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Gràb: Kremess (Review)

Artist:

Gràb

Gràb: Kremess
Album:

Kremess

Medium: CD/LP/CD-Book
Stil:

Bavarian Black Metal

Label: Prophecy Productions
Spieldauer: 55:39
Erschienen: 21.02.2025
Website: [Link]

Der Volksmund weiß, dass es erstens anders kommt, und zweitens als man denkt. Diese Erkenntnis trifft auf das von Matthias Jell alias Grànt ersonnene Black-Metal-Projekt GRÀB im besonderen Maße zu. 2021 hatte das damalige Duo mit "Zeitlang" einen hoch atmosphärischen Einstand präsentiert, der klassische Motive wie Waldeinsamkeit und den Heimgang in jener Abgeschiedenheit konzeptionell verdichtete. Derweil zeichnet mit Dan "Gnást" Capp (Wolcensmen, Solstice, ex-Winterfylleth) ein Engländer für die Musik hauptverantwortlich, die auf "Kremess" im Kern weiterhin nordisch inspiriert tönt, und durch etliche Gastbeiträge an Tiefgang und – huch? – Farbe (!) gewinnt.

"Waidler" eröffnet das Album mit kräftigem Mid-Tempo-Black-Metal im Stile von Helrunar und Kampfar, der gleich zu Beginn einsetzende Chorgesang erinnert in seiner rustikalen Unbekümmertheit an norwegische Wandervögel auf dem in den Neunzigern stilprägenden Moonfog-Label, und Grànt macht seinem Künstlernamen alle Ehre, wenn er die Hörerschaft auf den Spuren Lunar Auroras über "a haudiga Weg" führt und "oide Geschichtn" erahnt.


Beim Titelsong lässt es die Band die ersten fünf Minuten gemächlich angehen, um den "Gvatter" mit gebotener Ruhe zu begrüßen – gleichwohl "er wart‘ ned gern", ergo ertönt die Musik schließlich drängender. Was bei GRÀB derweil auf spielerischer Ebene durch den Einstieg von Dan Capp alias Gnást möglich wird, verdeutlicht zum Beispiel das epische Finale des Songs, das mit melodischem Heavy Metal aufwartet: Best of both worlds.
"Kerkermoasta" nimmt mit einmal mehr an "Grátr" erinnernden Riffs Fahrt auf, zwinkert mit sublim durchschimmernden Melodien durchs Unterholz der Sonne der Schlaflosen zu, während die bayerische Prägung dem unablässig Grollenden überlassen bleibt. Nicht umsonst wurde dieser eingängige Song als erste Single ausgekoppelt.


Auch durch das schwarzmetallische Dickicht "Im Hexnhoiz" ertönen von Komalé Akakpo auf dem Hackbrett gespielte Melodien. Vor allem das auf Akustikgitarre und Geige intonierte Interludium lässt aufhorchen, wenn die vermeintliche Idylle von unheimlichem Stimmgewirr durchbrochen wird. Der zum Ende des Songs beschworene "Deife" wird von Gastsänger Thomas Helm (Empyrium, Noekk, Ortnit) ehrfürchtig begrüßt. Der Tribut an den gespenstischen Zauber der frühen Gehenna gelingt "Vom Gråb im Moos" mit vielschichtigen Arrangements, wehmütigen Melodien und Gänsehaut erzeugendem Chorus. Zweifelsohne ein kompositorischer wie spielerischer Höhepunkt des Albums, dessen Ausklang mit Akustikgitarren und Flöten das abendliche Zwielicht feiert. (Der perfekte Ausklang auch für eine Konzertnacht auf dem Prophecy Fest?)
"Deifeszeig" bricht sich im Anschluss daran vergleichsweise rasant Bahn, bevor es im Midtempo mündet und Thomas Helm mit seiner unverkennbaren Stimme erneut für unerwartete Klangfarben sorgt. Garstiger Black Metal? GRÀB hat einiges mehr zu bieten!
Wie bereits auf dem Debüt steuert Markus Stock auch dieses Mal ein kurzes Instrumental bei, intoniert auf Hackbrett und analogem Synth, und auch hier schielen Peter Bjärgö und Kristian Vikernes verstohlen hinter einem Baumstamm hervor.
"Da letzte Winter" beschließt das Album als epischer Long Track und Grànts weltabgewandte Darbietung weckt Erinnerungen an sein früheres Wirken bei Dark Fortress. Gleichwohl es sich bei "Kremess" nicht um ein Konzeptalbum wie "Zeitlang" handelt, umweht alle Kompositionen eine Ahnung des Unabwendbaren, und der Bandgründer hat es sich nicht nehmen lassen, in zwei Liedern ein eigens geschriebenes Märchen zu vertonen. Ohne diese persönliche Note wäre "Kremess" ein grundsolides Album, doch weil sich hier jeder Musiker mit Haut und Haar einbringt, entpuppt sich das zweite Album als erstaunlich abwechslungsreicher Leichenschmaus, der längst nicht nur vom nordischen Black Metal zehrt.


