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Leprous: Bilateral (Review)

Artist:

Leprous

Leprous: Bilateral
Album:

Bilateral

Medium: CD
Stil:

Progressive / Avantgarde

Label: InsideOut
Spieldauer: 58:11
Erschienen: 19.08.2011
Website: [Link]

In den ersten Sekunden rumpelt 80er-Jahre-Hard-Rock triumphierend aus den Boxen, begleitet durch ein imaginär in Aufsicht gefilmtes Stroboskoplichtgewitter auf riesiger Bühne mit Groupies in den ersten Reihen, die blank ziehen. Als die Pose abrupt mit Spacerock-Gewummer aufgebrochen wird, klärt sich nach nur Augenblicken erstmals auf „Bilateral“ das Volumen, über das LEPROUS verfügen. Eine gigantische Genreweitsicht entwächst dem Boden; sie wird in der fortwährenden Stunde noch wilde Wurzeln schlagen. Nach und nach eröffnet sich ein unüberschaubarer Stilparcours, der fortan keine Chance mehr lässt, auch nur eine Abzweigung vorherzusagen.

Man sagt den fünf Norwegern nach, dass sie sich dem Black Metal anheim fühlen; aber auch, dass sie sich mit „Aeolia“ (2006) und „Tall Poppy Syndrome“ (2009) zu einem unausgesprochenen Nordlichterkampf mit OPETH bereiterklärt hätten. Derlei Stigmata lasten jedoch zu schwer, als dass sie auf Dauer haltbar seien. Referenzen zu anderen Bands ergeben sich aufgrund der Erfahrung des Hörers und den vielen Ansätzen, die LEPROUS wagen, in einem fort, und doch läuft das InsideOut-Debüt dermaßen wider die Trampelpfade, dass die Kreuzwege zu komplett neuen Ufern führen.

Aufs Gröbste heruntergekürzt liegt eine Kreuzung aus der Melodik klassischen Heavy Metals und dem Hakenschlag quer schlagender Avantgarde vor, aber damit ist im Grunde noch nichts gesagt. Es unterschlüge beispielsweise Einar Solbergs Stimme, die von Kehle bis Kopf gefühlte Milliarden von Nuancen auszudrücken vermag. Eine Entdeckung, wie es sie pro Jahrzehnt nur eine Handvoll gibt. Oder die Art und Weise, wie sich dieses Album praktisch jede Musikrichtung zu Eigen macht, ohne sich an die Autarkie eines einzelnen Genres zu binden.

Die Unberechenbarkeit macht „Bilateral“ aber noch nicht so besonders. Mit ihr alleine schlüge man sich lediglich in die große Schlange mit den BETWEEN-THE-BURIED-AND-MEs, den PROTEST-THE-HEROs, den THE-MARS-VOLTAs und UNEXPECTs dieser Welt. Darüber hinaus oszilliert es die Besonderheit eines vollkommen neu ergründeten Paradigmas wie eine Blumenblüte ihren Staub. Ob PORCUPINE TREE zu „In Absentia“-Zeiten („Mb. Indifferentia“), der windige Freiflug per Stromzufuhr wie bei AMPLIFIER („Acquired Taste“), Post-TOOL-Indie-Mutationen mit Jonathan-Davis-Refrains und AOR-Strophen („Restless“) oder komplett wahnsinniges und sich jeder Kategorie entziehendes Gänsehautgewitter („Forced Entry“ ab 8:37 – what…the…f…) – am Ende schmiegt sich alles unter einem Schirm in die Pilzlamellen und fügt sich zu etwas bar jeder Kategorie.

FAZIT: In der Anwartschaft auf den Titel des besten progressiven Albums des Jahres haben sich LEPROUS mit dieser fruchtigen Granate VIP-Plätze gesichert. Wenn dem Rezensenten Luft und Worte fehlen und er hilflos auf den geschriebenen Text blickt, nur um festzustellen, dass er in seinen Bemühungen nicht mal an der Oberfläche gekratzt hat, dann hat man – Understatement ahoi – etwas nicht ganz Alltägliches geschaffen.

Sascha Ganser (Info) (Review 8400x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 14 von 15 Punkten [?]
14 Punkte
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Tracklist:
  • Bilateral
  • Forced Entry
  • Restless
  • Thorn
  • Mb. Indifferentia
  • Waste Of Air
  • Mediocrity Wins
  • Cryptogenic Desires
  • Acquired Taste
  • Painful Detour

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Assaulter
gepostet am: 17.08.2011

Ich finde den Vorgänger ja wirklich super, von daher bin sehr gespannt.
Chris [musikreviews.de]
gepostet am: 19.08.2011

Gänsehautgewitter? *g*
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 19.08.2011

Ein Gänsehaut verursachendes Gewitter eben. ;)
Ja Mensch, manchmal muss man halt seiner Euphorie freien Lauf lassen... kennst du doch auch.
Simon Voggeneder
gepostet am: 30.01.2012

User-Wertung:
14 Punkte

14 von 15 Punkten sind in meinen Augen _genau_ die richtige Bewertung für dieses Album. Es ist bei mir unzählige Male gelaufen im vergangen Jahr und es hat sich bestätigt: 2011 kommt nichts dem nahe, was dieses Stück Musik bei mir auslöst. "Gänsehautgewitter" beschreibt es wunderbar. Mit "Forced Entry" und dem grandiosen Doppel-Outro "Acquired Taste // Painful Detour" gelingen Leprous die musikalischen Höhepunkte des vergangen Jahres.

Allein die Ihsahn-Parts auf "Thorn" wirken mir etwas erzwungen (ganz im Kontrast zum großartigen Groove, der vorher gefeiert wird). Auch "Waste of Air" wirkt ein wenig ungeschliffen. Doch diese rohen Seiten geben diesem musikalischen Diamant Charakter.

In seiner Gesamtheit bleibt bei diesem Album nur der Kritikpunkt, dass es inhomogen ist. Allein der Stückwechsel "Mb. Indifferentia // Waste of Air" ist so unharmonisch, dass man beim besten Willen nicht von einem 'geschlossenen Ganzen' sprechen kann. Hier erinnert mich das Album ganz stark an ein 'Album des Jahres'-Material früherer Zeit: Porcupine Trees' "In Absentia".
Sascha G. [musikreviews.de]
gepostet am: 30.01.2012

Absolut richtig, der "In Absentia"-Vergleich ist vollkommen treffend! Es hat die selbe Inhomogenität, aber auch den gleichen Zug nach vorne. Dass das Album so uneinheitlich und kantig ist, muss man ihm (genau wie In Absentia) eigentlich anlasten, aber das macht es eben gerade so sympathisch. Deswegen ist "In Absentia" immer noch mein Lieblings-Stachelschweinalbum und deswegen rotiert "Bilateral" nach wie vor regelmäßig.
Veni
gepostet am: 30.12.2012

User-Wertung:
15 Punkte

geil
Andi
gepostet am: 06.03.2013

User-Wertung:
15 Punkte

Habe selten ein besseres Album gehört. Vielleicht damals, als ich Operation: Mindcrime rauf und runter gehört habe. Ich kann nur die Höchstnote geben. Freue mich, Leprous dieses Jahr in Wacken live zu sehen.
Thomas
gepostet am: 14.07.2013

User-Wertung:
14 Punkte

Ganz, ganz exzellente Scheibe mit imponierendem Gesang
Auch die Instrumentalfraktion ist nicht zu verachten -> unterm Strich feinster Progmetal
Marco
gepostet am: 24.01.2015

User-Wertung:
15 Punkte

Für mich eins der besten Alben die ich je hören durfte.
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