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Interview mit Comaniac (04.07.2017)

Comaniac

Das volle Programm: Album-Kritik, Live-Review und jetzt Interview. Gerechtfertigter Gegenstand der geballten Aufmerksamkeit sind die Schweizer Thrash-Emporkömmlinge COMANIAC, die gerade ihr starkes zweites Album ausgiebig promoten. Knapp und lässig nimmt sich hier Bassist Ray meiner Fragen an.

Servus zusammen, wo immer Ihr gerade unterwegs seid!

Euer Tourplan für diesen Sommer ist recht vollgepackt - soweit ich sehe, seid Ihr in dem Moment, da ich diese Zeilen schreibe, irgendwo in Großbritannien unterwegs. Ist die Tour mit METAL CHURCH die bisher größte für die Band und wie kommt ihr klar mit den alten Herren?

Hi Tobi. Ja, in der Tat läuft momentan ziemlich viel bei uns, aber das wollten wir ja auch so und sind daher sehr zufrieden.

Die Tour mit Metal Church war für uns bisher das Größte was wir gemacht haben, ja. Mit den alten Herren sind wir sehr gut klar gekommen, die waren super entspannt und wir hatten gemeinsam eine großartige Zeit.

Ich hatte das große Vergnügen, Euch live in München zu erleben und habe dabei auch Eure musikalische Oberbekleidung studieren können. Ich erinnere mich an T-Shirts von EVILE, DEATH ANGEL und TOXIK, sowie einen Gitarrengurt mit CORONER-Logo. Ist das ein guter Querschnitt Eurer Einflüsse/Vorbilder/Idole oder fehlt noch jemand wichtiges?

Großes Vergnügen“ klingt doch gut, danke.

Hm, die Einflüsse sind auch etwas unterschiedlich, die von dir genannten Bands mögen aber sicherlich alle von uns. Ansonsten hören wir diverse Thrash-Bands aber auch gerne mal was über den Tellerrand hinaus, was man auf dem neuen Album meiner Meinung nach auch gut heraushören kann.


Comaniac Saiten und Haare

Ich bin wohl zu jung, um wirklich aus Erfahrung sprechen zu können, aber immer wieder höre/lese ich, dass die nationalen/kontinentalen Unterschiede, die in der (Metal-) Musik früherer Jahrzehnte so deutlich hörbar waren und sogar eigene Subgenres definiert haben, immer mehr verwischen. Seht Ihr Euch da noch in einer bestimmten Traditionslinie schweizerischer/deutschsprachiger/europäischer Musik(er), oder ist Euch in dieser Hinsicht die Bay Area genauso nah wie Essen oder Nürensdorf?

Hm, also ich denke, den Thrash könnte man sehr grob sicherlich in Bay Area und deutschen Thrash unterteilen. Wobei sich da die einzelnen Bands dann auch wieder unterscheiden. Soundlich würde ich sagen, dass wir mehr nach den Bay Area-Bands klingen - wobei zum Beispiel Kreator sich ja auch etwas vom deutschen Thrash entfernt haben.

Zu dem Thema noch zwei Fragen:

1. Hat man es als Schweizer Band schwerer als Andere (sorry, wenn ihr das schon zu oft beantworten musstet)?

Musste ich bisher noch nie beantworten daher geht das vollkommen in Ordnung.

Ist ne schwierige Frage aber ich würde mal sagen das es Vor- und Nachteile gibt und man es daher gleich schwer wie Bands von sonst wo hat.

2. Man kann wohl sagen, im Thrash sei (mal mehr mal weniger) ein politisches Moment fest verankert: Wie wichtig ist es Euch, in dieser Hinsicht den Finger in eine der vielen zur Auswahl stehenden Wunden zu legen?

Konkrete politische Statements findet man in unseren Songs nicht, eher Gesellschafts- und Sozialkritik. Das soll nicht schweizerisch neutral sein, viel mehr sollen sich die Leute auch ihren Teil zu den Texten denken.

Auch wenn (noch) nicht Eure Baustelle: Die Terrorwarnung für Rock am Ring und die heftigen und teils umstrittenen Reaktionen von Veranstalter Marek Lieberberg darauf, dass 90.000 Besucher evakuiert werden mussten. Er forderte u.a. Festnahmen von Gefährdern und dass speziell Muslime gegen Terrorismus auf die Straße gingen. Eure Meinung?

