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Hats Off Gentlemen It's Adequate: The Uncertainty Principle (Review)

Artist:

Hats Off Gentlemen It's Adequate

Hats Off Gentlemen It's Adequate: The Uncertainty Principle
Album:

The Uncertainty Principle

Medium: CD/Download
Stil:

Progressive Rock

Label: Glass Castle Recordings/Just For Kicks
Spieldauer: 57:32
Erschienen: 28.03.2025
Website: [Link]

Das Duo Malcolm Galloway & Mark Gatland lüftet mal wieder – in nunmehr schöner (so etwa seit 2018) zweijähriger Regelmäßigkeit ihre progressiven Rock-Hüte und etablieren den Prog Rock samt einem immer spannenden (und mitunter gar lehrreichen) Konzept. Sie bleiben sich dabei treu und ihrem adäquaten Ziel, als HATS OFF GENTLEMEN IT'S ADEQUATE auf dem kräutrigen Prog-Boden einen weiteren Samen in dessen immer etwas spröder werdende Erde zu pflanzen, der noch aus den klassischen Siebzigerjahren stammt, auf gilmoursche Gitarren und die typischen Zutaten der Retro-Erinnerungen setzt, die aber gerne auch mal mit viel Akustik daherkommen und flugs in dem einen oder anderen Moment einen deutlichen Jazz-Schlenker („Cause And Effect (But Not Necessarily In That Order)“) wagen. Und gerade diese längeren instrumentalen Phasen machen die Stärke hinter „The Uncertainty Principle“ aus.


Eine weitere Stärke ist wiederum, wie bereits beim Vorgänger „The Light Of Ancient Mistakes“ das 24-seitige sehr schön im Comic- wie Collagen-Stil gestaltete Booklet samt aller Texte. Texte, die bei HATS OFF GENTLEMEN IT'S ADEQUATE immer einem tiefgründigen Konzept folgen und sich kritisch einzumischen versuchen. Dieses Mal geht es um die Physik und die Unschärferelation von Werner Heisenberg, welche 1927 die komplette Quantentheorie durchrüttelte und bewies, dass in allem noch so groß und eindeutige Erscheinenden sich immer noch etwas Unscheinbares verbergen kann, was selbst mit noch so komplexen mathematischen Mitteln nicht darstellbar ist – oder um es in Heisenbergs Worten auszudrücken: „Die Wirklichkeit, von der wir sprechen können, ist nie die Wirklichkeit an sich, sondern eine gewusste Wirklichkeit oder sogar in vielen Fällen eine von uns gestaltete.“ Genauso wie das menschliche Denken und Handeln unberechenbar ist. Hier treffen also naturwissenschaftliche, philosophische und geistige Wissenschaften aufeinander, um sich infrage zu stellen, zumindest wenn sie nicht bereit sind, auch weiterhin Fragen zu stellen – so sicher auch die Erkenntnisse bisher erscheinen.


Schon beim Schreiben über diesen konzeptionellen Hintergrund zu „The Uncertainty Principle“ wird es schwer, das in halbwegs verständliche Worte zu fassen. Der Mut, dies auch in Musik und Text zu vereinen, scheint im Vorfeld fast unmöglich.

Das alles hat den Stoff für ähnlich komplizierte wie nur schwer durchschaubare Prog-Klänge – und zwar solche, wie wir sie im Umfeld von FISH und STEVEN WILSON oder PAIN OF SALVATION und CARPTREE kennen. Und diese begegnen uns auch auf „The Uncertainty Principle“ wieder.


Man darf hiermit HATS OFF GENTLEMEN IT'S ADEQUATE unumwunden bestätigen, dass sie dieses schwere Unterfangen bewundernswert auf „The Uncertainty Principle“ umsetzen, da sie weit ausholen und Gesangs- sowie Instrumentalstücke, die Elemente des Prog- und Art- sowie Jazz-Rock, aber auch elektronischer und zeitgenössischer Musik beinhalten, miteinander vereinen. Zum Ende hin wird sogar mit einer todtraurigen wie nachdenklichen akustischen Ballade mitgeteilt, dass wir uns innerhalb und außerhalb zweier Welten zu bewegen scheinen, die sich schwer vereinen lassen, was allerdings immer dann besser gelingt, wenn man beide Welten hinterfragt: „Waiting between two worlds, waiting to hear the word […] I'm not really brave and I'm not really strong / It's what I wanted you to see...“


Zudem gehen die beiden Musiker im Booklet, wenn sie es für wichtig erachten, zusätzlich neben den Texten auch auf die thematischen Grundlagen oder historischen Hintergründe ein (Hochinteressant ist hierbei besonders das ausführlich beschriebene Geheimtreffen von Werner Heisenberg mit Niels Bohr in Kopenhagen im Jahr 1941 – verewigt auf „Copenhagen“!), indem sie ausführlich beispielsweise den Hintergrund zu „The Ultraviolet Catastrophe“ oder „Copenhagen“ erläutern. Es ist wirklich ein echtes Musik-Ereignis, dieses „The Uncertainty Principle“, für das man sich beim ersten Hördurchgang (bitte mit Booklet in der Hand) viel Zeit nehmen sollte. Zeit, die sich lohnt (und sogar ohne erhobenen Zeigefinger bildet, da sich Galloway und Gatland strikt an historische Fakten halten)!


FAZIT: Das progressive britische Rock-Duo HATS OFF GENTLEMEN IT'S ADEQUATE bleibt sich und ihrer musikalischen Ausrichtung mit einer Mischung aus Gesangs- und Instrumentalstücken, die Elemente des Prog- und Art- sowie Jazz-Rock, aber auch elektronischer und zeitgenössischer Musik miteinander verbinden, auch auf ihrem achten Album „The Uncertainty Principle“ treu, wobei immer auch das auserkorene Text-Konzept eine immens wichtige Rolle spielt. Dieses Mal wählten sich Malcolm Galloway & Mark Gatland hierfür ein besonders schwieriges wie komplexes physikalisches Thema mit historischem und sehr persönlichem Hintergrund: die Entwicklung der Quantenphysik, welche im Jahr 1927 durch Heisenbergs Unschärferelation komplett auf den Kopf gestellt wurde. Da wirkt es schon beeindruckend, wie es HATS OFF GENTLEMEN IT'S ADEQUATE gelingt, dieses umfangreiche Thema dermaßen gewagt und komplex auch zu instrumentieren und (im Booklet) illustrieren. Nicht nur für Physiker, Historiker, Philosophen und Proggies eine spannende Scheibe, die uns zeigt, dass auch die Wissenschaft nicht immer nur der Weisheit letzter Schluss ist, sondern man nie zu forschen aufhören sollte. Wer hier noch ein paar Anregungen in der Aufarbeitung der Corona-Hintergründe entdeckt, liegt ganz bestimmt nicht falsch – aber wer weiß, was uns das nächste Album von HATS OFF GENTLEMEN IT'S ADEQUATE beschert. Spannend wird’s allemal, das ist nach „The Uncertainty Principle“ sicher.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 385x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Certainty
  • Everything Changed
  • The Ultraviolet Catastrophe
  • Copenhagen
  • Cause And Effect (But Not Necessarily In That Order)
  • The Uncertainty Principle
  • Inside The Atom
  • The Think Tank
  • One Word That Means The World (Arkhipov)
  • Between Two Worlds
  • Living With Uncertainty

Besetzung:

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