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Alabama 3: Cold War Classics Vol. 2 (Review)
Artist: | Alabama 3 |
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Album: | Cold War Classics Vol. 2 |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Indie, Alternative, Americana, Soul, Singer/Songwriter |
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Label: | Submarine Cat Records/Rough Trade | |
Spieldauer: | 46:18 | |
Erschienen: | 17.11.2023 | |
Website: | [Link] |
Es waren Zeiten des Glücks, nachdem durch die Öffnung Russlands unter dem mutig-beeindruckendem russischen Präsidenten Gorbatschow, der mit Glasnost und Perestroika auch maßgeblich zum Mauerfall in der DDR beitrug, die Zeiten des Kalten Kriegs (Kriegsführung nicht unmittelbar mit Waffen sondern Worten und strategischen Bedrohungen sowie dem massiven Einsatz von Angst vor einem atomaren Erstschlag durch Waffenstationierungen in Ost wie West) dem Ende entgegengingen und es tatsächlich den Anschein hatte, dass auf dieser Welt die Nationen – wie auch immer ausgerichtet – halbwegs friedlich miteinander umgehen könnten. Diese Zeiten sind längst Geschichte – und das ist eine verdammte Scheiße. Der Kalte Krieg schien wieder herzumüssen, auch aus marktstrategischen Gründen – denn wie verkauft schließlich eine gigantische (hauptsächlich amerikanische) Waffenlobby ihre ganzen Knarren, wenn auf der Welt Frieden herrscht?
Politik und Musik sind immer auch untrennbar miteinander verbunden – so wie Krieg, Soldaten, Waffen und Tote. Nur dass die Kunst und Musik immer wieder den verzweifelten Versuch unternimmt, all diesen Wahnsinn, den Kalte wie Heiße Kriege und gewissenlose Politiker im Einklang mit mörderischen Waffenmultis heraufbeschwören, anzuprangern.
Aktuelles, sehr bewegendes und beeindruckendes Beispiel dafür das neue Album von ALABAMA 3: „Cold War Classics Vol. 2“.
Und wenn es schon um den Kalten Krieg geht, dann ist es doch logisch, dass ein paar russische Sprachfetzen das Album eröffnen, um dann gehörig den musikalischen Finger mit progressiver Angriffslust in die Wunde zu legen, wobei eine ganz verblüffende Parallele auffällt, die eigentlich für ALABAMA 3 unerwartet ist. Denn so einige Songs dieses wirklich gelungenen Albums erinnern einen besonders des Gesangs wegen permanent an MARILLIONs FISH, als der auf seinen Solo-Werken „Raingods With Zippos“, „Fellini Days“ und „Field Of Crows“ mit seinen kritischen Einstellungen und einer ungewohnt rauen Stimme aufwartete. Wer's nicht glauben möchte oder kann, der höre sich nur einmal ausgiebig das grandiose Album-Finale „The Road Goes On Forever“ an, das zudem durch den weiblichen Background-Gesang auch noch eine PINK FLOYD-Atmosphäre verpasst bekommt, um am Ende in wildem Rap-Gesang unterzugehen.
Ein grandioser Abschluss für dieses überraschend starke und unerbittlich durch die Musikstile wildernde Album. Gerne kann man es als progressiv bezeichnen, auch wenn es in erster Linie keinen Progressive Rock, sondern die mutige Variante darstellt, dem kalten Krieg die heißesten Rhythmen entgegenzuschleudern.
ALABAMA 3 verabschieden sich jedenfalls auf „Cold War Classics Vol. 2“ von all dem Acid House und Techno sowie Dance, der sie eigentlich mit dem einen größeren Hit „Woke Up This Morning“ im Jahr 1997 ausmachte. Nicht aber von ihrer unerbittlichen Kritik an der Gesellschaft, die immer mehr verroht. Schon in „Woke Up This Morning“ ging es um häusliche Gewalt gegenüber Frauen. In dem Song, der auf einer wahren Geschichte basiert, wehrt sich eine Frau gegen ihren sie über 20 Jahre misshandelnden Ehemann, indem sie ihn aus Verzweiflung umbringt.
