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Porcupine Tree: Anesthetize (DVD) (Review)
Artist: | Porcupine Tree |
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Album: | Anesthetize (DVD) |
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Medium: | DVD | |
Stil: | Prog Rock / Art Rock |
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Label: | kscope | |
Spieldauer: | 130:00 | |
Erschienen: | 21.05.2010 | |
Website: | [Link] |
Die Kunst. Ein geschätzter Freund ist sie zu gegebenem Anlass – am abendlichen Feuer des Kamins beispielsweise, oder unter Freunden mit dem Hang zu gleichen Interessen. Manchmal suchen wir sie mit Sicherheit auch auf Musikalben. Allgemein suchen wir sie immer dann, wenn wir der Oberflächlichkeit des Alltags überdrüssig sind. Doch was ist mit Konzerten? Ist es hier auch die Kunst, für die wir oft unzählige Kilometer reisen?
Ein komplettes Album live aufzuführen, ist wohl eine Praktik, die man künstlerischen Ambitionen zuschreiben kann. Wer das tut, glaubt in der Regel mehr an sein Konzept als an seine Hits. Für die Dramaturgie von Alben und Konzerten gelten umgekehrte Vorzeichen: Kommen Songs auf CD vielmals nur im Albenkontext zur Geltung, setzen sich auf der Bühne doch eher ausgewählte Einzelstücke durch, obwohl zuletzt tatsächlich ein Trend zur Aufführung kompletter Alben zu verzeichnen war. So haben OCEANSIZE beispielsweise kürzlich ein beachtenswertes 7-Disc-Set veröffentlicht, das die drei ersten Alben der Band beinhaltet – live eingespielt an nur einem Wochenende.
PORCUPINE TREE fahren zweispurig, was das angeht – immer offen für vertrackte Konzeptwerke, aber auch immer gut für einen Hit. Wenn man so will, war die erste DVD-Veröffentlichung "Arriving Somewhere…" die Hit-Sammlung – vielleicht auch deshalb, weil sie mit dem "Deadwing"-Album einherging, das ohnehin eine lockere Ansammlung von Songs war. Demzufolge muss "Anesthetize" dann die Kunstausstellung sein, beinhaltet diese zweite DVD der Bandgeschichte doch ein Konzert mit dem gesamten "Fear Of A Blank Planet"-Album und einem Schweif zusätzlicher Songs, die sich gegenüber der Hit-DVD "Arriving Somewhere…" nur durch den Song "Halo" überschneidet.
Nun sind wir in der Diskografie der Bäume mit den stacheligen Früchten ja schon einen Schritt weiter, was Moserer zu der Behauptung veranlassen könnte, diese DVD-Veröffentlichung sei wie die Tageszeitung von gestern – kalter Kaffee eben. Ein solcher Vorwurf ist freilich schnell entkräftet. PORCUPINE TREE sind schließlich kein DSDSS-Produkt und "Fear Of A Blank Planet" dürfte zumindest auf absehbare Zeit so schnell nicht an Wichtigkeit und Aktualität verlieren, so dass eine Veröffentlichung zu diesem Thema immer lohnt. Vage angekündigt ist auch bereits für irgendwann eine dritte DVD, die dann das komplette "The Incident"-Album im Live-Format enthalten soll, vielfach vorgetragen während der letzten Tour – das wird die Kunst-Diskussion noch auf die Spitze treiben.
Gegenüber der alten DVD fällt tatsächlich eines schnell auf: die Gänsehaut ist lange nicht so dick wie damals bei "Arriving Somewhere…". Dabei gilt "Fear Of A Blank Planet" ja noch als höchst atmosphärisches Werk, insbesondere im Vergleich mit dem neuen Material, das sich zugunsten des Konzepts von Atmosphäre bewusst verabschiedete.
Kunstliebhaber werden aber frohlocken: Endlich das Album mit dem gruseligen Jungen und seinen leeren Augen mit einem weiteren Sinn genießen können, eine weitere Dimension der Wilson'schen Dystopie einer "leeren" Jugend erfahren. Kein Detail wird ausgelassen. Stilecht in kühles Blau getaucht geht es unter den eindringlichen Videoprojektionen Lasse Hoiles vom Titeltrack in den "Sleep Together"-Abspann – erwartungsgemäß gefolgt von "Nil Recurring"-Material, drei älteren Stücken (von "Signify") und gemischten A- und B-Sides von "Deadwing" und "In Absentia".
Nur der von Emotionen, vom Live-Feeling lebende Fan wird in die Röhre schauen. Er schaut zu, wie Wilson und Band ihre eigenen Stücke live interpretieren – in Nuancen etwas anders, zum Beispiel mit partiellen Lead Vocals von John Wesley auf "My Ashes" oder manch anders interpretiertem Riff. Man guckt sich das an, registriert es, genießt es vielleicht auch – mehr passiert nicht.
