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King Gizzard And The Lizard Wizard: The Silver Cord – Vinyl Version (Review)
Artist: | King Gizzard And The Lizard Wizard |
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Album: | The Silver Cord – Vinyl Version |
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Medium: | LP/Download/Do-CD | |
Stil: | Electro-Pop, Club Sounds, Progressive Disco |
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Label: | KGLW/Virgin | |
Spieldauer: | 40:05 | |
Erschienen: | 27.10.2023 | |
Website: | [Link] |
„Wir nähern uns der elektronischen Musik aus der Amateurperspektive. Ich spiele den Juno-Synthesizer wie eine Gitarre, ich weiß nicht wirklich, wie man ihn spielt. Aber ich wollte mich damit abfinden, die Rockband zu sein, die so tut, als wüsste sie, wie man modulare Synthesizer benutzt. Wir befinden uns in unbekannten Gewässern, wir sind weiter draußen auf dem Meer, aber wir haben uns hineingesteigert und sind an einen Punkt gelangt, an dem wir mit dem, was dabei herauskam, wirklich zufrieden waren.“ (Stu Mackenzie von KING GIZZARD AND THE LIZARD WIZARD)
Unglaublich, aber wahr: „The Silver Cord“ ist bereits das 25. und damit 'viertelhundrige' Album von König Gizzard und seinen Echsenzauberern!
Sagt der verrückt-abgefahrene (hier mal frei übersetzte) Band-Namen irgendwem trotz solchen Musik-Ausstoßes etwas?
Wenn nein, dann ist das durchaus verständlich, denn KING GIZZARD AND THE LIZARD WIZARD, die sehr anschaulich im Promo-Schreiben zudem als 'zwölfbeinige antipodische Lärmmaschine' sowie als 'die rastloseste, erfinderischste und unersättlichste Gruppe der Welt' beschrieben werden, kommen schließlich aus dem weit entfernten Australien und haben sich noch dazu auf ihrem aktuellen 'Silberschnur'-Album – entgegen ihrer sonst hart rockenden Ausrichtung – ganz der maximalen elektronischen Tanzmusik verschrieben; allerdings der der ganz besonderen, extrem abgefahrenen, wild progressiven, aber auch von hämmernde Rhythmen geprägten Art, die noch dazu gegen so etwa jedes Tabu verstößt, selbst wenn sie wie im Falle von „The Silver Cord“ auf LP gepresst wird und gleich auf einer LP-Seite einen und auf der anderen zwei 'versteckte Songs' (Hidden Tracks) enthält, auf die man so einige Minuten warten muss, während man denkt, die LP hätte einen Sprung (Auf sowas muss man wirklich erstmal kommen…), um dann zu erkennen, dass man den Tonarm von Hand etwas vorschieben muss, bis die Hidden-Instrumentals endlich erklingen dürfen.
Die sechs australischen Jungs huldigen jedenfalls zu fast 100% auf ihrem aktuellen Album „The Silver Cord“ den 1980er- und 1990er-Jahren inklusive ihrer mitunter etwas dünnen Plastic-Sounds sowie achteckigen Drum-Pads-Konserven und erinnern genau an die Zeiten, in denen man gerne mit Maxi-Versionen Radio-Hits für das schwarze Scheibchen länger aufblies, auf rhythmische hip-hop- oder rap-ende Wiederholung und elektronische Spitzfindigkeiten setzte. Um das von vornherein klarzustellen, was den Hörer erwartet, hat sich das seltsame Sextett auf dem LP-Cover auch von einer riesigen Synthie-Burg umgeben und alle tragen die typisch farbig-verspiegelten 80er-Jahre-Ich-bin-ja-so-cool-Brillen.
Einen ähnlichen Ausflug in die E-Pop-Welt der modularen Synthesizer und stampfenden Rhythmen hatten die Jungs bereits aus der (Pandemie-)Not heraus auf ihrem 18. Album „Butterfly 3000“ unternommen – und wohl so viel Freude daran, dass sie nun mit „The Silver Cord“ den spannenden Nachfolger hinterherschieben – zum Glück aber auch auf Vinyl, denn der Plattenspieler-Besitzer wird eben von dieser ungewöhnlichen Scheibe und ihren seltsamen Spielereien, die man so von kaum einer anderen Band kennt, garantiert überrascht sein.
Damals war diese elektronische Ausrichtung noch der Covid-Pandemie geschuldet, diesmal ist es der pure Spaß am Experiment und an solchen elektronisch geprägten Disco- und Club-Rhythmen. Als Vorbild für dieses Album geben KING GIZZARD AND THE LIZARD WIZARD sogar konkret den Italiener GIORGIO MORODER und dessen Zusammenarbeit mit DONNA SUMMER, die übrigens als eine der wichtigsten Förderinnen von MICHAEL JACKSON gilt, an, der damals tatsächlich alle Tanzflächen der Welt mit seinen wilden, groovenden Synthie-Sounds aufmischte, von denen er eben auch jede Menge 12er-Maxis veröffentlichte. Für uns Deutsche wären in diesem Falle natürlich auch HAROLD FALTERMEIER („Axel F“) und die unkaputtbaren KRAFTWERK nicht weit.
