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Delicate Steve: Sings (Review)
Artist: | Delicate Steve |
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Album: | Sings |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Gitarren-Instrumentals, die wie ein Albatros erhebend zwischen den Lautsprecherboxen schweben |
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Label: | Anti- | |
Spieldauer: | 30:20 | |
Erschienen: | 16.08.2024 | |
Website: | [Link] |
Der aus New Jersey stammende Gitarrist DELICATE STEVE führt uns mit seinem neuen Album gehörig auf's Glatteis und lässt uns dabei erst auf die Nase und dann auf die Ohren fallen. Denn wer glaubt, dass hier bei einem Albumtitel wie „Delicate Steve Sings“ der mit bürgerlichem Namen Steve Marion heißende Saiten-Zauberer seine Stimmbänder zum Klingen brächte, um uns die von ihm gewählten eigenen Songs und Cover-Versionen zum Besten zu geben, der irrt sich gehörig. Hier erklingen nur die Gitarren-Saiten, nicht aber irgendwelche Stimmen (wenn man mal von ein paar weiblichen harmonischen Hintergrundgesängen absieht) – doch die haben auch eine ganze Menge zu bieten, wenn man sich gerade selber im Traum-Modus befindet und nach der idealen musikalischen Untermalung dafür sucht. So viel Harmonie und Schönklang – ohne gleich in die Ambient-Ecke geschoben zu werden - gibt’s nur noch verdammt selten!
EROCs Wolkenreise verbreitete vor über 45 Jahren eine ganz ähnlich entspannte Stimmung (auch wenn dabei die Keyboards dominierten) wie es das gesamte „Sings“-Album tut – und manchmal durchaus auch bestes Schlafpotenzial bietet, welches allerdings schönste Träume heraufbeschwört. Das muss per se definitiv nichts Schlechtes sein, denn im Falle dieser LP tritt irgendwann tatsächlich zum Ende hin eine Form der Tiefenentspannung ein, welche auch ein tiefes Glücksgefühl mit sich bringt.
Und es gibt eine weitere 'Nebenwirkung' von „Sings“.
Nämlich dass die LP nicht etwa, wie anfangs zu erwarten war, sich nach mehreren Hördurchgängen abnutzt und nur noch langweilt. Nein, mit jedem neuen Anlauf gewinnt „Sings“ an Größe, wird schöner und spannender und nimmt einen unzweifelhaft gefangen, denn nun wird einem die wahre Größe hinter DELICATE STEVE bewusst. Denn dieses Album streichelt sich in unsere Gehörgänge ganz ähnlich wie eins der schönsten Gitarren-Instrumentals aller Zeiten: die Gitarren-Ballade „Albatross“, eins der ungewöhnlichsten und zugleich bewegendsten Instrumental-Stücke, welche ein begnadeter Gitarrist jemals geschaffen hat.
„Albatross“ ist getragen vom wundervollen Gitarrenspiel eines PETER GREEN, der diesen erhabenen Vogel als König der Meere im Jahr 1968 durch die Anfangsphase von FLEETWOOD MAC fliegen ließ.
Ganz, ganz ähnlich fliegen alle zehn Gitarrenstücke in einer recht ähnlichen Atmosphäre durch die von Steve Marion aka DELICATE STEVE erzeugten Klangwelten seines „Sings“-Album, bei dem der einzige 'Sänger' tatsächlich die DELICATE STEVE-Gitarre ist.
Denn die Gitarre ist sein „Baby“ und seine Sängerin zugleich, auch wenn sie eben keine Stimmbänder, sondern nur sechs Saiten besitzt, denen er aber schönere Klänge entlocken kann als jeglichem Stimmband.
Ach ja – und gerade durch diese gesamte überdeutlich an die späten Sechziger und frühen Siebziger gemahnende Grundstimmung kommt einem unweigerlich sogar die zweite wunderschöne wie unvergessliche Gitarren-Hymne, diesmal vom Großmeister SANTANA, in den Sinn, der uns 1970 mit seiner „Samba Pa Ti“ (und der bildschönen nackten schwarzen Frau auf dem „Abraxas“-Cover) sofort zu hypnotisieren und in einen latino-erotischen Schwebezustand zu versetzen verstand.
