Der Name wird niemanden mehr lachen lassen, denn BLUT AUS NORD sind eine ernsthafte Größe im Black Metal geworden. Die Fortsetzung von "Memoria Vetusta" ist ein frühes Stilhighlight des denkerischen Black Metal in diesem Jahr geworden. Sein Sound ist allenfalls dicht genug, um die "true" Basis nicht zu vergraulen, sollte diese sich nicht sowieso auf anderswo in Mode gekommenen Stumpf-Retro-Thrash'n'Roll zurückgezogen haben.

Die ungewöhnliche, teils "schöne" Harmonik (auch die Leads rühren am Herzen) innerhalb nicht selten verstörender Akkordfolgen ergibt einen intensiven Kontrast, mit dem BLUT AUS NORD ihre Bilder und damit sich selbst stark und eigenständig markieren. Die überlangen Stücke fußen nicht auf wiederkehrenden Strukturen, sind eher proteisch und stehen damit am Ende als gewandelt da, obwohl die Verbindung zum Beginn stets schlüssig ist. Dadurch wird "Dialogue" eben nicht zum Akt der Willkür mit aneinandergenähten Ideen ohne Festigkeit. Gewiss: es bedarf der Arbeit auf Hörerseite, das Fleisch der Kompositionen für die Ohren schmackhaft zuzubereiten; ein "Dialogue" ist notwendig, durch den der Rezipient der Kunst des Senders einen Mehrwert angedeihen lässt, diese erst legitimiert. Das hebt die Franzosen auch von der Vielzahl narzistischer "Künstler" innerhalb des Genres ab, die angeblich nur für sich musizieren und damit auch besser nie bei Labels vorstellig werden sollten.

BLUT AUS NORD sind über die Jahre immens relevant geworden und stellen zwischen den gehypten vermeintlichen Genre-Weiterdenkern und der ebenso als fortschrittlich - weil regressiv - angesehenen Nekro-Müllsound-Fraktion die wahre Zukunft des Black Metal dar: technische Beschlagenheit schließt bei ihnen Sterilität hin zum Frickeldeath aus, und der "alte" Spirit erfährt ein Update, ohne das Unwort "sophisticated" mit dem Lineal zu unterstreichen oder erst in den Mund zu nehmen.

FAZIT: "Memoria Vettusta II" reiht sich ein ins variantenreiche bisherige Oeuvre von BLUT AUS NORD, welche keine Stagnation kennen und trotzdem immer stringenter in ihrem Schaffen werden. Die Scheibe enthält unendlich viele mitreißende Momente, ohne mit der Tür ins Haus zu fallen: kein Ambient also diesmal, sondern eine Platte, mit der man auf sehr lange Zeit viel Freude haben und auf Entdeckungsreisen gehen kann - unbedingt anchecken, denn selten ist die Verbindung von Originalität bei gleichzeitig hörbarem Wissen um die Ursprünge im Genre geworden.