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Ashra: Correlations In Concert - DVD (Review)

Artist:

Ashra

Ashra: Correlations In Concert - DVD
Album:

Correlations In Concert - DVD

Medium: DVD
Stil:

Elektronische Traumreise in einen Himmel voller Gitarren und Schlagzeug

Label: MG.Art
Spieldauer: 129:00
Erschienen: 30.08.2013
Website: [Link]

Selten habe ich als Musikkritiker so herzlich gelacht wie in dem Moment, als ich in einer Pressekritik zu „Correlations“ aus dem Jahr 1979 im Stereoplay dieses Urteil lesen durfte: „Die Stücke sind alle mindestens 5 Minuten lang und hören sich an wie Mitschnitte von Übungsstunden. Immer die gleichen Akkorde auf der Gitarre, die gleichen Spielereien mit dem Synthesizer, am Anfang, in der Mitte und am Ende immer dasselbe … Ein Glück, dass die Musiker nicht noch das Singen ausprobiert haben … Die Leerrillen sind eigentlich noch das Beste an der ganzen Platte.“ Da hatte sich wohl im Jahr 1979 ein Kritiker von der plötzlich mit brachialer 3-Akkord-Musikgewalt ausgebrochenen Punk-Bewegung so schwer beeindrucken lassen, dass er alle Musik, die länger als 4 Minuten dauerte und auch noch komplex verspielt auf die eigenartige Verbindung von Gitarre, Keyboard bzw. Synthesizer und Schlagzeug setzte, ins musikalische Endzeit-Nirvana verdonnerte. Wahrscheinlich war das einzig Beeindruckende für ihn das hoch interessante Plattencover, auf dem unter anderem eine pimmelähnliche Wasserfontäne zu sehen war. Bestimmt hätte das auch dem so gerne sein „I hate Pink Floyd“-T-Shirt tragenden JOHNNY ROTTEN von den SEX PISTOLS gefallen.

Mal ganz abgesehen davon, dass mit „Oasis“ auch ein Stück unter vier Minuten auf „Correlations“ enthalten ist, wird nunmehr sogar im Jahr 2013 von MANUEL GÖTTSCHING, HARALD GROSSKOPF & STEVE BALTES live der Beweis erbracht, wie lächerlich und haltlos die vorangegangenen Kritiker-Worte sind und es der Musikexpress 5/79 viel treffender auf den Punkt bringt: „Das ist eine von den Platten, die einem die Liebe zur Musik erhalten. Wer sich was Gutes antun, mit freiem entspanntem Kopf über den Wolken fliegen und zugleich mit lockerem Fuß auf festem Boden tanzen will, sollte hier zugreifen.“ Gleiches kann ich ohne jede Einschränkung auch für die Konzert-DVD bestätigen, die den Auftritt von ASHRA vom 8. Juni 2012 in der Berliner ufaFabrik filmisch und soundtechnisch beeindruckend umsetzt.

Doch zuvor noch ein paar Worte zu dem Cover mit dem phallusartigen Wasserstrahl, der sich einem begierig geöffneten Frauenmund „entgegenreckt“ - „Bis es spritzt, spritzt, spritzt!“, würde FRANK ZAPPA da im Sinne von „Stick It Out“ wohl singen, auch wenn er etwas Anderes dabei spritzen lassen wollte. STORM THOGERSON, der kürzlich verstorbene und im 8-seitigen Booklet dieser DVD mit einem „In Memorian“ gesondert bedachte Hipgnosis-Künstler, welcher sich auch für das legendäre „Dark Side Of The Moon“-Prisma-Cover oder die Kuh des „Atomheart Mother“-Covers von PINK FLOYD verantwortlich zeichnete, entwarf das Foto, welches nie irgendwie bearbeitet wurde, sondern tatsächlich so in seiner ganzen Schönheit ein gelungener Schnappschuss blieb, weswegen extra im DVD-Booklet der Vermerk erscheint: „What you see is what we saw, long before the coming of computers.“

Das Konzert hat nur eine einzige große Schwäche – und die liegt nicht in der Musik oder bei den Musikern, sondern in etwas ganz Natürlichem. Es ist die Zeit, in der diese Aufführung beginnt. Die Sommerbühne macht ihrem Namen alle Ehre und erstrahlt taghell. „Corellations“ aber ist Musik für die melancholischen Momente in uns. Die Sonnenuntergänge. Einen Abendhimmel voller Sterne. Ein Mond, der sich auf einem wellenbewegten See widerspiegelt. Musik eben für die „Dark Side Of The Moon“ statt für den „Good Day Sunshine“.