In den Songs von „Cold War Classics Vol. 2“ dreht sich nun alles um ähnliche Misshandlungen – aber die der brutalen, profitorientierte, ideologisch komplett verpeilten Menschen gegen die moralisch handelnden und an das Gute im Menschen glaubenden Zeitgenossen.
Das ist der Kalte Krieg Teil 2 eben – von dem es keinen ersten Teil gibt, falls ein ALABAMA-3-Musikliebhaber glauben sollte, er hätte „Cold War Classics Vol. 1“ übersehen. Der war eigentlich dank Gorbatschow beendet – und entfacht nun eben neu und genauso gefährlich wie Ende der 1980er-Jahre.
So beschreibt der Keyboarder Spirit Of Love das Album als „eine Reise zu dem warmen Ort in deinem Kopf, wo das Ausspionieren deines Nachbarn de rigueur war und Fall Out Shelter Balladen sowie Checkpoint Charlie Funk den Äther beherrschten“. Der Kalte Krieg ist eben in den Köpfen der Menschen genauso vorhanden wie in den vereisten Herzen derjenigen, die das denunziatorische Spiel grundlos ihres eigenen Egos wegen weiter vorantreiben: „Thank you for the cost of living / Thank you for the wars we ain't winning“.
Aus dieser Scheiße kommen wir anscheinend einfach nicht mehr raus.
Nur gut, dass ALABAMA 3 dieser Scheiße ihre Musik auf „Cold War Classics Vol. 2“ entgegensetzen. Das macht dann bei Menschen, die noch immer auf die Musik und die Kunst statt medial verbreiteten Hass und digitale Erniedrigungen setzen, schon wieder Hoffnung.
Fuck the cold war – love the new album „Cold War Classics Vol. 2“ von ALABAMA 3!
FAZIT: Sie wachen nicht mehr mit Messer unterm Kopfkissen auf, um dem misshandelnden Ehemann die Klinge in den Bauch zu jagen, wie auf ihrem ersten (und eigentlich auch einzigen) Hit „Woke Up This Morning“, sondern gehen unerbittlich progressiv mit Indie-Pop, Alternative-Rock, Americana, Soul, Singer/Songwriter-Texten und jeder Menge Leidenschaft zur Sache, wobei auch noch die vokale Ähnlichkeit zu einem FISH überrascht. Das aktuelle ALABAMA 3 Album ist dermaßen innovativ und kritisch, dass es tatsächlich zu den besten gehört, welche die Band während ihres fast 30-jährigen Bestehens mutig auf den Markt wirft, der noch immer mehr auf den Kalten Krieg als auf menschliche Wärme und die Nächstenliebe (weil sich die einfach schlechter vermarkten lässt) setzt. „Cold War Classics Vol. 2“ sprengt (besonders intensiv auch vinyl-sound-technisch auf transparentem Vinyl mit Texteinleger) alle Grenzen und darf gerne für das späte musikalische Vermächtnis von ALABAMA 3 gehalten werden.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (20:58):
- Goodbye Glasnost (1:14)
- Before The Ship Came In (4:33)
- Get On This One (3:19)
- California Got You Stoned (3:43)
- Influencer Intro (0:36)
- The Influencer Blues (3:39)
- (I Can't) Keep Calm And Carry On (3:58)
- Seite B (25:20):
- If I'd Never Seen The Sunshine (4:47)
- North Korea (5:23)
- The Girl With Lampedusa In Her Eyes (4:35)
- Thank You (3:50)
- The Road Goes On Forever (6:45)
- Bass - Al Ashton
- Gesang - Larry Love, Sheena Ross, Harpo Strangelove, Rock Freebase, James Gulliver, Ese Okorududu, Al Ashton
- Gitarre - Rock Freebase, Ese Okorududu
- Keys - The Spirit Of Love
- Schlagzeug - James Gulliver
- Sonstige - Bläser und Streicher, Harmoniegesang
- Step 13 (2021) - 13/15 Punkten
- Cold War Classics Vol. 2 (2023) - 13/15 Punkten
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keine Interviews
Kommentare | |
Sacha
gepostet am: 29.03.2024 |
Ein fantastisches Werk. Hätte eine grössere Bühne verdient. Ganz grosses Kino. Und das nach 30 Jahren Bandgeschichte…. |