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Matt Page: Apocalypse Garden (Review)

Artist:

Matt Page

Matt Page: Apocalypse Garden
Album:

Apocalypse Garden

Medium: CD/Download
Stil:

Singer/Songwriter, Alternative Rock, Indie- und Art-Pop, AOR, Neo Folk

Label: Electric Sleep Records/Just For Kicks
Spieldauer: 57:38
Erschienen: 03.05.2024
Website: [Link]

„'Apocalypse Garden' ist sicherlich ein Wendepunkt in meinem kreativen Leben. Es hat mir so viele neue Türen geöffnet. Die Musik fühlt sich wieder frisch an. Ich fühle einen solchen Drang, in die Wildnis von allem zu wandern. Saatgut erscheint so klein und zerbrechlich, wenn man es in der Hand hält. Es ist erstaunlich zu sehen, was passiert, wenn man es pflanzt und pflegt.“ (Matt Page)

Jetzt sollten alle Freunde und Fans von DREAM THE ELECTRIC SLEEP ganz stark sein. Denn nicht nur dass ihr Sänger und Multiinstrumentalist solistisch fremdgeht, indem er neuerdings seinen „Apocalypse Garden“ musikalisch beackert. Nein, er legt auch all die Alternative-Prog-Anleihen ab und versucht mit melodischem Rock, der auf Bombast und AOR getrimmt und textlich eine Singer/Songwriter-Attitüde verpasst bekommt, zu überzeugen. Wirklich gelingen aber tut ihm das nicht immer.


Nunmehr also trifft Indie- sowie Art-Pop auf Alternative-Rock und Neo-Folk und erinnert verdächtig an die wenig kreativen Musik(er)-Zeiten der 90er-Jahre. Das alles klingt zwar nicht schlecht, aber ist gleichermaßen austauschbar. Vielleicht rächt sich an „Apocalypse Garden“ die Tatsache, dass Page einfach alles – von den Texten über die Kompositionen bis hin zum Einspielen der Instrumente – in totaler Eigenunion übernimmt und ihn niemand mal ausbremst, weil so einiges an den insgesamt 11 Songs überflüssig oder in die unnötige Länge gezogen klingt, auch wenn sich die Songs allesamt zwischen vier und sechs Minuten bewegen. Dabei waren bekanntlich bei DREAM THE ELECTRIC SLEEP fast immer die Longtracks die besten.


Allerdings gibt es einen guten Grund für das rein solistische Arbeiten an diesem Album: Es entstand während der total erzwungenen Isolation durch die Covid-19-Pandemie, welche dem Musiker laut eigener Aussage auch als Vater eines zweijährigen Kindes schwer zu schaffen machte: „Die Musik wurde aus dem Bedürfnis heraus geboren, meine kreative Praxis neu zu erfinden. Eine, die die Hoffnung wieder aufleben lassen könnte, die unter der Last der Erziehung eines zweijährigen Kindes inmitten einer globalen Krise begraben worden war. Musik schien so sinnlos im Angesicht all dessen, aber sie war auch der einzige Ort, an den ich mich zurückziehen konnte, der mich wieder aufrichten konnte.“

Unter diesen Bedingungen klingt „Apocalypse Garden“ sogar ziemlich beschwingt und erschöpft sich niemals in einer melancholische Depri-Stimmung – sondern lässt beim ironischen „I Got My Guns“ sogar freudvolle Tanz-Rhythmen mit einem angenehmen Hang Richtung TALKING HEADS auf die Zuhörer los: „I got my guns / I got lots of guns // Down in my bunker, I got boxes of food / I got cans on the shelf until 2062...“


Textlich aber sieht es deutlich bitterer aus, als es einem die beschwingten Rhythmen weiszumachen versuchen.
Es geht um die emotionale Bedrückung der (durch die Pandemie) gestohlenen Zeit der Gemeinsamkeit oder um die damit verbundenen Traumata sowie die permanent schlechten Nachrichten von außen. All diese Zwänge, die da auf MATT PAGE einprasselten, ließen ihn zu dem Entschluss kommen, dieses für ihn so ungewöhnliche Album doch anzugehen und nach Eigenzweifeln auch zu vollenden: „Die meisten der Songs wurden im Winter 2021 geschrieben. Ich stand gegen 5:00 Uhr morgens auf, als es draußen noch gefroren und tiefschwarz war. Ich ging hinunter zu meinem kleinen Musikstudio auf der alten Farm unserer Familie in Kentucky. Ich schaute durch die Fenster und sah zu, wie die Sonne über einem eisigen, kargen, wunderschönen Feld aufging, und schrieb Songs... Nur ich und eine akustische Gitarre. Das waren schwierige Zeiten für mich und meine Familie. Die Lieder sprudelten nur so aus mir heraus. Innerhalb weniger Wochen war das meiste Material geschrieben, aber diese Songs waren nur der Anfang. Das nächste Jahr verbrachte ich damit, zu lernen, wie man das Album aufnimmt und produziert - ganz allein. Ich hatte bisher immer nur gemeinsam mit einer Band geschrieben und produziert, und ich war mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich das alles im Alleingang durchziehen könnte.“


Nun also wissen wir: MATT PAGE zog es durch – und er macht es nicht wirklich schlecht. Nur werden diejenigen, denen im Hinterkopf beim Hören von „Apocalypse Garden“ immer der Name DREAM THE ELECTRIC SLEEP herumgeistert, mangels der progressiven Elemente, sicher etwas enttäuscht sein.
Demgegenüber aber stehen die poetischen, klaren und anspruchsvollen Texte und natürlich der typische, sofort wiedererkennbare Page-Gesang. Wem das reicht, der sollte sich umgehend seine musikalischen Pflanzschaufeln über die Ohren ziehen und damit den „Apocalypse Garden“ des musikalischen Obergärtners MATT PAGE besuchen: „Hey little garden we've grown.“


FAZIT: Gezwungen durch die Pandemie begab sich MATT PAGE von DREAM THE ELECTRIC SLEEP auf Solo-Pfade und spielte als musikalischer Gärtner in völligem Alleingang „Apocalypse Garden“ als ein von Progismen ziemlich freies Album zwischen Singer/Songwriter, Indie- sowie Art-Pop, AOR und Alternative Rock ein, das manchmal auch ein paar bombastische Refrains und hymnische Rhythmen verpasst bekam. So machte er aus der pandemischen Not eine musikalische Tugend – auch wenn die sich vom progressiven Blickwinkel her von seiner Stamm-Band fast gänzlich emanzipiert.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 574x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • The Turning
  • Feet Of Crows
  • I Got My Guns
  • Know You Better
  • Has A Thawing Come Here
  • Waiting For A Return
  • Chasing The Sun
  • Winter Window
  • Moan And Wail
  • Massive Stars
  • Apocalypse Garden

Besetzung:

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