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Tinie Creatures: Sleepless (Review)
Artist: | Tinie Creatures |
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Album: | Sleepless |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | New Art Rock, Dreampop, Singer/Songwriter |
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Label: | Distrokid | |
Spieldauer: | 36:10 | |
Erschienen: | 23.08.2024 | |
Website: | [Link] |
„Obwohl die TINIE CREATURES ein Kölner Projekt sind, hat das mit Karneval nichts am Hut. Das kommende Album ist eher etwas für empfindsame Schöngeister mit einem Hang zum Kitsch. Mögen wir wohl.“ (Fazit unseres Kollegen König in einer News zu „Sleepless“ von TINIE CREATURES)
Des Menschen größtes Problem in der fortschrittlichen Zeitenrechnung und der alltagshektischen Moderne ist die Schlaflosigkeit, die einen quält und dazu beiträgt, dass einen der eigene Körper mehr und mehr im Stich lässt. Doch nicht nur das. Dieses qualvolle Gefühl, das längst als symptomatisches Krankheitsbild in unserer Gesellschaft medizinisch zu bekämpfen versucht wird, ist auch im Rahmen der Kunst und Musik ein immer wieder gern gewähltes Thema, wenn es darum geht, ganz universelle Schrecken des Alltags abzubilden, die uns den Schlaf rauben – genauso wie dies TINIE CREATURES auf ihrer aktuellen LP „Sleepless“, die sich zugleich mit einem bedrückenden Cover darstellt, tun.
Und auch solche Titel wie „War“ oder „Fire“ und „House With Crooked Windows“ verweisen bereits auf Situationen, welche unsere Schlaflosigkeit wortwörtlich anfeuern – und gegen die leider keine Schlaflabore Abhilfe schaffen. So gesehen verschaffen einem korrupte und brutale Menschen ohne Gewissen, denjenigen, die empfindsam und sensibel sowie gewissenhaft sind, diese Schlaflosigkeit, weil man weiß, dass man Kriege und Gewalt sowie idiotische Politik nicht einfach wegträumen kann!
Ein Blick auf das der LP beiliegende LP-große Textblatt gibt poetisch wie lyrisch, aber auch klar positionierend eine Antwort auf diese eine Frage, welche dem gesamten Album innewohnt: Was bereitet mir schlaflose Nächte?
Hinter den TINIE CREATURES verbirgt sich der Kölner Schauspieler (z.B. als glatzköpfiger Nazi in dem beeindruckenden 2015er-Film „Als wir träumten“ von Andreas Dresen)...
...Musiker und Singer/Songwriter Thomas 'Tom' Brandt (von 2017 bis 2024 Kopf von BELITZKI), der wohl auch seine eigene Schlaflosigkeit auf seinem Debüt-Longplayer als TINIE CREATURES zum konzeptionellen Thema macht.
Mit diesem Thema und der dazugehörigen Musik, überzeugt er nicht nur unseren Kollegen König (übrigens auch ein absoluter Literatur- und Film-Experte), der zu diesem Debüt-Album des schauspielernden Musikers oder eben musizierenden Schauspielers seine klare Einordnung findet, indem er zu dem hier bereits im Eingang der Review zu findenden Zitat ergänzt: „'Sleepless' ist eine ansprechende Mixtur aus Dream-Pop, New Art-Rock und gefühligem Singer-Songwriter-Gestus.“
Ganz genau das ist es. Aber mit Texten, die eben nicht verträumt oder liebesfaselnd daherkommen, sondern sich mit dem Krieg und im Grunde allem, was eher Albträume verursacht, beschäftigen.
