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Carcass - Surgical Steel - Massen-Review

12.09.2013

Carcass "Surgical Steel" CoverKeine Frage - bei einem so aufsehenerregenden Comeback wie dem von CARCASS ist ein Massen-Review Pflicht. 20 Jahre nach "Heartwork" legen die Miterfinder von Subgenres wie Goregrind und Melodic Death Metal "Surgical Steel" vor - ein Album, das auf den ersten Blick wie eine Rückbesinnung auf alte Tugenden aussieht. Das jedoch hat eine Band wie CARCASS gar nicht nötig, das Album ist in vielerlei Hinsicht überraschend. Das zeigen auch unsere Reviews deutlich auf. Während ein Redakteur vor Begeisterung eine Punktzahl auffährt, die für ihn mehr als untypisch ist, grämt sich ein anderer vor Langeweile, während ein Dritter sich das erste Mal überhaupt ausführlicher mit der Band beschäftigt. Letztlich kann man aber guten Gewissens behaupten, dass dieses Comeback alles andere als überflüssig ist.

Review von: Andreas Schiffmann (Profil)

Sie haben den Grindcore in die Pathologie gerollt, dem Death Metal das Rocken beigebracht und abgedankt, bevor sie unwürdig ergrauen konnten. Was man von CARCASS' Wiedervereinigung erwarten durfte, deuteten ausgewählte Konzerte an, zu welchen sich die Band in Bestform zeigte, aber dass ihr Comeback-Album mehr schafft, als den Kenner im besten Fall nicht zu verärgern und letztlich doch kaltzulassen, wagte man kaum zu hoffen. Tatsächlich ist "Surgical Steel" als Fortführung des auf "Heartwork" angedachten Stils jedoch der große Wurf.

Das Intro "1985" gemahnt mit seinen zweistimmigen Harmonien nicht umsonst an Heavy Metal in seiner klassischsten Form: Bill Steer und Michael Amotts Ersatz Ben Ash fideln wie die Teufel, Jeff Walker knatterte nie bissiger, und Jungspund Daniel Wilding vertritt Mitbegründer Ken Owen würdig, indem er dessen unnachahmliche Blasts adaptiert und weiterspinnt. Dies muss er auch, denn komponiert wurde mitnichten nostalgische B-Ware. "Cadaver Pouch Conveyor System" und "The Granulating Dark Satanic Mills" empfehlen sich dank ihrer griffigen Refrains zwar quasi als Nachfolger des Bandhits "Heartwork", während "A Congealed Clot Of Blood" neben "No Love Lost" stehen könnte, doch zugleich haben CARCASS den Überschwang ihrer Flegeljahre wiedergefunden und das hektische Moment der gewollt technischen zweiten beziehungsweise dritten Scheibe mit der Weisheit des Alters kanalisiert. Folglich spielt und arrangiert das Quartett virtuos bis geradezu progressiv (neun Minuten "Mount Of Execution" mit akustischem Beginn und zahlreichen Wendungen sprechen Bände), ohne dass man es ihm anhört. CARCASS klingen frisch und ungezwungen, wobei der Titel "The Thrasher's Abattoir" die Stoßrichtung vorgibt.

Die Gruppe hat sich längst allen stilistischen Bezeichnungen entzogen, hämmert während "The Master Butcher's Apron" sowie "Captive Bolt Pistol" spritzig drauflos und gestaltet "Unfit For Human Consumption" vor als gestaltende Elemente der zweiten Hälfte des Albums vor "316 L Grade Surgical Steel" kompakt, wenngleich ebenfalls nicht ohne Tempowechsel. Unterdessen stößt man auf einige der geilsten Licks und Soli seit Jahren im extremen Metal und weit darüber hinaus, bis der schlicht groovende "Swansong"-Wiedergänger "Intensive Battery Brooding" einen Gabensack zuschnürt, der mit "Non Compliance To ASTM F 899-12 Standard", einer neuen oder ersten Hymne des zynischen intelligenten Death Metal im weitesten Sinn, ein gar nicht verdientes Geschenk an eine im Vergleich überwiegend ideen- und geistlose Szene enthält.

