“ sein.

FAZIT: Welch Glück, dass IRRLICHT uns nicht mit irgendwelch zwielichtiger Musik abspeisen, sondern konsequent auf fast farbenfrohen Dark Wave mit deutsch-französischen Texten setzen, der nach der LACRIMOSA-Langeweile der letzten Jahre wieder deutlich mehr Leben in das Schweizer Reich der „Musik-Toten“ bringt und sogar mit einem gewissen Sinn für Humor aufwartet!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3630x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • P
  • Projekt: Abgrund
  • La Course Des Rats
  • Abschied
  • En Fibre De Verre
  • Anderswelt
  • Monocave (OTS)
  • Licht & Zeit
  • Wenn du da bist
  • Dans Ce Miroir
  • Outro
  • La Course Des Rats (Clubmix)
  • Dans Ce Miroir (NTL Clubmix)
  • Höhenflug

Besetzung:

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