Ein besonderer Reiz geht zudem von Brandts variabler Stimme aus, die oft als Kopfstimme daherkommt, aber auch die tiefen Töne beherrscht. Aber auch Sprechgesang liegt Brandt, wenn er in einem der Song-Highlights „House With Crooked Windows“ im besten JEFF BUCKLEY-Stil seinen bedrückenden Text zur Gitarre vorträgt und dazu dann sogar noch eine Trompete einsetzt, die einen in ihrer ganzen Melancholie mitreißt: „Across the border / way through the cold / there's a house with crooked windows / now they burned it down / with it's freshly painted door / it was my home.“ (Jenseits der Grenze / durch die Kälte / steht ein Haus mit windschiefen Fenstern / jetzt ist es abgebrannt / mit seiner frisch gestrichenen Tür / es war mein Zuhause.)
Überhaupt sind die Trompeten, welche spätestens in „War“ gar offensichtliche CALEXICO-Erinnerungen wecken, eine wahrhafte Bereicherung für das Album, dem so eine echt musikalische Vielfalt eingehaucht (oder in diesem Falle besser 'eingeblasen') wird.
Ähnlich verhält es sich mit Brandts Gesang, der mal im Kopfstimmenbereich, aber auch den Tiefen und Mitteltönen seine eindrucksvolle Entfaltung findet – dabei sogar in den hitpotenziellen Momenten etwas an Marian Gold von ALPHAVILLE erinnert – und noch dazu in gewissen Momenten durch die singende Bassistin Freda Ressel ergänzt wird.
Brandt spielt mit seiner Stimme ebenso wie mit seiner Gitarre, wobei er in seinen allerbesten Momenten gar einem JEFF BUCKLEY nicht etwa nur nachzueifern versucht, sondern als (schauspielernder) Musiker gar dessen Aura zu vermitteln versteht, womit er gerade beim letzten Song „In The Middle Of A Bottomless River“ absolut besticht.
Häufig greifen TINIE CREATURES auch das Thema Tod auf, das schon ausgiebig bei dem Titelsong beginnt und sich in „Fire“ und sogar „On The Dancefloor“ fortsetzt, um am Ende in „When They Lay Me Down“ mit der Frage abschließt, was man wohl hinterlässt, nachdem man den letzten Atemzug getan hat: „Rolling into the cold / right now / what would I leave here when I'm gone / when they lay me down“.
So hinterlässt vielleicht gerade dieses Album von TINIE CREATURES beim tiefgründig zuhörenden Musikfreund tatsächlich so einiges an „Sleepless“-Momenten, weil Musik und Text, lässt man sich nur intensiv darauf ein, eindringlich zu berühren verstehen.
FAZIT: Nachdenklich und bedrückend lässt uns „Sleepless“ von TINIE CREATURES – das musikalische Projekt des Schauspielers und singenden Multiinstrumentalisten Thomas Brandt – an den Folgen und Gründen unerträglicher Schlaflosigkeit teilnehmen, die sich textlich um Krieg, Verzweiflung, Entfremdung, Flucht, Tod und welche Rolle man in diesem Umfeld spielt, fast traumwandlerisch drehen. Dabei kommt Brandt in den bedrückendsten wie beeindruckendsten Momenten atmosphärisch wie musikalisch der Tragik eines JEFF BUCKLEYs verdammt nahe, aber auch durch den (leider etwas zu spärlichen) Einsatz einer Trompete blüht eine düstere CALEXICO-Aura auf, die einen aus den vielen melancholischen Musikmomenten immer wieder Richtung Licht holt, selbst wenn man nach der passenden Finsternis sucht, um endlich Schlaf zu finden.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (20:02):
- Sleepless (4:29)
- Sidewalk (3:36)
- When They Lay Me Down (3:30)
- On The Dance Floor (4:45)
- House With Crooked Windows (3:42)
- Seite B (16:08):
- War (3:27)
- Fire (4:02)
- Rain (3:41)
- In The Middle Of A Bottomless River (4:58)
- Bass - Bertin Wagner, Freda Ressel
- Gesang - Thomas Brandt, Freda Ressel
- Gitarre - Thomas Brandt, Bertin Wagner
- Keys - Thomas Brandt
- Schlagzeug - Thomas Brandt
- Sonstige - Bertin Wagner (Trompete)
- Sleepless (2024) - 12/15 Punkten
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