"Kremess" erscheint auf schwarzem und "kristall-klarem" Vinyl, sowie als Digipak-CD und als 2-CD-Artbook mit einer kurzen Instrumental-Version von "Waidler", gefolgt von enorm gelungenen Interpretationen zweier Burzum-Stücke. Während "Schaug‘ de Himmesdechta" schwarzmetallisch tönt, wird die "Leere" mittels analogem Synth und Hackbrett realisiert, was dem finsteren Stück eine Anmutung früher Arcana-Aufnahmen verleiht – mit einem Wort: magisch. Atmosphärisch dazu passend lädt das Artbook mit zahlreichen märchenhaften Fotografien von Schwadorf sowie ebensolchen Illustrationen von Benjamin König, nicht zu vergessen den poetischen Texten und ihren Übersetzungen ins Englische, zum Betrachten und zum Schmökern ein. Nicht nur wegen der Cover-Versionen erinnert dieses Buch ein wenig an das Digibook von "Filosofem", und führt die Hörerschaft tiefer in das von Nebelschwaden umhüllte Waldreich, in welchem wir u.a. jenen "trollischen" Gestalten im Zwielicht begegnen, die Ulver einst auf "Bergtatt" ins unwirkliche Leben riefen – und die rein gar nichts mit den fröhlich überdrehten Karikaturen gemein haben, die um die Jahrtausendwende im Pagan Metal auftauchten.

FAZIT: GRÀB wächst mit dem zweiten Album "Kremess" über die mit "Zeitlang" gesetzte Marke hinaus und etabliert sich als Band, die sowohl mit ihrem Studio- wie auch mit ihrem Live-Line-Up noch intensiver genau das umsetzt, was Grànt seit der Gründung vorschwebt: Black Metal nordischer Prägung der Neunziger Jahre mit bayerischem Kolorit. Dass uns nun ein musikalischer "Leichenschmaus" vorgesetzt wird, ist hoffentlich kein Fingerzeig auf den Heimgang der Band, der nach diesem Album noch mehr zugetraut werden darf als zuvor. Es müsste schon mit dem "Deife" zugehen…

Disclaimer: Auf eine Punktewertung wird an dieser Stelle aufgrund freundschaftlicher Bande zu Musikern sowie ehemals geschäftlicher Bande zu GRÀB verzichtet.

Thor Joakimsson (Info) (Review 746x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Waidler
  • Kremess
  • Kerkermoasta
  • Im Hexnhoiz (A Weihraz-Gschicht, Kapitel Oans)
  • Vom Gråb im Moos (A Weihraz-Gschicht, Kapitel Zwoa)
  • Deifeszeig
  • Waldeinsamkeit
  • Dà letzte Winter
  • Bonus-Tracks (CD-Artbook):
  • Waidler (gschmeidig)
  • Schaug' de Himmesdechta
  • Leere

Besetzung:

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