ROCK AM RING 2024 | Samstag, 08.06.2024 - Nürburgring

Tag 2: Samstag, 08.06.2024

Drei Großbühnen, deren Aufbau drei Tages- und zwei Nachtschichten dauert und von 135 Bühnenbauern bewerkstelligt wird, mehr als 1500 Meter durchlaufende Lichttraversen, mehr als 52 Kilometer (!) Stromkabel, eine 400 Mann starke Festivalcrew, die sich um das Herrichten und die individuelle Gestaltung der Bühnen für die jeweiligen Acts kümmert, 750 Security-Mitarbeiter, ein Line-Up, das wie das Who-Is-Who der angesagtesten Bands der Szene klingt und eine Location, deren weltberühmte Streckenabschnitte „Hohe Acht“, „Schwalbenschwanz“, „Brünnchen“ und „Bergwerk“ nicht nur Motorsportfans in aller Welt geläufig sind, dazu mehr als 150.000 Besucher, die ein Festival der Extraklasse feiern: das ist Rock am Ring 2024.

Party-Time mit AGAINST THE CURRENT und den INTERRUPTERS

Der Samstag beginnt bei bestem Festival Wetter. Der Wettergott bereitet mit Temperaturen jenseits der 22°C den Fans einen tollen Empfang, strahlende und fröhliche Gesichter wohin das Auge blickt. AGAINST THE CURRENT um Frontlady Christina „Chrissy“ Costanza eröffnen auf der Main-Stage den Reigen der 23 Bands, die an diesem Samstag die Aufgabe haben, das Publikum am Ring zu unterhalten. Der locker-fluffige Pop-Rock der drei US-Amerikaner lockt bereits zu dieser frühen Stunde eine stattliche Menge Ringrocker vor die Mandora, auf der die Party spätestens beim Mega Hit „Legends Never Die“ (ca. 600 Millionen Spoify-Streams) so richtig losgeht und kollektives Abfeiern beobachtet werden kann. THE INTERRUPTERS, die danach die Mikrofone übernehmen, sind ihrerseits immer für einen Abriss gut und so ist es nicht weiter erstaunlich, dass die Band ihren Vorgängern in nichts nachsteht. Ska-Punk aus Kalifornien steht auf dem Programm und „She´s Kerosene“ ist hier nicht nur ein Song der Band, sondern durchaus die Marschrichtung, die das Quartett verfolgt. Eine tolle Show.

Matrix Reloaded: DOGSTAR mit Keanu Reeves und Robert Mailhouse

Danach geht hinunter zur MANDORA-Stage, auf der sich kein Geringerer als MATRIX-Held Keanu Reeves mit seiner Band DOGSTAR angesagt hat. Neben Reeves gibt es am Schlagzeug mit Robert Mailhouse weitere Schauspiel-Prominenz (Days Of Our Lives, Seinfeld) auf der Bühne. Gitarrist der Band ist Bret Domrose, der Gründungsmitglied Gregg Miller im Jahr 1995 ersetzte. Im Jahr 2002 löste sich die Band auf, bevor man Anno 2020 den Entschluss fasste, es noch einmal wissen zu wollen. 2023 erschien das Album „Somewhere Between the Power Lines and Palm Trees“ und neben einigen Festivalauftritten steht im Sommer eine ausgedehnte US-Tour im Kalender. Das Publikumsinteresse ist nicht zuletzt aufgrund der prominenten Besetzung ausgesprochen groß.

Nachdem die Bühne kräftig eingenebelt worden ist, schreiten die drei Musiker zur Tat. Keanu Reeves ist zunächst sichtlich nervös, zumal es hier „live“ keinen zweiten Take gibt. Die Nervosität legt sich dann aber recht schnell, auch wohl aufgrund der Tatsache, dass DOGSTAR bereits nach dem ersten Song „Out Of“ mächtig bejubelt werden und insbesondere der MATRIX-Star von den Fans mit Sprechchören gefeiert wird. Die Band liefert grundsoliden Hard Rock und auch Reeves macht am Bass eine gute Figur. Währenddessen liefern auf der Mainstage die DONOTS einmal mehr den Beweis ihrer Ausnahmestellung als deutscher Alternative Rock-Act der Extraklasse. Von „Auf sie mit Gebrüll“, „Wake The Dogs“ über „Hunde los“ oder „Kaputt“, eine Cover Version des ANTILOPEN-Songs, „Stop The Clock“, in das ein RAMONES Schnipselchen von „Pet Semetary“ eingebaut wird, bis hin zum TWISTED SISTED-Klassiker „We´re Not Gonna Take It“ und dem grandiosen „Whatever Happened To The 80s“ ziehen die Jungs aus Ibbenbüren gekonnt alle emotionalen Strippen und liefern wie immer den perfekten Abriss.

