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Il Giardino Onirico: Perigeo (Review)
Artist: | Il Giardino Onirico |
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Album: | Perigeo |
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Medium: | CD | |
Stil: | Progressive Rock |
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Label: | Eigenvertrieb | |
Spieldauer: | 51:59 | |
Erschienen: | 07.09.2012 | |
Website: | [Link] |
Für eine italienische Progressive-Band haben IL GIARDINO ONIRICO einen beinahe typischen Namen, doch wer glaubt, die jungen, aber abgefeimten Musiker hätten sich im Zuge der Wiedervereinigungen einiger Nationalhelden des Stils zusammengefunden, um deren Sound originalgetreu (Retro gehört ja gegenwärtig zum guten Ton) zu replizieren, befindet sich auf dem Holzweg. Gleichwohl die Debütanten die Vergangenheit internalisiert haben, gehen sie frisch an ihr Sujet.
Ersonnen im eigenen Studio beginnt „Perigeo“ mit ein paar gesprochenen Zeilen, bevor die gesamte Band in die Vollen geht – mit verzerrten Riffs, die nicht lange präsent bleiben, sondern von einem abrupten Break in elegische Gefilde geführt werden. Kurz erklingt weiblicher Sopran, doch das vorherrschende Bild sieht recht britisch kunstrockig aus, ehe die Regler abermals hochgefahren werden. Eingedenk der modern schwirrenden Keyboard-Fanfaren denkt man an amerikanische Prog-Größen und wundert sich, wann IL GIARDINO ONIRICO aufhören, den Hörer im Dunkeln tappen zu lassen.
Wie sich herausstellt, machen die Azzurri nichts unter neun Minuten, also muss man sich gedulden … und wird belohnt, denn nach dem elfminütigen Opener, der mit synthetischen Streichern malerisch endet, wird das Konzept der Gruppe ersichtlich: „Utopia Planitia“ beginnt abermals mit Worten, diesmal im Dialog vor Kuckucksuhr (!), dessen weiterer Verlauf gewissermaßen imaginiert werden muss – vermittels des Songs an sich. Er kriecht cineastisch glockig wie „Tubular Bells“ aus den Startlöchern und hypnotisiert mit einem stets abgewandelten Dreiton-Motiv, bis einer der beteiligten Organisten virtuoser aufspielt und so die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Avigliana schließlich klatscht ihn mit einem triumphalen Gilmour-Moment ab und schafft es, seine Mannschaft zum Rhythmuswechsel beziehungsweise Crescendo zu bewegen. Der Song gipfelt fast in einem Gitarrensolo-Schlagzeug-Jam, doch die Band hat noch zu viel vor sich, als dass sie sich jetzt schon eine solche Blöße gäbe.
Wird es überhaupt geschehen? Das knappste Stück „Agosto“ – nach Geplapper, ihr wisst schon – ist symphonischer Prog in Reinkultur. Die Gitarre bleibt unverzerrt, die Keyboards übernehmen das Heft, doch der treibende Bass verhindert jegliche Seichtheit, bevor die Leads letztlich doch zu schmatzen beginnen, wenn auch mit Unterbrechungen. Zum Schluss heben IL GIARDINO ONIRICO abermals zum metallisch schweren Stampfen an, das sich irgendwo zwischen Doom, KING CRIMSON und Tasten-Vergewaltigung einordnen lässt.
„Amigdala“: Hier entsteht im Kopf des Menschen die Angst, wie der Zerebral-Experte weiß, doch auf „Perigeo“ kommt es uns vor, als versetzten uns die Macher zurück zum zweiten Track, denn der Aufbau ist ähnlich, bloß dass die Band schon früh rhythmisch variiert und ein akustisches Drama provoziert. Dynamisch ist der Track große Kunst, wobei die Keyboards einerseits an Neunziger-Prog erinnern, andererseits durch ihr Klingeln und Bimmeln allzu vordergründigen Assoziationen ausweichen. Wiederum fällt das Finale temperamentvoll und hart aus, was den Hörer der steten Wiederholung des Schlüsselmotivs wegen schwindlig macht.
Im Abgang und Titeltrack herrscht wieder Entspannung: Gitarren wie Geigen, ein Meer aus Keyboard-Rauschen und glucksende Bässe prägen das irgendwie feucht klingende Bild, womit IL GIARDINO ONIRICO vermutlich ihr Ziel erreicht haben. „Perigeo“ dreht sich nämlich um Traumzustände und Synästhesie, ist also ein Konzeptalbum im weitesten Sinn. Erklingt hier mittig erneut eine Frauenstimme vor einem Chor und Stakkato-Riffs, weiß man es allerspätestens, aber geahnt hat man es schon lange, Originalität hin oder her.
FAZIT: „Perigeo“ ist ein enorm bildhaftes Album und trotz seiner fünf überlangen Epen sehr kompakt ausgefallen. Anklänge findet man viele, doch nichts greift wirklich, aber wie fände der kundige Interessent einen Verweis auf GOBLIN, DREAM THEATER und BANCO?
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- B.S.D.
- Utopia Planitia
- Agosto
- Amigdala
- Perigeo
- Bass - Ettore Mazzarini
- Gesang - Marco Marini
- Gitarre - Stefano Avigliana
- Keys - Emanuele Telli, Dario Hakim
- Schlagzeug - Massimo Moscatelli
- Perigeo (2012) - 12/15 Punkten
- Complesso K MMXIII (2013)