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Various Artists: Heavy Kraut! - Wie der Hardrock nach Deutschland kam (1970 – 1976) – Teil 1 (Review)

Artist:

Various Artists

Various Artists: Heavy Kraut! - Wie der Hardrock nach Deutschland kam (1970 – 1976) – Teil 1
Album:

Heavy Kraut! - Wie der Hardrock nach Deutschland kam (1970 – 1976) – Teil 1

Medium: Do-CD
Stil:

Krautiger Hardrock der 70er-Jahre aus Deutschland

Label: Bear Family Records GmbH
Spieldauer: 136:04
Erschienen: 02.02.2024
Website: [Link]

Man kann den ambitionierten, extrem in die Tiefe gehenden und zugleich so reichhaltig und opulent ausgestalteten „Kraut!“-Zusammenstellungen aus dem Hause Bear Family Records gar nicht genug Hochachtung entgegenbringen und auch weiterhin darauf hoffen, dass diese Serie immer wieder eine Fortsetzung findet.
Nun also ist nach den vier Teilen von „Kraut! - Die innovativen Jahre des Krautrock“ und den zwei Teilen von „Ost-Kraut! - Progressives aus den DDR-Archiven“ das 'Heavy Kraut' mit „Heavy Kraut! - Wie der Hardrock nach Deutschland kam (1970 – 1976) – Teil 1“ an der Reihe.


Tiefgründig werden hier die Anfänge des (recht komplexen und eben krautigen, aber auch mit vielen Hindernissen in puncto Produktion, Labels und Tonregie behafteten) Hardrocks, die von Deutschland ausgingen, beschrieben, wobei sich für die Booklet-Texte Dr. phil. Frank Schäfer, ein in Braunschweig geborener Metal-Experte sowie Buchautor aus dem Westen Deutschlands verantwortlich zeigt, der gerne auch mal den einen oder anderen (bösen) Seitenhieb in Richtung Progressive Rock austeilt, was er sich in diesem Rahmen durchaus hätte sparen können, da eine Aufwertung der einen musikalischen Ausrichtung durch die Abwertung der anderen nicht unbedingt von Toleranz und Größe zeugt. Zudem spricht Schäfer in seinen einleitenden Worten von der Bundesrepublik und deren Musik und spart damit die DDR komplett aus. Ein Fehler, wie man dann an der Musikzusammenstellung des Samplers im Rahmen der zweiten CD feststellen muss.

Doch trotzdem gilt eindeutig: Auch dieses Mal erfüllt der Kraut!-Sampler alle bis dato gesetzten hohen Ansprüche, die bei dem hochinformativen (deutschsprachigen) Booklet (das man bei 96 Seiten Umfang gerne auch schon als Buch bezeichnen kann), setzt sich in dem gelungenen Remaster der chronologisch angeordneten Songs auf beiden CDs fort und endet bei dem (oftmals) geschickten Händchen im Rahmen der Auswahl der insgesamt 29 Stücke, die nicht etwa die erfolgreichsten der jeweiligen Bands sind, sondern eher rare, aber trotzdem größtenteils absolut hochwertige Songs. Oder um es so zu sagen: Wer beispielsweise von BIRTH CONTROL „Gamma Ray“ erwartet, bekommt stattdessen „Pandemonium“...


...oder wer von der Ostrock-Legende PUHDYS mit ihrem damaligen Klassiker „Türen öffnen sich zur Stadt“ oder „Geh zu ihr“ (dieser vermeintliche Sex-Bomben-Song, bei dem man seinen „Drachen steigen“ lassen soll) erwartet, muss sich mit dem großartigen, aber leider auf der ersten PUHDYS-LP mit bei den BEATLES geklauten 'Rubber Soul'-Cover-Artwork plus Schriftart (1973) untergegangenen „Vineta“ zufriedengeben.

Und hier sind wir dann auch schon bei der dicksten Überraschung des Samplers, denn auch die DDR wurde dieses Mal nicht übersehen oder von den westlichen Zusammenstellungen separiert. Denn die legendäre DDR-Band PUHDYS, deren ehemaliger Kopf DIETER BIRR aka MASCHINE gerade als 80-Jähriger mit seinem Solo-Album „Mein Weg“ jede Menge von sich reden macht und noch dazu die deutschen Charts erobert, wurde mit dem hart nach DEEP PURPLE rockenden „Vineta“ von ihrer ersten LP (1973) berücksichtigt.
Nur gerade bei diesem Song stößt einem als ehemaligen DDR-Bürger dann doch der Schäfer-Begleittext dazu übel auf. Denn in „Vineta“ geht es um „Hass und Neid, Stolz und Überhebung“, Eigenschaften, die alles zum Untergang bringen (in Ost wie West) und nicht um das 'Schweinesystem des Kapitalismus'. Aber schön, wenn man seine Klischees und Vorurteile im Wessi-Ossi-Stil auch weiterhin aufrechterhalten muss, dann dichtet man im Falle des Booklet-Textes selbst diesem Song eine Sozialismus-Lobpreisung hinzu und endet tatsächlich mit der unpassenden Feststellung: „So lässt man sich gern ideologisch schulen.“


Also – in diesem Ausnahmefalle gilt: Geiler Song, blödsinniger Booklet-Text dazu mit westlicher Deutungshoheit von Dr. phil. Frank Schäfer, der übrigens an anderer Stelle vom Eclipsed-Magazin (März 2024) für seine 'kenntnisreichen' Booklet-Ausführungen über den grünen Klee gelobt und sogar noch auf sein Buch „Heavy Kraut“ (nunmehr auch durch uns) verwiesen wird.