ELECTRIC CALLBOY, PENDULUM und BABYMETAL begeistern

Wer gedacht hatte, dies ließe sich nicht mehr toppen, sieht sich spätestens bei ELECTRIC CALLBOY eines Besseren belehrt. Die Show ist mittlerweile so perfekt und den Jungs aus Castrop-Rauxel so dermaßen gut auf den Leib geschneidert, dass man das Gefühl nicht los wird, dass es im Bereich Metalcore / Transcore, den die Band perfekt beackert, zur Zeit nichts vergleichbares gibt. Die „Tekkno World Tour“ führte die Band mittlerweile einmal rund um den Globus, hier am Ring ernten ELECTRIC CALLBOY die Früchte ihrer Arbeit. Ein grandioser Auftritt, der zu den absoluten Highlights des Wochenendes gehört. Wieder unten an der MANDORA-Stage, gibt es einen weiteren, tollen Gig zu bewundern. PENDULUM aus Perth, Australien, stehen auf der Bühne und liefern einen schmackhaften Mix aus Rock und Elektro-Pop, der sich weitab der ausgetretenen Pfade vergleichbarer Acts bewegt. Frontmann Rob Swire brilliert an seiner Z-Tar, das ist ein Midi-Controller in Form einer Gitarre, der er die schrillsten Klangkaskaden entlockt. Mit „Witchcraft“ und „Watercolour“ beenden PENDULUM ein famoses Konzert und es bleibt zu hoffen, dass vier Musik in nächster Zeit endlich wieder neues Material an den Start bringen.

Weiter geht es mit BILLY TALENT, die auf der UTOPIA im grellen Sonnenlicht ihren Alternative Rock in die Menge feuern. Gleich zu Beginn gibt es mit „This Suffering“ einen der größten Hits der Combo, was der Ring mit orkanartigem Jubel quittiert. Um pünktlich bei BABYMETAL an der MANDORA zu sein, muss ich mich leider nach „Perfect World“ von den Kanadiern verabschieden. BABYMETAL haben es sich im Vorfeld der Show nicht nehmen lassen, Fotoverträge zu verteilen, die die auserwählten Fotografen verpflichten, ihre Fotos vor Veröffentlichung dem Management zur Freigabe vorzulegen, ein Prozedere, das ich bereits von ihrer Show als Support für SABATON kenne. Das Gedränge vor der Bühne ist immens, alle wollen die Kawaii-Metal Band sehen, die auch an diesem Abend mit einer ausgeklügelten Choreografie begeistert. Etwa zur Mitte der Show gibt es Zuwachs auf der Bühne, denn Nico Sallach und Kevin Ratajczak von ELECTRIC CALLBOY geben zusammen mit BABYMETAL ihre gemeinsame Single „Ratatata“ zum Besten, was für den größten Jubel der gesamten Show sorgt.

MARSIMOTO liefert denkwürdige Abschiedsparty

Während GREEN DAY auf der UTOPIA ein gefeiertes Best-Of Set spielen, gibt es zum Abschluss des Tages noch ein Wiedersehen mit MARTERIA, der allerdings in Gestalt seines Alter-Egos MARSIMOTO die Ringrocker heimsucht. MARSIMOTO hatte vor dem Festival verkündet, dass er nach den Shows bei Rock am Ring und Rock im Park nicht mehr zurückkommen will. Ob es dabei bleibt, wird die Zeit zeigen, an diesem Abend jedenfalls spult er eine tolle Show ab, die dem Namen eines seiner Alben („Ring der Nebelungen“) vollumfänglich gerecht wird, da zeitweise die Musiker auf der Bühne die Hand vor Augen nicht sehen können, während die Zuschauer nur wabernden, grünen Nebel sehen. „Heile Welt“ startet den Abend, eine Dystopie der Marke MARSIMOTO, die den Nerv der Zeit trifft. „KI“ steht bei MARSIMOTO für „keine Intelligenz“ und im Laufe des Konzerts wird so ziemlich jedes thematisch heiße Eisen abgepackt. Eine Show, die neben hohem Unterhaltungswert eine gehörige Spur Nachdenken einfordert und den Abend perfekt ausklingen lässt.

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