FAZIT: Eine wegweisende Band von einst kehrt zurück und setzt auch wirklich Impulse – wer hätte das gedacht? Die höchste vergebene Punktzahl dieses Schreibers seit Jahren.

14 von 15 Punkten


Review von: Andreas Schulz (Profil)

Manchmal ist es durchaus von Vorteil, wenn man völlig unbelastet an ein Review gehen kann. Denn CARCASS sind in diesem Fall so etwas wie eine Bildungslücke. Klar, den Bandnamen kennt man, aber damals, als man in den 90ern angefangen hatte, sich mit Death Metal zu beschäftigen, blieben die Briten aus nicht näher bekannten Gründen außen vor und auch in den Jahren danach fehlten die Impulse, sich mit dem Schaffen von CARCASS zu beschäftigen. Der Kultstatus allein reichte da nicht. Dass das vielleicht ein Fehler war, zeigte sich, als kürzlich der Titelsong der "Heartwork"-Platte gehört wurde und man feststellte, dass das  ja doch recht geil töne. Nun also das Comeback-Album "Surgical Steel", das überraschend anders ausfällt, als erwartet.

Dass CARCASS mal dem Grindcore frönten, hört man dem Album jedenfalls kein bisschen an. Viel mehr wird hier auf schwindelerregend hohem spielerischem Niveau rockiger Death Metal mit melodischem Thrash Metal gepaart. Zwar ist ein Michael Amott seit 2012 nicht mehr mit von der Partie, trotzdem tönt im Leadgitarrenbereich einiges doch recht schwedisch. Was dazu führt, dass man sich ein ums andere Mal an aktuelle KREATOR oder auch an ARCH ENEMY erinnert fühlt. Ja, schlagt ob dieses Vergleichs ruhig die Hände über dem Kopf zusammen, aber die melodische Komponente ist auf "Surgical Steel" nun mal stark ausgeprägt. Auch die Rhythmusarbeit ist immer wieder eher dem Thrash, als dem traditionellen Death Metal zuzuordnen. Vor allem, wenn man sich die aktuelle Entwicklung im Death Metal vor Augen führt, so klingt "Surgical Steel" über weite Strecken ganz anders, als all das, was das derzeitige Revival mit sich bringt. Was natürlich nichts Schlechtes ist.

Wer jedoch von CARCASS soundtechnisch oldschoolige Räudigkeit erwartet, könnte enttäuscht werden. Das von Colin Richardson produzierte und von Andy Sneap gemixt und gemasterte Album hat einen Sound, der so hochglänzend ist, wie das Chirurgenbesteck auf dem Cover. Wer also auf richig gute, moderne Produktionen steht, kommt hier voll auf seine Kosten. Und wo wir gerade bei Chirurgen sind (und ja, der Vergleich ist abgedroschen, aber zutreffend) – die Gitarrenarbeit und das Drumming sind wirklich so präzise, wie man es von einem guten medizinischen Handwerker erwarten würde. Hier wird die Ausnahmestellung, die CARCASS nachgesagt wird, auch dem Laien eindrucksvoll vor Augen geführt. Der charakteristische Keifgesang schraubt den empfundenen Härtegrad des Albums in Konterkarikatur der melodischen Gitarren nach oben und wenn man das Tempo dann doch mal kräftig anzieht, ist die trotz allem irgendwie luftig wirkende Raserei eines Stücks wie "Noncompliance To ASTM F 899-12 Standard" schon sehr abgepfiffen. Nicht nur wegen der IRON MAIDEN-artigen Leadgitarren entpuppt sich "The Granulating Dark Satanic Mills" als kleiner Hit auf "Surgical Steel" und das vorab veröffentlichte "Captive Bolt Pistol" ist mit der am stärksten ausgeprägten Death-Metal-Schlagseite ebenfalls einer der Höhepunkte auf einem Album, das ansonsten ein gleichbleibend hohes Niveau auffährt.

FAZIT: Auch für CARCASS-Neueinsteiger ist "Surgical Steel" ein gutes, souverän eingespieltes Album, das weit weniger heftig daher kommt, als erwartet. Hinsichtlich der Frage, ob eine weiterführende Beschäftigung mit der Band vonnöten ist, scheint der kürzlich gehörte ältere Song allerdings das stärkere Argument zu sein.

