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Old Man Luedecke: She Told Me Where To Go (Review)
Artist: | Old Man Luedecke |
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Album: | She Told Me Where To Go |
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Medium: | CD/Download/LP farbig | |
Stil: | Americana, Singer/Songwriter |
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Label: | Outside Music | |
Spieldauer: | 35:38 | |
Erschienen: | 24.05.2024 | |
Website: | [Link] |
Der Kanadier OLD MAN LUEDECKE ist eigentlich seit Ewigkeiten dafür bekannt, dass er und sein Banjo eine musikalische wie persönliche Einheit bilden – über Jahre und jede Menge Alben hinweg. Doch nach der Pandemie änderten sich nicht nur die Zeiten, sondern auch viele liebgewonnene Gewohnheiten und da kann es eben vorkommen, dass ein Banjo nicht mehr 'die erste Geige' spielt, sondern einer Gitarre weichen muss wie im Falle des Kanadiers Chris Luedecke, dem 'Old Man', der eigentlich gar nicht so alt ist, wie er es uns in seinem Künstlernamen OLD MAN LUEDECKE weismachen will.
Der in Toronto geborene Liedermacher schrieb schon in seiner frühsten Kindheit Gedichte, studierte seiner Passion entsprechend Literaturwissenschaft und entdeckte während dieser Zeit das Banjo für sich, mit dem er sich so zu seinen zu Liedern gewordenen Gedichten begleitet und sich in Kanada jede Menge Anerkennung erspielte. Natürlich waren seine Lieder schwer Country-geschwängert - kein Wunder bei diesem Instrument.
Es ist schon bewundernswert, welche stilistische Wendung er durch das Ablegen seines Banjos und den Griff zur Gitarre einschlägt, wobei ihm seine Band sogar mit rockigem und (elektronisch) effektvollem Americana zur Seite steht und seinen 'Traditional Country & Folk' gehörig modernisiert und stilistisch abwechslungsreich darbietet. So spannend wie auf „She Told Me Where To Go“ klang OLD MAN LUEDECKE jedenfalls noch nie. Und das beginnt schon mit dem Vögelgezwitscher und dem rhythmischen Cowboystiefel-Stampfen des das Album eröffnenden Titelsongs, der tatsächlich als finsterer, wie eine mörderische Westernvertonung klingender Country-Blues-Rocker vorgibt, wohin die musikalische Reise auf dem Album geht.
Doch bis es so weit für „She Told Me Where To Go“ war, mussten noch einige Zeit und jede Menge Veränderungen ins Land gehen, wozu auch gehörte, dass sich Luedecke (wohl bedingt durch die Pandemie und den Zwang auf Konzerte – und damit seine Lebensgrundlage – zu verzichten) von der Musik verabschiedete und stattdessen einen seiner Nachbarn auf dessen 'Muschelkutter' begleitete: „Ich war gerade auf dem Weg zu meinem Nachbern, der Muscheln züchtete, um ein paar Muscheln für das Abendessen zu holen. Da er wusste, dass die Welt der Live-Musik langsamer geworden war, bot er mir einen Job auf seinem Boot an.“
Und genau während dieser Zeit auf dem Wasser kamen Luedecke wieder Songideen und sein alter Ego OLD MAN LUEDECKE erwachte wieder, auch wenn noch immer nicht klar war, ob daraus noch einmal etwas werden sollte – denn dafür bedurfte es den als BAHAMAS in Kanada berühmten und mit dem Juno-Award prämierten Afie Jurvanen...
...der ihn regelmäßig zu Feierlichkeiten oder Grillparties besuchte und vorschlug, seine neuen Songs auf einem Album aufzunehmen, sich aber vom Banjo zu verabschieden, was Luedecke erst als Provokation, dann aber als eine spannende Idee betrachtete: „Ich war ein Musiker, ein Banjospieler, bekannt für meine auf den Appalachen basierenden Old-Time-Sounds und Afie war der Meinung, dass wir uns von den Fesseln und Erwartungen lösen sollten, die mit dem Schreiben von Songs rund um ein Instrument einhergehen, und dass ich die Songs einfach ohne das Instrument im Kopf schreiben sollte. Er überzeugte mich davon, meinen charakteristischen Sound aufzugeben, sodass ich ein neu entdecktes Gefühl der Freiheit beim Songschreiben empfand.“
Das Ergebnis dieses musikalisch neuen Denkprozesses liegt nun auf „She Told Me Where To Go“ vor. Selbstverständlich wird OLD MAN LUEDECKE dabei durchgängig von Afie Jurvanen an Gitarre und Orgel sowie von einem Bassisten und einem Schlagzeuger begleitet, sodass das Album ein regelrecht rockiges Americana-Flair verpasst bekommt. Noch dazu wird auf dem Video zum Titelstück der 'alte OML samt Banjo' begraben und 'der neue OLD MAN LUEDECKE' macht sich mit Gitarre auf dem Rücken auf den Weg.