So ist es auch gut, dass gleich mit „Ice Train“ 14 Minuten lang die Musik-Post abgeht, die mit Steve Baltes' treibenden Synthi- & Keyboard-Rhythmen, die an TANGERINE DREAMs „Force Majeur & Tangram“-Zeiten erinnern, beginnt. Dann betritt Manuel Göttsching die Bühne, schnappt sich eine seiner Gitarren und lässt deren Saiten kristallklar erklingen bis Harald Grosskopf als letzter auf der Bühne erscheint und die Musik mit seinem Schlagzeug-Drive vorantreibt. Und nun ist es unaufhaltsam, dieses musikalische Feuerwerk, welches die drei Musiker entfachen und das nicht nur das komplette „Correlations“-Album, sondern auch zwei neue Stücke sowie als Zugabe drei Aufnahmen aus dem 77er Album „Blackouts“ zum Inhalt hat.

Mein persönlicher Höhepunkt dieses Konzerts ist dann aber tatsächlich eins der neuen Stücke: „Kongo Bongo“, ein schwer psychedelisch Gemisch aus den durch ein brennendes Gehirn reisenden TANGERINE DREAM und dem „Echoes“-Gefühl von PINK FLOYD. Zum Glück ist es zu diesem Zeitpunkt auch endlich dunkel auf dem ufa-Gelände, so dass nunmehr auch die äußere Atmosphäre der Musik die entsprechende Stimmung verleiht.

Andere Konzertbesucher oder DVD-Betrachter wiederum werden sofort große Begeisterung empfinden, wenn „Morgana Da Capo“ anfangs so klingt, als hätten sich ASHRA auf ihrer Suche nach dem perfekten Klang in den „Trans Europa Express“ gesetzt, um mit KRAFTWERK auf die Reise zu gehen. Jeder Song während dieses Konzerts hat eine andere Klangfarbe und gleicht einem unergründlichen Musik-Kaleidoskop. Ausschlaggebend ist dabei natürlich das vielfältige, extrem abwechslungsreiche Gitarrenspiel Göttschings. Er ist ein wahrer Virtuose, bei dem nicht ein Stück dem anderen gleicht. Carlos Santana oder David Gilmour? John McLaughlin oder Pat Metheny? Von allem etwas und trotzdem unverkennbar individuell! Gleiches gilt für die Keyboards. Sind da alte bzw. neuere TANGERINE DREAM oder doch eher die Japaner KITARO und TOMITA erkennbar? Fragen über Fragen – die Antwort darauf geben ASHRA eindeutig und beeindruckend auf „Correlations In Concert“.

Allerdings muss ich auch hier noch etwas ganz Persönliches loswerden, da ich ein gebranntes Zonen-Kind bin und für viele, die im westlichen Teil Deutschlands groß geworden sind, es sicher nur schwer vorstellbar ist, wie unglaublich wichtig für uns „Ossis“ die Musik, auch die von ASHRA, war. Immer wieder begaben wir uns im Osten auf die Suche nach solcher oder ähnlicher Musik. Manchmal wurden wir dabei fündig und waren glücklich, wenn wir eine „osteuropäische Entsprechung“ unserer unerreichbaren westlichen Klangkünstler fanden. Doch wie nah ASHRA auch am ostdeutschen Lebensgefühl sind, war mir bisher noch nicht so klar. Besonders spaßig tritt dabei der Schlagzeuger HARALD GROSSKOPF in Aktion, als er unmittelbar vor der ersten Zugabe, während die anderen Musiker noch mit dem Stimmen ihrer Instrumente beschäftigt sind, zur Überbrückung folgenden Witz erzählt: „Trifft 'nen Ossi einen Wessi. Sagt der Ossi: 'Wir sind ein Volk!' Darauf der Wessi: 'Wir auch!'“ Und dass in jedem Witz auch ein gehöriges Quäntchen Wahrheit steckt, erleben wir ja stellenweise noch immer.