11 von 15 Punkten


Review von: Chris P. (Profil)

Reunions alter Helden sind zwar immer wieder gern gesehen, und es ist dabei immer wieder spannend, in welcher qualitativen und musikalischen Form sich die Bands dann wieder zurück melden. Stilistisch runderneuert? Oder geht's da weiter, wo es zuende ging? Vielleicht wird mit dem zuletzt praktizierten Stil auch wieder gebrochen und zu den Wurzeln zurückgekehrt?

Im CARCASSschen Fall lässt man die zuletzt von sich selbst ach so hochgelobte "Swansong"-Phase überwiegend links liegen und besinnt sich auf ein Zwischending aus "Heartwork" und "Necroticism - Descanting The Insalubrious", wobei man auf den Großteil an Grindcore-Anteilen verzichtet. Stattdessen wird verstärkt auf eine klassische Thrash-/Death-Metal-Mixtur gesetzt, die bis auf ein paar melodische "Heartwork"-Melodien erschreckend wenig musikalisches Ego bietet.

Stattdessen fühlt man sich praktisch albumübergreifend mehr an puristische KREATOR und noch mehr an technische PROTECTOR erinnert, nur mit dem Unterschied, dass die Originale die meist besseren Vorlagen lieferten. Doch von CARCASS-Merkmalen kaum eine Spur. Was anno 2013 bleibt, ist ein steriles, seelenarmes Allerlei aus extremmetallischen Allgemeinplätzchen, das zu keiner Zeit für die Gänsehaut zu sorgen weiß, die seinerzeit die morbiden Riffs von "Corporal Jigsore Quandary" oder beispielsweise das Intro von "Buried Dreams" zu verursachen vermochten.

FAZIT: "Surgical Steel" entpuppt sich als ein überprofessionalisiertes Werk, das tönt, als wäre es auf Flipchartpapier anhand vorliegender Marktanalyse, was der generische Extremmetalfan heuer zu schätzen weiß, entstanden. Und katapultiert sich damit in den Kosmos der totalen Gleichgültigkeit. Solides Handwerk und gutes Songwriting genügen nun mal nicht immer - etwas Feeling gehört schon noch dazu.

6 von 15 Punkten


Review von: Dr.O. (Profil)

Was darf man wirklich erwarten, wenn eine für Legionen von Grindcore- und Melodic-Death-Metal-Bands einst wegbereitende Kapelle nach 18 Jahren ein neues Album ankündigt? Auch wenn die gelegentlich in wechselnden Besetzungen eingestreuten Live-Gigs CARCASS immer irgendwie präsent machten, konnte man nicht immer völlig überzeugen und es machte sich durchaus bemerkbar, dass man mittlerweile in aller Herren Länder wohnte und wahrscheinlich deshalb nicht perfekt aufeinander eingespielt war, eine Tatsache, die besonders bitter ist, wenn man sich die Perfektion in Erinnerung ruft, mit der Walker und Co. in den Neunzigern unterwegs waren.

Durchatmen. Auf dem diesjährigen Neurotic Deathfest in Tilburg waren CARCASS erstmals mit neuer Besetzung und deutlicher Verjüngung am Start. Daniel Wilding ersetzt Drum-Hure Daniel Erlandsson, der sicher mit seinen anderen Bands mehr als ausgelastet ist, während die Position des zweiten Gitarristen neben Gott Bill Steer an das recht unbeschriebene Blatt Ben Ash geht, der noch bei PIG IRON die Sechssaitige bedient. Und bei aller Skepsis im Vorfeld des Gigs überzeugten CARCASS ab der ersten Sekunde und spulten ein Hit-Feuerwerk ab, das eben nur eine Band mit entsprechendem Back-Katalog zustande bringen kann. Und CARCASS waren eingespielt, die Maschine lief treibend und gut geölt, jeder Ton saß und Jeff Walker entertainte durch sein Anti-Entertainment, böse Witze über Hollander und deren Prinzen und seinen furztrockenen Humor. So weit, so gut.