Selbst die technische Komponente fügt sich hier nahtlos mit ein: Man nimmt jedes Instrument einzeln wahr, alles ist quasi klinisch voneinander separiert und makellos zu verstehen – das ist eben Kunst. Kalte Kunst sogar, was wiederum dem Konzept zuträglich ist, doch das Gefühl eines typischen, mitreißenden Live-Erlebnisses kann sich hierdurch natürlich nicht einstellen.
Ist es also die Überraschungslosigkeit, immer zu wissen, welcher Track als nächstes folgt? Fehlt die Spannung, die sonst hieraus abgeleitet werden kann? Möglicherweise; allerdings hinterlässt die zweite Hälfte des im Oktober 2008 in Tilburg aufgezeichneten Konzertes auch keine emotionaleren Eindrücke, obwohl zwei B-Seiten ("Half-Light", "Drown With Me") für Überraschungen sorgen müssten.
FAZIT: "Schauen Sie Konzerte mit dem Kopf oder mit dem Bauch?" Von der Beantwortung dieser Frage könnte es entscheidend abhängen, ob "Anesthetize" gefällt oder nicht. Es handelt sich um eine schnörkellose, einfache DVD-Veröffentlichung mit einfachem Inhalt. Das Menü ist spröde und starr, die Extras halten sich in Grenzen (nur auf der Limited Edition mit Blu-Ray kann man die Liveprojektionen von Lasse Hoile zu "Way Out Of Here", "My Ashes", "Wedding Nails", "Strip The Soul / Dot Three" und "Nil Recurring" anwählen). Auf der Bühne gibt es keine Fisimatenten wie einen zaubernden Gavin Harrison (auf der "Incident"-Tour führte der Drummer Kunststücke vor), sondern eine geradlinige Live-Darbietung des 2007er-Albums gemeinsam mit ein paar älteren Sachen. Das alles ist sauber gemacht (obwohl sowohl DVD-Bild als auch das spürbar bessere Blu-Ray-Bild noch schärfer hätten ausfallen dürfen), toll performt… aber der emotionale Mensch greift wahrscheinlich doch wieder zur "Arriving Somewhere…"-DVD. Der Rest freut sich auf eine wahrscheinliche "The Incident"-Umsetzung mit dem mutmaßlichen Namen "Time Flies"…
P.S. Die Limited Edition mit Blu-Ray kommt im ansehnlichen Digibook mit eingeklammertem 16-seitigem Booklet, wird aber leider auf der Vorderseite von einem FSK0-Button entstellt, der auch nicht abziehbar ist, sondern fest aufgedruckt.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- DVD:
- Intro
- Fear Of A Blank Planet
- My Ashes
- Anesthetize
- Sentimental
- Way Out Of Here
- Sleep Together
- What Happens Now?
- Normal
- Dark Matter
- Drown With Me
- Cheating The Polygraph
- Half-Light
- Sever
- Wedding Nails
- Strip The Soul / Dot Three
- Sleep Of No Dreaming
- Halo
- Outro
- Blu-Ray:
- Intro
- Fear Of A Blank Planet
- My Ashes
- Anesthetize
- Sentimental
- Way Out Of Here
- Sleep Together
- What Happens Now?
- Normal
- Dark Matter
- Drown With Me
- Cheating The Polygraph
- Half-Light
- Sever
- Wedding Nails
- Strip The Soul / Dot Three
- Sleep Of No Dreaming
- Halo
- Outro
- Blu-Ray Extras:
- Way Out Of Here (Live Film Directed By Lasse Hoile)
- My Ashes (Live Film Directed By Lasse Hoile)
- Wedding Nails (Live Film Directed By Lasse Hoile)
- Strip The Soul / Dot Three (Live Film Directed By Lasse Hoile)
- Nil Recurring (Live Film Directed By Lasse Hoile)
- Bass - Colin Edwin
- Gesang - Steven Wilson, John Wesley
- Gitarre - Steven Wilson, John Wesley
- Keys - Richard Barbieri
- Schlagzeug - Gavin Harrison
- Sonstige - Steven Wilson (Piano)
- Voyage 34 - The Complete Trip (2000) - 6/15 Punkten
- In Absentia (2002) - 13/15 Punkten
- The Sky Moves Sideways (Re-Release) (2004)
- Stupid Dream (Special Edition) (2006) - 11/15 Punkten
- Fear Of A Blank Planet (2007) - 12/15 Punkten
- Nil Recurring (EP) (2008) - 10/15 Punkten
- Lightbulb Sun (CD + DVDA) (2008)
- The Incident (2009) - 12/15 Punkten
- Anesthetize (DVD) (2010)
- Octane Twisted (2012)
- Closure/Continuation (2022) - 13/15 Punkten
- Closure/Continuation. Live. (2023)