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Philipp Eisenblätter: Rom (Review)
Artist: | Philipp Eisenblätter |
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Album: | Rom |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Deutsch-Rock, Folk, Singer/Songwriter, Blues |
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Label: | Grundsound/Indigo | |
Spieldauer: | 36:47 | |
Erschienen: | 13.09.2024 | |
Website: | [Link] |
Wer sein Album „Rom“ nennt und noch dazu ein deutscher Musiker ist, der weckt natürlich gleich zwei Begehrlichkeiten – die eine bezieht sich auf die wunderschöne italienische Hauptstadt, deren Historie und Kultur unvergleichbar sind, und die andere auf die megaoptimistische Weisheit: 'Alle Wege führen nach Rom', man also im Grunde immer ankommt, so lange man nicht aufgibt.
Setzt man sich dann auf dem gemalten Album-Cover das Kolosseum künstlerisch geschickt wie eine Krone auf den Kopf, dann kann das als Duisburger Junge einerseits etwas mit einer Form von Größenwahn oder heißer Italienliebe oder auch grenzenlosem Optimismus im Rahmen unserer Musiklandschaft zu tun haben.
Eine Musiklandschaft, die PHILIPP EISENBLÄTTER mit seinem deutschsprachigen „Rom“-Album bereichert, wobei ganz intensiv auch der bekannte Musiker STOPPOK beiträgt, der dieses Album nicht nur produzierte, sondern zugleich eine Vielzahl von Instrumenten darauf einspielte. Und dass sich die Musik eines STOPPOK mit der eines PHILIPP EISENBLÄTTER durchaus sehr ähnlich ist, ist natürlich die logische musikalische Dialektik, die im Falle von „Rom“ rundum zutrifft.
Und selbst wenn ein Song „Teil von dir“ heißt und sich um ein Liebesthema dreht, dann könnte gerne auch die Parallele zwischen dem altgestandenen und dem sich neuorientierenden, jungen Musiker gemeint sein.
Doch es gibt auch einige Unterschiede – und die liegen in erster Linie in der Eisenblätter-Stimme (selbst wenn er die gerne mal im Stoppok-Stil intoniert) und in den Texten seiner Songs (die leider nicht auf der LP abgedruckt wurden), welche nicht ganz so in die Tiefe gehen wie bei einem oft unerbittlich den Finger in die Zeitgeist-Wunde legenden STOPPOK, der übrigens langsam Richtung 70. Geburtstag steuert, was man ihm im Entferntesten nicht anmerkt, wofür so gesehen kurioserweise auch dieses herrlich modern klingende und von ihm produzierte sowie an mehreren Instrumenten mit eingespielte „Rom“-Album ein überzeugender Beweis ist.
Jedenfalls kommen einem bei „Rom“ zugleich ELEMENT OF CRIME sowie WOLF MAAHN oder auch KEIMZEIT viel häufiger in den Sinn, als der ihn ständig begleitende STOPPOK, der selbstverständlich auf dem Album jede Menge tiefe Spuren hinterlässt. Und das muss Absicht sein, denn so bewahrt sich Eisenblätter eben seine eigene Art, ohne den Verdacht zu wecken, er sei nur das Abziehbild seines namhaften Mentors, was schließlich zu einer „Schockschwerenot“ führen würde. Gerade die orgelt sich dann herrlich durch die guten alten Siebziger und verbreitet ein wenig bluesige Depri-Stimmung: „Schockschwerenot leb' ich noch? Oder bin ich schon tot?“ Na ja, der Song klingt auf jeden Fall trotz aller Melancholie verdammt lebendig...
Auffällig immer wieder ist auch der etwas nuschelige Gesang, der beispielsweise in „Sucht“, einem ähnlichen, sich dieses Mal sogar etwas psychedelisch ausgerichtetem Stück, auf seltsam verzerrte Gitarren trifft und sich in flirrenden Sixties-Klängen verliert. Süchtig wird man von dem mit fünfeinhalb Minuten längsten Titel zwar nicht, aber es vermittelt durchaus ein angenehm rückwärtsgewandtes Musikgefühl.
Mit dem Wiederauftauchen des „Duisburg“-Liedes, mit dem sich Eisenblätter vor einigen Jahren viel Respekt und Aufmerksamkeit in der Region, die Eisenblätter laut eigener Sangesaussage niemals endgültig verlassen würde, verschaffte, belebt er erneut das Lokalkolorit – obwohl einem das Original doch deutlich authentischer vorkam. Die Absicht dahinter ist logisch, denn „Rom“ entstand während der finsteren Corona-Zeiten, in denen alles, was so selbstverständlich erschien, plötzlich wegzubrechen schien – und man mit ganz anderen Augen sogar auf seine, plötzlich leergefegten, zwangsevakuierten und von der Politik erzwungen leergeräumten Städte blickte, in denen das Leben wie ausgestorben erschien und ein Song wie das „Duisburg-Lied“ eine völlig neue Bedeutung erhielt.