Wie soll aber eine Band, die immer Vorreiter war, nach ewig langer Pause mit neuem Material wieder Anschluss finden in einem Genre, das seine Extreme bis zu Exzess ausgelegt hat? Nun, mit "Surgical Steel" macht man zumindest nichts falsch, weder als Band noch als Hörer. CARCASS machen einfach da weiter, wo sie 1996 aufgehört haben, vielleicht noch einen Tacken härter als auf "Swansong", einem Album, das übrigens deutlich besser als sein Ruf ist.

Nach einem ruhigen Intro eröffnet der heftigste Track das Album wirklich. CARCASS in Perfektion zwischen Grind und Death. Danach kann man getrost ein durchgehend hohes Niveau konstatieren, jeder Song ist sofort als CARCASS erkennbar, gelegentlich meint man Riffs zu hören, die schon auf "Necroticism-Descanting The Insalubrious" oder dem Bestseller "Heartwork" hätten sein können, aber eben nicht waren. CARCASS kombinieren Drive und verblüffend viel Melodie in der ihnen ganz eigenen Weise. Und das ist der Unterschied zu den geschätzt 943 Bands, die sich vergeblich am vermeintlichen CARCASS-Erbe die Zähne ausgebissen haben und nun mit einer lockeren Handbewegung auf die Plätze verwiesen werden. Hier versucht niemand etwas zu imitieren, sondern geht unbeirrt seinen Weg weiter und eröffnet sich mit dem über achtminütigem "Mount Of Execution" sogar noch neue Möglichkeiten, da der Hobby-Blueser Steer hier ein klein wenig die Gitarrenriffs in eben jene Richtung ausschweifen lässt.

FAZIT: Neue Horizonte eröffnen CARCASS nicht mehr, aber wie auch? Bleiben wir realistisch. Aber CARCASS über sich in Perfektion im Selbstzitat ohne sich wörtlich zu zitieren. Und da das Vorleben einmalig und in vielen Fällen unerreicht ist, ist auch "Surgical Steel" genau das, nämlich ein großartiges Album, das sicher nicht so einfach von den Epigonen zu toppen sein wird.

13 von 15 Punkten


Review von: Lothar Hausfeld (Profil)

Re-Union, ein großes Wort – bei CARCASS mischt sich jedenfalls ein unangenehmer Beigeschmack in die Wiedervereinigungssuppe, wenn man sieht, dass mit Jeff Walker und Bill Steer nur zwei Musiker an Bord sind, die schon in frühen Zeiten bei der britischen Legende tätig waren. Gerechterweise muss man CARCASS allerdings zugutehalten, dass sie damit keineswegs alleine sind.

17 Jahre sind seit dem letzten Album "Swansong" vergangen, der kommerzielle Durchbruch und nicht nur für den Kritiker Maßstäbe setzende Meilenstein "Heartwork" begeht bereits seinen 20. Geburtstag in diesem Jahr. Die Erwartungshaltungen an den Neustart waren, nicht nur aufgrund der Tatsache, dass für eine echte Re-Union andere Musiker als Ben Ash (Gitarre) und Daniel Wilding (Drums) nötig gewesen wären, ein wenig diffus. Was soll man von einer Band erwarten, die so lange nicht mehr im Studio war, die zudem selbst die Messlatte mit stilistisch höchst unterschiedlichen Alben sehr hoch gelegt hat?

Die Antwort fällt ebenso diffus aus. Die musikalische Qualität auf "Surgical Steel" stimmt; eingebettet in ein fettes Soundkorsett knüppelt sich die Band durch zehn Death-Metal-Songs (plus Intro), die stilistisch am ehesten in die "Heartwork"-Phase einzusortieren sind, aber eine deutlich thrashigere Ausrichtung besitzen. Allerdings erreichen die Melodien nur selten die Intensität von "Heartwork" – nun gut, irgendwie muss man sich darüber nicht wundern; ein solches Meisterwerk erschaffen 99 Prozent aller Musiker nicht in ihrem gesamten Leben – darf man da erwarten oder gar voraussetzen, dass CARCASS eine solche Leistung zu wiederholen imstande wären?