Ein echter Ausbrecher aus dem Album ist „I'll Be There“, eine beschwingte Folk-Blues-Nummer voller Elan und Freude, der aus der gesamten besinnlichen Harmonie des Albums heraus tatsächlich ein großartiges Eigenleben entwickelt und den Wunsch nach ein paar mehr Songs dieser Art aufkommen lässt. Die sucht man allerdings vergeblich, sodass man eben doch tief in die entspannende Atmosphäre von „Delicate Steve Sings“ abtauchen und in ruhigen Harmonien weiterschwelgen darf/muss.
Sehr angenehm und beruhigend – aber nie an der Schnittstelle zur Langeweile kratzend.
Übrigens sind diesbezüglich meine beiden Hunde, die oft bei der einen oder anderen Besprechung eines Albums neben mir sitzen und dann schnell abhauen, echte Musik-Seismographen des absoluten, beruhigenden Schönklangs. Denn wenn sie sich nach den ersten Tönen entspannt neben mich legen und bis zum Ende liegen bleiben, dann ist dem Musiker (beispielsweise auch wie einem MICHAEL ROTHER mit seiner „Katzenmusik“) die hohe Kunst faszinierender 'Hundemusik' gelungen – so wie DELICATE STEVE!
Da das Album leider bereits nach einer halben Stunde zu Ende ist (Das einzige echte Manko dieser LP!), besteht keine Gefahr, dass man seine Begeisterung für die schönen Klangwelten, die einen so sehr an die Spätsechziger und Frühsiebziger erinnern, verliert, sondern sie in der entsprechenden Stimmung durchgängig genießt, auch weil natürlich bei „Yesterday“ die BEATLES ihr Stelldichein haben, während zuvor „Baby“ an DONNIE & JOE EMERSON gemahnte und bei „These Arms Of Mine“ ein OTIS REDDING den allerletzten LP-Akzent setzt.
FAZIT: Wenn Peter Greens „Albatross“ nach 56 Jahren nach einer eroc-schen „Wolkenreise“ zur Gitarren-Hymnen-Traumlandung ansetzt, dann hat ihm DELICATE STEVE mit seinem (gesangfreien) „Sings“-Album den idealen Landeplatz in allerbester Sound-Qualität dafür geschaffen. Harmonie auf der höchsten Form der Gitarren-Kunst, so als hätte sich der gute Carlos Santana dazu entschlossen, ein instrumentales Traumalbum hervorzuzaubern, dem man sich einfach nicht entziehen kann, weil eben auch die Orgeln, Bässe, Percussion und Streicher für eine Atmosphäre sorgen, der man sich bei genauem (und ja nicht nebenbei) Hören einfach nicht verschließen kann. Ein Album für „Yesterday“, das sogar als einen der zwei Cover-Instrumentals sich diesen Beatles-Klassiker ausgewählt hat.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (15:24):
- Cherry (2:45)
- Baby (3:03)
- I'll Be There (3:15)
- Easy For You (3:32)
- Yesterday (2:49)
- Seite B (14:56):
- Medieval Eyes (2:56)
- Wind Won't Blow (2:26)
- Stay With Me (2:54)
- Walkin' (3:30)
- These Arms Of Mine (3:10)
- Bass - Jonathan Rado, Derek Poulson, Kosta Galanopoulos, Steve Marion
- Gitarre - Steve Marion
- Keys - Renate Zeiguer, Martin Bonventre, Kosta Galanopoulos, Steve Marion
- Schlagzeug - Kosta Galanopoulos
- Sonstige - Renate Zeiguer (Streicher, Harmoniegesang), Kosta Galanopoulos (Percussion, Harmoniegesang), Steve Marion (Percussion, Harmoniegesang), Derek Poulson (Harmoniegesang), Elliot Bergman (Drum Machine)
- Till i Burn Up (2019) - 12/15 Punkten
- Sings (2024) - 12/15 Punkten
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