Jedenfalls kommen tatsächlich ernsthafte Erinnerungen an diese geliebt-verhasste Jugendzeit auf, während der man im Glitzer-Look wild in einer Disco herumhüpfte und sich auf der Tanzfläche wie der Kaiser von China fühlte, der sich mit abartigen Bewegungen den Thron unter der glitzernden Disco-Kugel zu sichern versuchte.
Glücklicherweise hält sich dieses Remix-Gehabe auf der Vinyl-Version von „The Silver Cord“ in deutlichen Grenzen, auch wenn es mit dem seltsamen Hidden-Track-Schnick-Schnack aufwartet, aber es strapaziert nicht das Nervenkostüm des Hörers, wenn beispielsweise bei der Doppel-CD-Version einige der Songs auf über 20 Minuten in die Länge gezogen werden. Hier also zählt dann das Maxi-Gefühl, das manchmal schon zu Maxi-Single-Zeiten ein wenig zu intensiv mithilfe elektronischer Mittel breitgewalzt wurde.
Allerdings ist der Einstieg mit „Theia“ ins Album recht ungewöhnlich, weil der Song noch ziemlich verhalten und düster beginnt, auch wenn der Sänger permanent dieses „Theia“ wiederholt, die er in dem abgefahrenen Text – genauso abgefahren wie auch die anderen Texte, die sich vorrangig um mystische und magische, das Unendliche heraufbeschwörende Themen drehen – als Schicksalsmacht und spirituelle Wiedergeburt, die unseren Geist befreit, bezeichnet, um mit ihr um die Welt zu tanzen. Hier kommt ein feines, extrem reizvolles Gefühl an eine Kombination aus AIR und ARCHIVE auf.
Ein großartiger Beginn für eine manchmal doch etwas verstörende LP. Auch der anschließende Titeltrack folgt noch diesem Muster, bis das Album dann deutlich an Fahrt aufnimmt, um mit „Set“ die Remix-Club-Sound-Phase zu eröffnen.
„Swan Song“ bekommt einen Rap verpasst, andere Songs, wie „Gilgamesh“ oder „Extinction“, kommen als typische Synthie-Club-Sounds daher und die Hidden Tracks sind allesamt rein instrumental.
Da lassen schonmal STEREOLAB oder die Maxi-Scheiben von DEPECHE MODE und besagten KRAFTWERK grüßen.
Sie haben es eben nicht leicht und machen es einem nicht leicht, diese KING GIZZARD AND THE LIZARD WIZARD, wenn sie so richtig in ihrer Key- und Synthie-Burg loslegen.
Vom Klangbild auf Vinyl enttäuschen sie aber etwas, da die Band zu sehr auf Höhen und Stakkato-Lineares anstatt auf fette Bässe und raumfüllendes Volumen setzt. Hier hätte man noch ein wenig intensiver an der Produktion werkeln sollen. So gibt es eben typische 80er-Jahre-Maxi-Sounds, wobei bei der Vinyl-Version alle Songs kurz und knackig samt Hook-Hit-Rhythmen daherkommen, wohingegen bei der Doppel-CD speziell auf Extended-Mixe der kurzen Vinyl-Stücke gesetzt wird, wozu Stu Mackenzie folgendes erläutert: „Die erste Version ist wirklich komprimiert, das ganze Fett wurde abgeschnitten. Und in der zweiten Version ist der erste Song 'Theia' 20 Minuten lang. […] Wir testen die Aufmerksamkeitsspanne der Leute aus, wenn es um das Hören von Musik geht – aber ich bin sehr daran interessiert, solche Konzepte zu zerstören.“
Auf Vinyl gibt’s also die kurzen Versionen und bei den Hidden Tracks wohl Auszüge aus den entsprechend erweiterten Versionen.
Dem Vinyl-Liebhaber reicht das sicher völlig, wer aber gerne schon früher immer die manchmal etwas übertrieben in die Länge gezogenen Maxis bevorzugte, der sollte unbedingt auf die digitalen Versionen zurückgreifen.
FAZIT: Wenn die progressiven australischen Freigeister KING GIZZARD AND THE LIZARD WIZARD die moduaren Synthesizer für sich entdecken, dann kommt also ein für sie dermaßen ungewohntes Album wie „The Silver Cord – Vinyl Version“ (samt herausfordernden Hidden Tracks) dabei heraus, das sich in erster Linie an dem 80er/90er-Jahre elektronisch aufgepeppten Maxi-Single-Pop orientiert und dabei als großes Vorbild den Pfaden eines GIORGIO MORODER folgt. Spannend allemal, aber für diejenigen, die den Echsenzauberern um den König Gizzard sonst gerne als hart rockende Band folgten, ziemlich gewöhnungsbedürftig.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (20:01):
- Theia (3:24)
- The Silver Cord (4:20)
- Set (3:56)
- Chang'e (3:46)
- = Vinyl-Hidden-Track =
- Space Junk (4:35)
- Seite B (20:04):
- Gilgamesh (3:43)
- Swan Song (4:25)
- Extinction (4:40)
- = Vinyl-Hidden-Tracks =
- Plasma (3:09)
- Embryo (4:07)
- Gesang - Ambrose Kenny-Smith, Joey Walker, Stu Mack
- Keys - Ambrose Kenny-Smith, Cook Craigh, Lucas Harwood, Stu Mackenzie
- Schlagzeug - Michael Cavanagh
- Sonstige - Joey Walker (Loops, Sequencer, Drum Machine)
- The Silver Cord – Vinyl Version (2023) - 11/15 Punkten
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