Leider aber erleben wir auf der DVD nicht mehr das, was zwischen der Wessi-Band und einem Musik-Ossi, der für uns zur wahren Entsprechung westlicher Musiktendenzen mit seiner polnischen Band SBB wurde, geschieht. Fast genau ein Jahr nach der DVD-Aufzeichnung geben am 15. Juni 2013 ASHRA noch einmal am gleichen Ort ein Konzert. Doch diesmal gibt es eine faustdicke Überraschung. Im Zugabenblock kündigt Manuel Göttsching einen guten Freund an, den Kopf von SBB, JOZEF SKRZEK, der zwei Titel auf grandiose Art an seiner Hammond Orgel begleitet, die ich hier auf keinen Fall den Lesern vorenthalten möchte – gemäß dem Motto: „Treffen drei Musik-Wessis auf einen Musik-Ossi.“ Was dabei herauskommt, ist wohl eine der besten Musik-Vereinigungen, die zumindest mir bekannt sind und die „Niemand lacht rückwärts“ und „Deep Distance“ heißen. Eine tolle Ergänzung zu dieser liebevoll von Manuel Göttschings Lebenspartnerin und Filmemacherin ILONA ZIOK gefilmten DVD, die bild- und klanglich ausgezeichnet ist, auch wenn sie nur in Stereo-Ton aufgezeichnet wurde. Aber auch hierfür gibt es einen stichhaltigen Grund, wie mir Ilona Ziok persönlich mit folgenden Worten mitteilte: "Die DVD ist deshalb 'nur' in Stereo, weil es bei dieser Länge (ca.130 Min.) keine andere Möglichkeit gibt. Ein guter Surroundton (5.1) braucht so viel Speicherplatz, dass dies stark zu Lasten der Bildqualität wäre. Dann müsste man sich 'nur' für eine CD, also reinen Ton, entscheiden - bei einem Konzert wäre das doch schade. Außerdem, wieso sollte man bei einem Konzert einen Surroundton anstreben? Das ist doch keine Studioaufnahme, sondern live. Also alles eine Entscheidungssache."
Jawohl, da hat sie völlig recht!

FAZIT: Eine DVD, „die einem die Liebe zur Musik erhält.“ Anschnallen und abtauchen in den Musik-Tempel der Gottheit ASHRA. Nur Vorsicht, wen einmal diese Musik gefangen nimmt, der wird auch im Jahr 2013 genauso wie vor 35 Jahren nur schwer von dieser göttlichen Droge loskommen, auch wenn es hier statt Oblaten, die einem die Zunge an den Gaumen kleben, ein paar Klänge gibt, die Ohr, Herz und Hirn weit öffnen.

PS: Auch wenn der offizielle Veröffentlichungstermin erst der 30. August ist, besteht bereits die Möglichkeit, die DVD ab sofort über die hier verlinkte Homepage bzw. über order@ashra.com zu kaufen.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 5784x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • Ice Train
  • Flying Turtles
  • Morgana Da Capo
  • Kazoo
  • Pas De Trois
  • Phantasus
  • Kongo Bongo
  • Oasis
  • Club Cannibal
  • Don't Trust The Kids / Blackouts
  • Midnight On Mars
  • Bonus:
  • Interviews
  • The Soundcheck

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

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  • keine Interviews
Kommentare
Martin
gepostet am: 01.09.2015

User-Wertung:
14 Punkte

Hallo Herr Koß
und besten Dank für diese ausführliche Würdigung. Ich konnte mich noch gut an das Zitat aus dem ME erinnern, aufgrund dieser Kritik habe ich angefangen, Ashra zu hören. Die Kraft dieser Musik habe ich auf einer Abifeier erleben können: Da hatte sich ein DJ stundenlang bemüht, die Leute irgendwie zum Tanzen zu bringen - Correlations hat es dann geschafft, und wie. Es kamen zig Leute an, um zu erfahren, was das denn um Himmels willen für eine Wahnsinnsmusik sei - so was hätte man ja noch nie gehört. Ich war jedenfalls sehr froh, dieses Livedokument kaufen zu können und kann Alles bestätigen, was Sie schreiben - aber: das Publikum... sowas von ungerührt, warum sind die da hingegangen?
Na ja, der Musik tut's ja nicht weh.
Ein Fan von "damals"
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