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Shuteen Erdenebaatar & Nils Kugelmann: Under The Same Stars (Review)
Artist: | Shuteen Erdenebaatar & Nils Kugelmann |
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Album: | Under The Same Stars |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Cineastischer Chamber Jazz |
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Label: | Motema Music | |
Spieldauer: | 40:07 | |
Erschienen: | 12.09.2025 | |
Website: | [Link] |
„Das Beste, was man im Moment hören kann!“ (Einschätzung im Kultursender des SWR)
Manchmal möchte man als Kritiker ja die euphorischen Aussagen anderer Kritiker als übertrieben oder etwas maßlos hinstellen – so wie die erwähnte Aussage im SWR Kultur, die gleich mit einem Superlativ aufwartet und als Aufkleber die LP „Under The Same Stars“ von SHUTEEN ERDENEBAATAR & NILS KUGELMANN ziert.
Sogar ein weiteres Zitat aus der Süddeutschen Zeitung ist zu den beiden Gewinnern des 'Deutschen Jazzpreises als Ensemble des Jahres' darauf zu entdecken: „Leidenschaftlich, stürmisch, abenteuerlich und klug“. Doch im Falle von „Under The Same Stars“ treffen diese Beschreibungen tatsächlich im vollen Umfang zu.
Natürlich könnte man für diesen faszinierenden Kammer-Jazz, der hauptsächlich von Piano- und Kontra-Alt-Klarinette- sowie Kontrabass-Spiel lebt, noch weitere Eigenschaften hinzufügen: verträumt, magisch, hypnotisch, cineastisch...
SHUTEEN ERDENEBAATAR & NILS KUGELMANN schaffen das Kunststück, all diese Gefühle beim Hören von „Under The Same Stars“ zu wecken.
Die am 3. Juli 1998 in Ulaanbaatar geborene SHUTEEN ERDENEBAATAR war seit ihrer frühen Kindheit bereits eine hochbegabte Pianistin, die bereits mit sechs Jahren Schülerin des Gonchigsumlaa-Konservatoriums, der bedeutendsten Musikschule des Landes, wird und sich dort zehn Jahre lang täglich zehn Stunden dem klassischen Klavier, der Musiktheorie und der Gehörbildung widmet. Am Ende darf man sie gerne als eine Perfektionistin an den schwarzen und weißen Tasten bezeichnen.
Doch es bedurfte eines Schlüsselerlebnisses, um in ihr, neben der Klassik, eine Leidenschaft für den Jazz zu wecken, wobei Deutschland eine große Rolle spielt, da sie ein vom Goethe-Institut gegründetes Jazzprojekt anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der deutsch-mongolischen diplomatischen Beziehungen besuchte und etwas völlig Neues hörte: den Piano-Jazz von Brad Mehldau, der sie zu der Erkenntnis bringt: „Ich hätte nie gedacht, dass man Klavier so spielen kann. Ich hörte eine neue Sprache, die mein Musikverständnis für immer verändert hat. Ich hörte Freiheit – Raum, die Möglichkeit, Spontaneität zuzulassen.“
Ab diesem Moment ist SHUTEEN ERDENEBAATAR vom Jazz-Virus infiziert und da es in ihrer Heimat keine Möglichkeit gibt, diesen auszuleben, schließt sie ihr Bachelorstudium in klassischer Komposition ab und begibt sich 2018 als 20-Järige nach Deutschland, um endlich ihre Jazz-Affinität ausleben zu können.
Dabei kreuzen sich ihre Wege mit denen des zwei Jahre älteren NILS KUGELMANN, der ein ungewöhnliches, äußerst seltenes Instrument spielt – die riesige Kontra-Alt-Klarinette.
Kugelmann war schon als Kind introvertiert und zog sich offensichtlich in die Musik zurück. Klarinette, Klavier, Kontrabass wurden hierbei seine dauerhaften Begleiter. Mit elf Jahren verfasste er bereits geheimnisvolle Miniaturen, mit fünfzehn Jahren Bigband-Werke, mit sechzehn Jahren komponiert, spielt und dirigiert er für das Sinfonieorchester seiner Schule oder arbeitet gar an Musicals. Ein musikalischer Streber der Extraklasse!