Und diese DDR-Überraschung setzt sich dann doch tatsächlich mit ELECTRAs „Bemühe Dich“, dem – neben „Vineta“ von den PUHDYS –, einzigen DDR-Song des Samplers, fort. Leider fehlen, wenn man schon die DDR für solch einen aussagekräftigen Kraut!-Sampler mit einbezieht, zwei der wichtigsten Bands dieser Zeit: UVE SCHIKORA mit dem fantastischen „Das Gewitter“ (1972) einerseits – und dass andererseits die KLAUS RENFT COMBO fehlt, ist unverzeihlich. Noch dazu hätte man bei diesen beiden Bands über die versteckten Kritiken der Texte an der DDR sprechen können, wenn beispielsweise im „Gewitter“ die Schwalben verkünden, dass im Westen die Wolken aufziehen, um die ausgebrannten Wälder im Osten mit ihrem Guss zu retten...


Und noch etwas: Würde man ein Ranking für diesen Sampler erstellen, wären gerade alle drei deutschsprachigen Songs (mehr findet man auf dieser Doppel-CD nicht) – also die beiden aus der DDR und die herrliche von CINDY & BERT (Ja, genau die beiden extrem beliebten West-Schlager-Barden) unter dem Titel „Der Hund von Baskerville“ (1971) ins Deutsche übertragene BLACK SABBATH-Nummer „Paranoid“ ganz weit vorn!

Es gibt viel zu entdecken und zu lesen und leidenschaftlich in der Vergangenheit des krautigen Hardrocks zu schwelgen. Mal wieder eine musik-historische Meisterleistung, auch wenn – wie allgemein längst gewohnt – der Ostteil wieder zu kurz kommt, aber dankenderweise auf „Heavy Kraut! - Wie der Hardrock nach Deutschland kam (1970 – 1976) – Teil 1“ nicht gänzlich unter den Tisch fallen gelassen wurde.


FAZIT: „Heavy Kraut! - Wie der Hardrock nach Deutschland kam (1970 – 1976) – Teil 1“ ist der Start der zweiteiligen Doppel-CD-Dokumentation von BEAR FAMILY RECORDS mit jeweils einem etwa 96-seitigen illustrierten Begleitbuch, das die Anfänge des Hard Rock in Deutschland West (umfangreich) und Ost (spärlich) beschreibt und aufzuzeigen, welche Rolle Rockmusik aus Deutschland in den Siebzigerjahren auf die Weltkarte des Genres spielte. Auf Teil 1 sind neben ASTERIX, LUCIFER'S FRIEND, THE SCORPIONS, ELOY, TWENTY SIXTY SIX AND THEN, JANUS und weiteren 21 westdeutschen Bands auch aus der DDR die PUHDYS und ELECTRA vertreten.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2300x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
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  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • CD 1 (65:42):
  • ASTERIX Look Out
  • LUCIFER'S FRIEND In The Time Of Job When Mammon Was A Yippie
  • NEW LORDS Fly Little Jeannie
  • MESSAGE Smile
  • SILBERBART Chub Chub Cherry
  • TOAD Stay!
  • WIND What Do We Do Now?
  • BIRTH CONTROL Pandemonium
  • HAIRY CHAPTER You've Got To Follow This Masquerade
  • LIGHT OF DARKNESS Movin' Along
  • ELOY Eloy
  • MEGATON Coo Cookie Choo
  • WEED Sweet Morning Light
  • CD 2 (70:22):
  • THE SCORPIONS In Search Of The Peace Of Mind
  • FRAME If
  • NIGHT SUN Crazy Woman
  • BACKWATER PARK Mental Black
  • TWENTY SIXTY SIX AND THEN At My Home
  • GIFT You'll Never Be Accept
  • JANUS I Wanna Scream
  • TIGER B. SMITH Tiger Rock
  • KING PING MEH Come On It
  • PUHDYS Vineta
  • CURLY CURVE Queen Of Spades
  • BLACK MASS Spread Your Wings
  • ELECTRA Bemühe Dich
  • LADY On The Road
  • DIRK STEFFENS Things And Thoughts

Besetzung:

Interviews:

  • keine Interviews
Kommentare
Thomas
gepostet am: 19.04.2024

THE SCORPIONS oder auch Accept, Warlock (hier nicht aufgeführt) haben in meinem Umfeld nie unter 'Kraut' firmiert.
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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