Das Ergebnis ist musikalisch wie soundtechnisch beeindruckend und zudem auch auf grünem Vinyl beachtenswert. Leider gibt es trotz bedruckter Innenhülle, von der die eine Seite außer einer grünen Grundfarbe und die spärlichen Angaben zur Band und zur Produktion des Albums nicht mehr zu bieten hat, keine Texte zu entdecken, die lohnenswert sind und der LP hätten beiliegen sollen. Denn auch hier sind die Themen vielfältig und drehen sich um den Wert eines Künstlers im Zeitalter des musikalischen Verfalls, „in der Musik in Fünfzehn-Sekunden-Schritten konsumiert wird“.
Zudem versteht Luedecke sein Album als „eine Reise durch die Dunkelheit und das Licht der Lebensmitte“. Ein Thema, welches besonders in dem Song „Dreadful Wind And Rain“ zum Ausdruck kommt, der sich um „das Ende des Reisens sowie das Ende des Streits eines Paares und den sonnige Morgen danach, wenn sich die großen Wolken auflösen und weiterziehen“ dreht.
Nach diesem Album darf man in doppelter Hinsicht sehr dankbar sein. Denn einerseits entschied sich Luedecke zum Glück wieder dafür, den Muschelkutter Richtung Musik zu verlassen, aber andererseits diente dieser ihm für richtig gelungenen Musik- wie Text-Ideen und eine neue stilistische Ausrichtung, die OLD MAN LUEDECKE bestens zu Gesicht steht.
FAZIT: Der kanadische Musiker (eigentlich Banjospieler) und Singer/Songwriter OLD MAN LUEDECKE hat sich für sein 'Ich bin wieder zurück'-Album viel Zeit gelassen und grundlegenden musikalischen Veränderungen gestellt, die ihn anfangs fast zum Aufgeben zwangen. Doch glücklicherweise wurde er durch seinen juno-award-prämierten Freund BAHAMAS (Afie Jurvanen) umgestimmt und dazu bewegt, das Banjo durch die Gitarre zu ersetzen. So entstand „She Told Me Where To Go“ als rockiges Americana-Album mit stilistisch weit ausufernden Freiheiten, die aus gutem Grund viel Zeit in Anspruch nahmen, wozu Chris Luedecke erklärt: „Ich habe mir ein Beispiel an der Welt des Theaters genommen, wo die Songs endlos geprobt und überarbeitet wurden, bevor sie für die Bühne oder in diesem Fall für das Studio fertig waren.“ Darum Vorhang auf (und am besten das grüne Vinyl auf den Plattenteller) für die neue musikalische Kein-Banjo-dafür-Gitarre-Wegbeschreibung „She Told Me Where To Go“ von OLD MAN LUEDECKE.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (19:01):
- She Told Me Where To Go (2:54)
- Guy Fieri (2:57)
- Going On The Mountain (2:37)
- The Quiet Good (3:38)
- The Raven And The Dove (2:59)
- Shine On Love – feat. Reeny Smith (3:56)
- Seite B (16:37):
- My Status Is The Baddest – feat. Bahamas (2:25)
- Dreadful Wind And Rain (1:50)
- Misfits In Old Clothes (3:04)
- Red Eye (2:38)
- Our Moment In The Sage (3:22)
- Holy Rain (3:18)
- Bass - Darcy Yates
- Gesang - Chris Luedecke, Afie Jurvanen, Reeny Smith
- Gitarre - Chris Luedecke, Afie Jurvanen
- Keys - Glenn Patscha, Afie Jurvanen
- Schlagzeug - Josh van Tassel
- She Told Me Where To Go (2024) - 12/15 Punkten
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