Auf seinem dritten Album (für Sammler: auch als 100er Auflage in blauem Vinyl zu haben) geht STIAN WESTERHUS ein Wagnis ein: „The Matriarch And The Wrong Kind Of Flowers“ ist keine Musik, sondern ein Ton gewordenes Ausloten akustischer Extreme.

Aufgenommen wurde die Feldstudie in einem Osoler Mausoleum, wo der Schall auf natürliche Weise 20 Sekunden lang nachklingt (für das Stimmexperiment „Forever Walking Forests“ hätte man in einem Studio Effekte bemühen müssen) und 5 Grad Celsius nicht überstiegen werden. Dementsprechend kalt klingt die Scheibe insgesamt, ein stetes An- und Abschwellen von Sounds, für welches „Shine“ maßgeblich steht: ein Flirren, vermutliches Verstimmen der Saiten an den Wirbeln … man erfreut sich nicht am Schönklang, sondern indem man zu erraten sucht, was hinter diesen unerhörten Geräuschen stecken mag.

Eine Symphonie könnte es etwa sein, wenn die Gitarre in „Kept On Shoulders“ hin nach Blechbläsern tönt (!) oder „Guiding The Pain“ gleich einem ganzen Orchester. „The Matriarch“ und „Unchained Sanity On Broken Ground“ erinnern an Streicher-Drones, doch tatsächlich war hier nur ein Mann mit Gitarre am Werk. In „Silver Sparkle Attraction“ entsteht ein langgezogenes „Uh“, das teilweise nach natürlicher Verzerrung klingt und Spannung erzeugt, „The Wrong Kind Of Flowers“ ist am Ende purer Noise, der darauf hindeutet, dass die wie auch immer zugrunde liegende Thematik – die Titel lassen darauf schließen – eine eher finstere ist. Mit spiritueller Musik, von der das Label spricht, hat dieses Album jedoch nichts zu tun.

FAZIT: „The Matriarch And The Wrong Kind Of Flowers“ reibt auf, statt als Song-Reigen zu gefallen. STIAN WESTERHUS beweist Mut zum Klangforschen und nimmt Hässlichkeit in Kauf. Bewerten lässt sich dieses Erzeugnis in keiner Weise, und darauf spekuliert der Macher auch nicht. Die Scheibe ist einfach nur – genauso wie der Schall, der eben entsteht, wenn sich das Leben mit seiner Umgebung reibt.