Ihre zehnten Geburtstage möchten die norwegischen Musik-Projekte JORDJSØ und BREIDABLIK gemeinsam feiern und beschenken sich und uns mit dem Split-Album "Kontraster", das zwei Long-Tracks beinhaltet, die nicht nur Prog-Rock-Liebhaber aufhorchen lassen dürften.

Die erzählerische Rock-Musik von JORDSJØ tönt im wohligsten Sinne handgemacht, Folk-inspiriert und ungezwungen, ganz so, als ob wir den Musikern im Proberaum lauschen dürfen, wie sie knapp 20 Minuten lang hierhin und dorthin stromern und uns auf ihrem Weg durch das lichte Unterholz des Scandinavian Mellow Prog mitnehmen. Wer die Melodien von Landberk, Gösta Berlings Saga, Opeth oder die Klangbilder von Wobbler liebt, der dürfte auch JORDSJØ schnell ins moosüberwachsene Herz schließen. Gitarrist und JORDSJØ-Gründer Håkon Oftung gibt nicht nur sprichwörtlich die Flötentöne vor und spielt bis auf das Schlagzeug alle Instrumente, nimmt sich allerdings stellenweise auch zurück, um in dem abenteuerlichen Long Track z.B. Vogelzwitschern erklingen zu lassen. Die Spielfreude des Duos spiegelt sich in Arrangements, die zum Schönsten gehören, das mir in jüngerer Zeit an die Ohren gedrungen ist. Mikael Åkerfeldt würde diese Musik sicher vom Fleck weg mit großer Begeisterung hören.
Vom träumerischen Electro-Ambient der Berliner Schule bewegt sich BREIDABLIK bereits seit einigen Jahren gemütlich Richtung Prog Rock und feiert nun mit seinem 20-minütigen Stück die sanfte Ankunft in diesem Genre, das mit unüberhörbarer Freiheitsliebe erkundet wird: Hier ist – in aller Ruhe – vieles möglich. Stets mit dabei: Die für BREIDABLIK so typischen, wie kleine Wellen an den Strand spülenden Melodiefolgen gleich einer Musik im steten Fluss. Ähnlich wie bei JORDJSØ besteht auch der BREIDABLIK-Track aus verschiedenen Kapiteln, die nahtlos ineinander übergehen. "Der erste Abschnitt ist von Tangerine Dreams 'Rubicon' und der zweite von Klaus Schulze beeinflusst", so Komponist Morten Birkeland Nielsen, "der Rest des Tracks erklingt im zeitgenössischen BREIDABLIK-Sound." Neben Morten an den Synthesizern ist somit einmal mehr Håkon Oftung an Gitarre, Bass und Flöte zu hören sowie Trond Gjellum am Schlagzeug, und auch hier regiert die reine Musikalität. Die Wende, die das Stück nach einer Viertelstunde nimmt, ist im Hinblick auf zukünftige Aufnahmen jedenfalls vielversprechend, und mir stellt sich die Frage, wann eigentlich jemand aus der norwegischen (Black-) Metal-Szene auf Morten zukommt und eine Zusammenarbeit vorschlägt – da wären sicher auch spannende wie hörenswerte Kontraste möglich.
Mit handgeschriebenen Band-Logos und Albumtitel weiß das auf Vinyl und CD erscheinende Split-Album "Kontraster" auch optisch zu gefallen.

FAZIT: Zwei Long-Tracks von zwei außergewöhnlichen Projekten ermöglichen einen abenteuerlichen Abstecher ins norwegische Hinterland, in dem die Zugehörigkeit zu diesem oder jenem Stil weniger wichtig ist als die Musikalität an sich. JORDSJØ und BREIDABLIK bewerben sich mit "Kontraster" zweifelsohne für den Titel "Split-Album des Jahres" - eine phantastische Scheibe.