Die Songs pendeln zwischen Mid- und Uptempo, und mehr als einmal fühlt man sich an aktuellere KREATOR-Alben erinnert – beispielsweise beim hochmelodischen "Noncompliance To ASTM F 899-12 Standard" oder dem abschließenden Longtrack "Mount Of Execution". Keine schlechte Referenz, nicht falsch verstehen bitte, doch angesichts des CARCASSschen Hintergrunds vielleicht doch ein wenig erstaunlich. Und, anders als auf den früheren Alben, gibt es auf "Surgical Steel" keine dramatische Richtungsänderung, sondern allenfalls eine Verfeinerung. Damit wiederum dürfte der gemeine Metalfan keine Probleme haben – Weiterentwicklung ist zwar ein schönes Wort, doch auf Tonkonserve macht man lieber einen Bogen darum.

FAZIT: Musikalisch erstklassig, zeitgemäß ins rechte Licht gerückt, zudem stilistisch auf dem Weg Pfad geblieben, der dem Verfasser dieser Zeilen in der gesamten CARCASS-Historie am besten gefällt: Das britische Skalpell-Quartett macht auf "Surgical Steel"das meiste richtig, vieles sogar richtig gut und manches gar fantastisch. Dennoch, ein leicht fader Beigeschmack bleibt. Wenn man den beim Hören des Albums ausblenden kann, bleibt ein durchweg starkes, melodisches Death-/Thrash-Metal-Album.

11 von 15 Punkten


Review von:  Lutz Koroleski (Oger) (Profil)

CARCASS haben zu ihren Hochzeiten selten Musik gemacht, die mich wirklich begeistert hat. Aus der Grindcore-Phase sind trotz eines gewissen Unterhaltungswertes nur einzelne Riffs hängen geblieben, von der deutlich zugänglicheren "Heartwork" mochte ich dagegen einige Songs. Umso erstaunlicher, dass ich das Comeback-Album nun durchweg richtig gut finde. Die anstrengenden Passagen der Frühphase sind verschwunden, der Sound ist auf Hochglanz poliert, klingt aber trotzdem nicht künstlich und es gibt jede Menge melodische Elemente mit hohem Wiedererkennungswert zu bestaunen. Das beginnt bereits mit dem kurzen, hauptsächlich aus Gitarrenharmonien bestehenden Intro "1985" und setzt sich nach dem garstigen "Thrasher´s Abattoir" mit dem von melodischen Leads und Riffs lebenden "Cadaver Pouch Conveyor System" fort. "A Congealed Clot Of Blood" galoppelt kreatorlich dahin und überhaupt herrscht auf diesem Album eine deutliche Thrash-Schlagseite vor. "The Master Butcher's Apron" überzeugt anschließend mit einem mächtigen Groove-Parts und einigen DEATH-Harmonien, die in der weiteren Folge noch häufiger zum Einsatz kommen. Das Grundriff von "Non Compliance To ASTM F 899-12 Standard" bleibt ebenfalls gut im Ohr. Bis hierhin ist "Surgical Steel" schon ein wirklich gutes Album, doch in der zweiten Albumhälfte brennt die nur zur Hälfte aus "alten" Mitgliedern bestehende Band ein echtes "Hitfeuerwerk" ab. "The Granulating Dark Satanic Mills" macht den Anfang und verfügt über einen unverschämt eingängigen, mitsingkompatiblen(!) Refrain, der zumindest mir seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf geht. Das könnte für einige Fans vermutlich des Guten etwas zu viel sein, ich finde es klasse. In eine ähnliche Kerbe schlägt "Unfit For Human Consumption", auch hier – neben einer garstigen Strophe - ein Refrain mit Ohrwurmqualitäten, der ganz sicher auch live hervorragend funktioniert. "316 L Grade Surgical Steel" pendelt gekonnt zwischen EXODUS-Grooves und melodischem Todesblei, "Captive Bolt Pistol" ist noch mal ein kompakter Uptempo-Thrasher, während beim abschließenden Longtrack "Mount Of Execution" das melodische Strophen-Riff für Freude sorgt. Zu erwähnen ist neben den Songs selbst sicher auch das beeindruckende technische und musikalische Können der Herren Musiker, insbesondere der Gitarren-Fraktion.

FAZIT: Wenig erwartet, aber viel bekommen. "Surgical Steel" überzeugt mit abwechslungsreichem und erstaunlich eingängigem Songwriting, das auch abseits der ursprünglichen Fanbasis auf viele Freunde stoßen sollte. Eines der Extrem-Metal-Highlights des Jahres.