So genau habe ich das nicht mitbekommen. Von der Terrorwarnung habe ich gehört, was ich natürlich schlimm finde. Wie sich der Veranstalter genau geäußert hat, weiß ich aber nicht. Wenn Muslime gegen Terror auf die Straße gehen, finde ich das zwar eine schöne Geste, verlangen kann man das aber nicht. Ich muss mich schlussendlich ja auch nicht entschuldigen, wenn z.B. ein Schweizer in Südamerika Mist baut, weil ich da nichts dafür kann, genau wie der größte Teil von Muslimen nicht für den Terror verantwortlich ist.

 

Comaniac_Text

Soweit ich das mitbekommen habe, waren die die Reaktionen auf Euer zweites Album „Instruction For Destruction“ sowohl, was Kritiken, als auch, was die Verkäufe angeht ziemlich überragend?

Was sind Eure Ziele und Pläne für die nahe und fernere Zukunft? Ist COMANIAC inzwischen eine Vollzeit-Beschäftigung für Euch?

Ja, wir sind mit Kritiken und Verkäufen sehr zufrieden und die Band nimmt definitiv viel Zeit in Anspruch. Alle Mitglieder arbeiten reduziert, könnten sich aber ohne einen Job nicht über Wasser halten. In Zukunft möchten wir sicher viel touren und auch die Arbeiten fürs dritte Album haben begonnen. Einen konkreten Termin gibt es dafür aber momentan noch nicht. Längerfristig ist es sicherlich ein großes Ziel, die Band fest zu etablieren.

Jeder muss im Leben mal mehr oder weniger schmerzhafte Kompromisse eingehen, aber gab‘s bei Euch schon einmal ein knallharte „Band oder Leben“-Situation?

Ja, das ist sicher ein stetiger Kampf. Für eine Band muss man sicher bereit sein, sehr viele Opfer zu bringen, aber sie gibt dir halt auch viel, was du dir nicht kaufen kannst.

Zwei Mitglieder von unserem ursprünglichen Line-up haben sich ja sozusagen für das „Leben“ entschieden. Dies geschah aber aus freien Dingen. Sie haben wohl mit der Zeit einfach gemerkt, dass es ihnen zu viel wird, und daher einen Schlussstrich gezogen, was wir ihnen aber auch nicht übelnehmen. Wir pflegen nach wie vor ein gutes Verhältnis zu ihnen und schlussendlich verändern sich Menschen und ihre Prioritäten über die Zeit auch… Das ist wohl wie in einer Beziehung oder allgemein im Leben.

Stichwort Line-up. Wer hat da wen ersetzt und seid Ihr inzwischen zu einer (auch in songwriterischer Hinsicht?) homogenen Band zusammengerückt?

An der Gitarre hat Valentin [Mössinger] Dominik ersetzt und am Schlagzeug sitzt nun Stefan [Häberli] anstelle von Cedric. Ich denke, dass sich die einzelnen Charaktere in der Band momentan sehr gut ergänzen. Früher waren wir einfach 4 Freunde die unbekümmert drauf los musiziert haben und nun denke ich schon, dass das Ganze inzwischen in allen Belangen solider aufgebaut ist.



Was läuft zurzeit in der Musikwelt am falschesten?

Schwierige Frage, klar ist man da und dort unzufrieden. Jedoch begibt man sich ja auch freiwillig ins Haifischbecken und es bleibt einem als Band selbst überlassen, was man tun will und was nicht. Zudem ist eine gewisse Unzufriedenheit in kreativer Hinsicht durchaus auch förderlich.

Und um nicht mit „negativen Schwingungen“ zu schließen: Was war Euer bisher großartigster Bühnenmoment?

Hm, das auf einen Moment zu reduzieren ist fast unmöglich. Highlights waren sicherlich die Album-Release-Shows, ein Konzert in Lausanne (Schweiz), wo die Leute wirklich total abgedreht sind und wir das Konzert gar mehrmals unterbrechen mussten, sowie die gesamte Tour mit Metal Church.

Für mich war sicherlich London ein besonderes Highlight, weil ich da auch selbst schon viele Konzerte besucht habe. Daher hat es mir schon super viel bedeutet, da auch mal auf der Bühne zu stehen. Grundsätzlich find ich es aber immer gut, wenn man auch Leute, die die Band zuvor nicht kannten, von sich überzeugen kann, weil deren Meinung wohl auch ehrlicher und ungefilterter ist.


Comaniac Gitarre

Tobias Jehle (Info)
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