Dann entdeckt er durch Zufall im Internet eine Kontra-Alt-Klarinette und bei seinem Studium in München die Kommilitonin Shuteen, die beide ab sofort der musikalische gemeinsame Mittelpunkt in seinem Leben werden sollen.
Klingt das nicht alles ein wenig märchenhaft?
Oh ja.
Wie viel Wahrheit darin aber steckt, hört man an dem märchenhaften Album „Under The Same Stars“, das sich gleich zu Beginn nicht nur mit dem Spiegelbild auf dem Wasser zufriedengibt, sondern nach dem Spiegel unter Wasser sucht („Mirror Under Water“), sich kurz darauf den winzigen Wundern hingibt („Tiny Wonders“) oder nach den Mysterien inmitten des Waldes sucht („Mystery Of The Woods“), von der Wüste träumt („Desert Dreams“) und sich hoch in den bewölkten Himmel („Maybe The Clouds“) erhebt, ohne dabei seine Erhabenheit auf dem Boden zu lassen, bis über eine Straße, die sich über einem auftut („The Road Ahead“), am Ende die auf dem Album heraufbeschworenen Sterne zu erreichen.
Von genau der gleichen natürlichen Strahlkraft wie die Titel der Stücke ist die Musik von „Under The Same Stars“, was wiederum als Albumtitel all das zusammenfasst, wohin sich die Kompositionen des kreativen Duos bewegen.
Hierbei ist ganz besonders die Atmosphäre eines Meldaus herauszuhören, aber auch die filmische Größe eines Greenway-Soundtracks von Michael Nyman, deren enge Partnerschaft zu einer Reihe hochgradiger avantgardistischer Filme führte, wobei besonders die Musik als eine Mischung aus Minimalismus, Klassik und Pop-Harmonien maßgeblich die Filmmusik revolutionierte.
Gleiches gilt auch für „Under The Same Stars“.
Hier haben sich zwei Musiker zwar nicht gesucht, aber gefunden, um nun gemeinsam Außergewöhnliches hervorzubringen – ähnlich wie sich Greenway und Nyman gegenseitig inspirierten und jeden für sich zu Höchstleistungen auf seinem jeweiligen Gebiet animierte.
Und wen diese immense musikalische Verkopftheit ein wenig überfordern sollte, dem hilft der vierseitige LP-Einleger dabei, die beiden Musiker zu verstehen, die darin ausgiebig auf ihre musikalischen Inspirationen eingehen.
FAZIT: „Under The Same Stars“ des Jazz-Duos (Klavier + Bass und Kontra-Alt-Klarinette) SHUTEEN ERDENEBAATAR & NILS KUGELMANN entfaltet seine cineastische, kammermusikalische und ruhige sowie melancholisch angehauchte Schönheit in ähnlicher Weise wie ein Greenway-Film seine ganze Spannung über den entsprechenden Nyman-Soundtrack aufbaut. Faszinierend für alle, bei denen während des Hörens von Musik noch immer ein einzigartiger wie unvergleichlicher Film im Kopf abläuft.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (20:20):
- Mirror Under Water (4:53)
- Train To Te Past (4:16)
- Tiny Wonders (2:38)
- Mystery Of The Woods (4:50)
- Whispers Beyond Time – feat. Jakob Manz (3:43)
- Seite B (19:47):
- Stars Among Us (4:11)
- What Will Remain – feat. Dalaijargal Daansuren (3:40)
- Desert Dream (3:25)
- Maybe The Clouds (5:10)
- Road Ahead (3:21)
- Bass - Nils Kugelmann
- Keys - Shuteen Erdenebaatar
- Sonstige - Nils Kugelmann (Kontra-Alt-Klarinette), Jakob Manz (Alto Recorder), Dalaijargal Daansuren (Morin Khuur)
- Under The Same Stars (2025) - 12/15 Punkten
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