11 von 15 Punkten


Review von: Oliver Schreyer (Profil)

Darauf hat die Welt noch gewartet – die englischen Death Metal- und Grindcore-Pioniere geben sich nach mehr als 15 Jahren die Ehre (egal ob man das selbstbetitelte BLACKSTAR-Album irgendwie mitzählen will oder nicht). Die Erwartungen waren hoch und bereits während der Aufnahmen zu "Surgical Steel" gab es Gerüchte, dass die kommende Scheibe eine Mischung aus "Necroticism: Descanting The Insalubrious" und "Heartwork" werden sollte.

Nein, diese Behauptung entspricht nicht den Tatsachen, denn "Surgical Steel" klingt eher wie eine Mischung aus dem schneidend zynischen Death Metal von "Heartwork" und rockigen, verspielten Klängen von "Swansong". Es mag sein, dass den hohen Erwartungen geschuldet die Platte in den ersten Durchläufen etwas unter den Erwartungen bleibt und der Hörer in diesem Moment mit sich selbst ringt, um herauszufinden, was er erwartet hat.

Zurück auf dem Boden der Tatsachen angekommen, muss man dann wirklich feststellen, dass CARCASS keinen weiteren extremen Schritt wie von "Heartwork" zu "Swansong" wagen, sondern eher in den Zwischenregionen wildern. Das tun sie aber ziemlich gut – das Material klingt unverkennbar nach CARCASS – auch wenn neben Walker und Steer nun zwei neue Musiker an Bord sind. In der Umsetzung ist "Surgical Steel" ziemlich genau das, was sein Titel verspricht: messerscharfe, geile Riffs, rockige Parts, die oft genug mit "Swansong" liebäugeln, dazu viele verspielte, technisch versierte Spielereien, die den Songs noch den gewissen Anspruch verleihen und die Platte auch auf Dauer vielseitig und interessant gestalten. Nicht, dass das Riffing selbst schlecht wäre, aber CARCASS haben hier bereits so ziemlich alles ausgelotet und man hört in den einzelnen Tracks viele bekannte Parts aus den oben genannten Referenzplatten heraus.

Die einzelnen Tracks überzeugen recht schnell auf ganzer Linie und auch wenn man das Gefühl hat, dass die Band ihren Sound nicht unbedingt in die Neuzeit transferiert hat, klingt keiner der einzelnen Songs altbacken. Allen voran das rasende, bereits vorab ausgekoppelte "Captive Bolt Pistol", das schneidende "The Master Butcher"s Apron" oder das für Bandverhältnisse extrem verspielte und vielschichtige "Mount of Execution" – "Surgical Steel" ist ein durchweg hörenswertes Album geworden, das qualitativ keine Wünsche offen lässt und auch auf Dauerrotation nur an Reiz gewinnt.

Abgerundet wird die Platte durch Walkers unverkennbare, markerschütternde Vocals, die ihm keiner nachmacht und die schon immer das I-Tüpfelchen der Musik der Band gewesen und auch heute noch sind. Die Produktion ist der Zeit entsprechend fett, ohne dabei zu steril und anorganisch zu klingen, was dem Gesamtbild der Scheibe gut zu Gesicht steht.

FAZIT: Auch wenn die Band eher einen Schritt zurück geht und das Seziermesser das Gewebe von "Heartwork" und "Swansong" herauslöst, um sie dann wieder zu neuem Leben zu erwecken – "Surgical Steel" ist CARCASS in Hochform. Hier gibt es keine Ausfälle, sondern einfach nur verdammt geilen Death Metal, wie man ihn von den Engländern gewohnt ist. Wer das Vergnügen hatte, eine der letzten Reunion-Shows zu sehen, sollte wissen, was ihn erwartet – denn müde sind die Herrschaften trotz fortgeschrittenen Alters noch lange nicht. Welcome back.

12 von 15 Punkten

Durchschnittspunktzahl: 11,14 von 15 Punkten.

Damit Einstieg auf Platz 16 in den Massen-Review-C
harts.

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Andreas Schulz (Info)