Der Schönheit und Leidenschaft bzw. Liebe zu der Stadt, die bei Eisenblätter einen neuen Blickwinkel erhält, indem sie größtenteils die zwar benachteiligten, aber trotzdem durchaus glücklichen Bewohner und Außenseiter dieser Stadt präsentiert, beleuchtet und portraitiert, bleibt natürlich erhalten – wirkt aber ein wenig glatter als die ursprüngliche Version. Ähnlich überhebt sich PHILIPP EISENBLÄTTER mit dem deutsch betexteten BOB DYLAN-Cover, das bei ihm „Wenn es Nacht ist in der Stadt“ heißt.
Mit „Schnaps“ endet das Album – ein Getränk, dessen Wirkung sich in etwa durch die gesamte LP zu ziehen scheint – und bringt den Hang zum Überstehen der Sperrstunde und der Abhängigkeit von all den Süchten auf genau den Punkt, nach dem „Rom“ sucht: Die Beziehungen des Alltags und die Träume vom Paradies, die noch viel zu oft heutzutage aufeinanderprallen und sich dabei eher abstoßen als vereinen.
„Rom“ drückt aber die Hoffnung aus, dass es eines Tages...
...Warten wir ab!
FAZIT: Bei PHILIPP EISENBLÄTTER ist der erste Song von „Rom“ gleich Programm: In „Mach einen Song draus“ geht’s darum, dass man im Grunde aus jeder Situation, mit der man konfrontiert wird und umgehen muss, immer zur Lösung als Musiker einen Song draus machen könnte – in diesem Falle werden es auf „Rom“ gleich 10, die allesamt mal sehr kritisch, aber auch ironisch voller Lokalkolorit wie unaufgeregt und charmant den deutschen wie persönlichen Zeitgeist widerspiegeln und unverkennbar zugleich den festen Begleiter auf diesem Album, der nicht nur fast alle Instrumente mit einspielt, sondern diese auch produzierte, zu erkennen geben: STOPPOK, ein Musiker, der für gute Qualität steht, die sich ganz genauso auch auf das bereits vierte Album von PHILIPP EISENBLÄTTER überträgt.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (19:31):
- Mach einen Song draus (2:11)
- Sucht (5:33)
- Tanz (3:58)
- Älter als Rom (4:14)
- Schockschwerenot (3:35)
- Seite B (17:16):
- Teil von dir (2:33)
- Nimm mir die Waffe aus der Hand (3:01)
- Wenn es Nacht ist in der Stadt (4:35)
- Duisburg-Lied (3:06)
- Schnaps (4:01)
- Bass - Stefan Stoppok
- Gesang - Philipp Eisenblätter
- Gitarre - Philipp Eisenblätter, Stefan Stoppok
- Keys - Stefan Stoppok
- Sonstige - Maureen Eisenblätter, Aino Löwenmark (Harmoniegesang)
- Rom (2024) - 11/15 Punkten
-
keine Interviews
Kommentare | |
Eos
gepostet am: 09.10.2024 User-Wertung: 9 Punkte |
Wenn deutschsprachige Texte mit einer solchen Selbstverständlichkeit vorgetragen werden, dann wird ein Album absolut hörenswert. Mir persönlich gefallen die ersten Lieder besser, da ich diese als abwechslungsreicher empfinde. Es sind Details, wie dass der Protagonist in „Mach einen Song draus” von einem Drumcomputer über die Zeilen gehetzt wird, die von dessen Überforderung mit alltäglichen Erlebnissen handeln. Dadurch wird die Stimmung, die der Protagonist verspürt deutlich verstärkt.
Viel Lyrik gibt es nicht, Deutungsspielraum lassen die Texte kaum zu. Wenn der Protagonist in „Sucht” erzählt „Ich lag im hohen Gras, an einem schönen Sommertag und ich hörte es flüstern, wie es zu mir sprach:,Hast' dein Glück herausgefordert, mit dem Teufel getanzt, deine Seele verkauft und nun, schau dich an!'”, drückt das natürlich eine ordentliche Portion Leid aus; Leid an der Sucht und am Protagonisten selbst. Harsch könnte man dem entgegnen „Selbstmitleid!” und ganz von der Hand zu weisen sind solche Vorwürfe nicht. Wie dem auch sei... Jedenfalls bin ich mir noch unsicher, ob ich dieses Album in meine sehr ausgewählte Sammlung mit aufnehmen möchte. Eventuell hätte es bessere Chancen, wenn das Lyrische Ich hin und wieder die Erzählperspektive des Ich-Erzählers verlässt und etwas mehr Distanz zum Protagonisten schafft! |