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Mick Harvey: Five Ways To Say Goodbye (Review)

Artist:

Mick Harvey

Mick Harvey: Five Ways To Say Goodbye
Album:

Five Ways To Say Goodbye

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Singer/Songwriter, Folk

Label: Mute
Spieldauer: 51:08
Erschienen: 10.05.2024
Website: [Link]

Dass es „50 Ways To Leave Your Lover“ gäbe, attestierte PAUL SIMON dereinst mit seinem gleichnamigen Song. Ganz so viele Möglichkeiten, sich zu verabschieden, gibt es aber offensichtlich nicht. Der australische Songwriter MICK HARVEY kommt auf seinem ersten regulären Solo-Album seit 10 Jahren jedenfalls nur auf 5. Das Thema „Abschied“ drängte sich HARVEY bei der Produktion des Albums insofern auf, als dass er auch auf diesem Album gleich mehrere Stücke von geschätzten Kollegen coverte, die nicht mehr unter uns weilen. So zum Beispiel BRUNO ADAMS, CHRIS BAILEY (THE SAINTS), DAVID MCCOMB (THE TRIFFIDS) und LOUIS TILLET – allesamt legendäre australische Musiker, mit denen Harvey in seiner langen Karriere als Musiker und Produzent mehr oder minder eng zusammengearbeitet hatte.


Dass HARVEY sowohl bei seinen Solo-Projekten wie auch Kollaborationen – etwa dem Projekt „Phantasmagoria in Blue“, das er im letzten Jahr mit der mexikanischen Künstlerin AMANDA AVEVEDO realisierte – gerne auf Cover-Versionen zurückgreift, ist nichts Außergewöhnliches; denn es entspricht seiner Einstellung zur Musik, die er als Allgemeingut betrachtet, welches es weiterzugeben gilt. So sind Cover-Versionen für ihn auch keine Kopien, sondern Anlass, die betreffenden Songs weiterzuentwickeln und zu verbreiten. Das Interessante im Falle MICK HARVEY ist allerdings, dass er einräumt, eher auf obskure Songs zu setzen, die ihm am Herzen liegen oder wenn es um bekanntere Tracks geht, diese vollständig aus ihrem bekannten Umfeld herauszulösen, damit sie eine ganz eigene Ästhetik entwickeln.

Bestes Beispiel im Rahmen dieses Projekts ist NEIL YOUNGs „Like A Hurricane“, aus dem Harvey eine verschleppte Piano-Elegie mit Noir-Charakter macht, die zum einen den Rock-Charakter des Originals ad absurdum führt und zum anderen die Perspektive des Songs vom himmelhoch jauchzendem Liebestaumel ins Zweiflerisch/Grüblerische umkehrt.
Ein anderes – vielleicht noch eindringlicheres – Beispiel für diese Vorgehensweise ist „A Suitcase In Berlin“ - nicht mehr oder weniger als eine Version des Chansons „Ich habe noch einen Koffer in Berlin“, das weiland von MARLENE DIETRICH berühmt gemacht wurde. Hier setzte Harvey ganz auf die dystopische Präsenz eines dramatisch inszenierten Streicher-Arrangements und übersteuerte Wurlitzer-Klänge, ohne sich den Luxus zu leisten, die eigentlich durlastige Melodie des Songs dagegenzusetzen, wie das Anfang der 60er die DIETRICH und auch HILDEGARD KNEF taten.


Wieso alles so düster und dramatisch sein muss, hängt wohl nicht allein mit dem Abschieds-Thema zusammen, sondern mit Mindset, dem sich Harvey schon seit seiner Zeiten bei THE BIRTHDAY PARTY, THE BAD SEEDS und CRIME AND THE CITY SOLUTION verpflichtet fühlt. Das zeigt sich etwa in dem Track „The Art Of Darkness“. Eine Song, den er mit (und für) den gleichgesinnten LOUIS TILLET schrieb und den er – erneut mit dräuenden, kammermusikalischen Streicher-Sounds - zu einer Hommage an die Kunst der Düsternis machte. „The Art OF Darkness“ ist dabei zwar ursprünglich der Name der facebook-Seite von LOUIS TILLET – aber grundsätzlich könnte jede Veröffentlichung MICK HARVEYs auch unter diesem Titel als Sammelbegriff geführt werden.

Trotzdem führt Harveys Musik nicht in eine resignative, destruktive oder deprimierende Richtung. Der TRIFFIDS-Song „Setting You Free“ etwa kommt - mit Bandbegleitung und energischen Martellato-Sounds der kammermusikalischen Streicher - gar mit einer kämpferischen Note daher.
Das Country-Cover „Nashville High“ hat durch seine wellenartige Struktur hingegen eher eine majestätische, erhebende Wirkung. Harveys eigener Song „When We Were Beautiful And Young“ ist dann zwar eine wehmütige, aber auch versöhnliche und somit tröstliche Reflexion über die verlorenen Tage der Jugend.


Das Thema „Abschiednehmen“ betrachtet MICK HARVEY auf seinem aktuellen Album im Spiegel des Laufes der Zeiten und griff dabei auf Songs zurück, die das Thema selbst zum Inhalt haben, bzw. schrieb eigene Stücke wie „At Heaven's Gate“ dazu. Da es sich teilweise auch um Stücke bereits verstorbener Kollegen handelt, verabschiedet er sich logischerweise auf anrührende Art von seinen ehemaligen Mitstreitern. Vielleicht verabschiedet er sich aber auch von dem Format seiner bisherigen Solo-Produktionen mit ihrem Mix aus Cover-Versionen und eigenen Tracks.
Das wird wohl die Zukunft zeigen.


FAZIT: Musikalisch braucht ein MICK HARVEY gar nicht so viel, um seine Elegien effektiv in Szene zu setzen. Nur gelegentlich begleitet ihn eine eher zurückhaltend inszenierte Band. Ansonsten setzt er vorrangig auf sein Klavier- und gelegentliches Gitarrenspiel sowie geschickt arrangierte Streicher-Sounds, die seinem larmoyanten Vortrag Raum zur Entfaltung bieten. Letztlich wird so der erzählerische Charakter des Materials betont. „Five Ways To Say Goodbye“ ist daher ein typisches Harvey-Album geworden, wohingegen seine experimentelleren Neigungen anscheinend weiterhin seinen eklektischen Soundtrack- und Theater-Arbeiten vorbehalten bleiben.

Ullrich Maurer (Info) (Review 1300x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • At Heaven's Gate
  • We Hand An Island
  • Demolition
  • The Art Of Darkness
  • Setting You Free
  • Alone With The Stars
  • Nashville High
  • Ghost Ships
  • Dirtnap Stories
  • When We Were Beautiful & Young
  • A Suitcase In Berlin
  • Like A Hurricane

Besetzung:

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