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Interview mit ATLANTIC (24.07.2024)
Callan Hoy lebt an der irischen Atlantikküste und destilliert aus seiner Wahrnehmung der dortigen Brandung Musik, die stilistisch vom Natur-inspirierten Black Metal ebenso zehrt wie vom Post (Black) Metal, und mit manch melancholischer Passage ein wenig an Fen von der Insel der angelnden Saxen erinnert. Sein zweites Demo "Black Sands" veröffentlichte der Musiker zunächst online, dann über das umtriebige kleine Tape-Label Fiadh Productions als Kassette. Ich ertappte mich dabei, den vier Songs ein ums andere Mal mein Gehör zu schenken – und fand mich stets aufs Neue belohnt. Es sprach also nichts gegen ein kurzes Interview, um ein wenig mehr über ATLANTIC in Erfahrung zu bringen…
Hallo Callan, danke, dass Du dir die Zeit nimmst, uns einen Einblick in dein Musikprojekt ATLANTIC zu gewähren, das stark von der faszinierenden Natur seiner Namensgeberin inspiriert zu sein scheint. Mit welcher Absicht hast du ATLANTIC gestartet, und lebst Du in der Nähe der Küste oder warum hast Du diesen Namen gewählt?
Der Name für das Projekt rührt von der wunderschönen, verwitterten Küste und dem Meer, wo ich wohne, in der Gegend von Galway im Westen Irlands. Alles an der Musik ist für mich von dieser Landschaft und ihrer schönen, rauen Natur inspiriert, und die Liebe, die ich für diesen Ort empfinde, hat das Projekt ins Rollen gebracht.
Du hast die Musik auf Deinem ersten Album "Torrents" als "Cold Atlantic Metal" beschrieben und das Promo-Foto zeigt Dich knietief im - kalten? - Wasser. Ich vermute, dass diese Fotosession nicht nur wegen der nassen Füße denkwürdig war?
Ich bin kein großer Fan von Fotoshootings und sozialen Medien, doch als mir diese Idee in den Sinn kam, musste ich sie einfach umsetzen. Das Foto wurde gegen sieben oder acht Uhr morgens in Co Clare aufgenommen, direkt am Burren, und das Wasser war überraschend warm.
Wenn man bedenkt, dass Du das Meiste, wenn nicht sogar alles für ATLANTIC selbst machst, und wir von einer Demo-Aufnahme sprechen, ist der Sound von "Black Sands" beeindruckend ausgewogen und kraftvoll ausgefallen. Wie viel Erfahrung hast Du mit dem Aufnehmen und Produzieren von Musik und was hältst Du für besonders wichtig, wenn es um den Sound von ATLANTIC geht?
Alle Aspekte der Musik, außer dem Mastering, werden von mir selbst in die Hand genommen. Ich lerne von einer Veröffentlichung zur nächsten, deshalb gibt es normalerweise einen merklichen Qualitätsunterschied zwischen den Veröffentlichungen, da ich aus meinen Fehlern zwischen den einzelnen Veröffentlichungen meine Schlüsse ziehe und bessere Ausrüstung hinzukommt. Bei ATLANTIC geht es vor allem um die Atmosphäre und darum, den Hörer durch die Klänge und die sie auslösenden Gefühle an den Ozean zu versetzen – das ist das Wichtigste, was ich ausdrücken möchte.
Bist Du auch der Meinung, dass Du mit "Black Sands" mindestens einen, wenn nicht sogar zwei bemerkenswerte Schritte nach vorne gemacht hast, wenn es darum geht, Songs zu komponieren, die abwechslungsreicher und kompakter ausfallen?
Ja, dem würde ich zustimmen. Mit jedem Stück Musik, das ich fertig stelle, habe ich das Gefühl, dass ich einen Schritt nach vorne mache, was die Komposition und die Qualität der Songs angeht. Es ist alles ein Lernprozess für mich, und da ich keine offizielle musikalische oder Songwriting-Ausbildung habe, lerne ich einfach während der Arbeit. Wenn ich einen Sound in meinem Kopf habe, tue ich, was ich kann, um ihn lebendig werden zu lassen.
Hast du einen Lieblingssong von ATLANTIC, und wenn ja, was macht ihn für dich besonders?
Den habe ich, doch er ist noch nicht veröffentlicht und soll Teil des kommenden Albums werden.
In den letzten Jahren habe ich immer wieder mit Musikern über eine bemerkenswerte Eigenschaft von Post (Black) Metal gesprochen, nämlich dass diese Musik erhebende und ermutigende Vibes transportieren kann - was sicherlich nicht die erste Eigenschaft des traditionellen Black Metal ist. Auf Deiner Bandcamp-Seite finden wir diese Liner Notes zu "Black Sands": "Eine Geschichte von Verlust und Nostalgie und den damit verbundenen Kämpfen, die durch die Natur und das kalte Wasser des Atlantiks geheilt werden." Zielst Du beim Schreiben neuer Songs auf einen "therapeutischen Effekt" ab oder geschieht das eher nebenbei?
Das Ziel des Projekts ist es, Musik zu schreiben, die meiner Wahrnehmung nach der Atmosphäre der Küste entspricht, also die kalten, stets wehenden Winde, das dunkle Wasser und die Brandungswellen reflektiert, sodass der Zuhörer sich dorthin transportiert fühlt. Dazu braucht er die Texte nicht zu kennen. Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass andere Musik mich an bestimmte Orte führt, und diesen Effekt möchte ich auch mit meiner Musik bewirken.
Wenn ich an irische Bands denke, kommen mir Primordial in den Sinn, deren "Journey's End" ein lebenslanger Begleiter ist, und im 21. Jahrhundert ist God is an Astronaut zu einer meiner Lieblingsbands geworden, und ich schätze, dass zumindest die letztere Deine Musik ein wenig inspiriert hat...?
Ich bin eigentlich kein Hörer von Primordial oder God is an Astronaut, doch vielleicht sollte ich ihnen etwas Zeit widmen. Meine Inspiration wird von Bands wie Agalloch, Solstafir und Lord Huron genährt.
Kannst Du eine weniger bekannte Underground-Band aus Deinem Land empfehlen, die Metal-Fans jenseits von Irland hören sollten?
Sie sind vielleicht nicht weniger bekannt, aber meine irische Lieblingsband ist Altar Of Plagues, ihr Album "White Tomb" hat mich zeitweise inspiriert, und ihr späteres Material ist einfach großartig.
Ich habe "Black Sands" auf dem YouTube-Kanal des Antifascist Black Metal Network entdeckt, und ich nehme an, dass es dort wegen Deiner Sympathie für den Kanal veröffentlicht wurde, da Deine Texte nicht gerade politisch zu sein scheinen?
Meine Texte und die Musik selbst sind nicht direkt politisch, allerdings stehe ich dafür, dass Hass und Ausgrenzung in der Musik fehl am Platze sind. Wie man Musik mit der Absicht produzieren kann, jemanden zu verletzen, scheint mir wahnsinnig.
Was steht als Nächstes für ATLANTIC an und siehst Du eine Chance, Deine Songs eines Tages mit einer Band auf der Bühne zu präsentieren?
Ich schreibe gerade das erste ATLANTIC-Album, und die Aufnahmen dafür sollen im Herbst beginnen. Sobald das Album draußen ist, wird das Projekt auf die Bühne gehen.
Welchen Ort hältst Du für die perfekte Location, um ATLANTIC-Musik zu präsentieren?
Der Bandname verrät es ja schon, die Westküste Irlands oder irgendeine andere, von kaltem Wind gepeitschte Küste, wo das Wasser schwarz ist.