Partner
Services
Statistiken
Wir
Rosenstolz: Kassengift (2000) – 2021 Vinyl-Remaster (Review)
Artist: | Rosenstolz |
|
Album: | Kassengift (2000) – 2021 Vinyl-Remaster |
|
Medium: | Do-LP/Do-CD/farbig | |
Stil: | Deutsch-, Electro-Pop |
|
Label: | Polydor/Universal Music | |
Spieldauer: | 56:40 | |
Erschienen: | 23.04.2021 | |
Website: | [Link] |
„Als wir 2000 die Aufnahmen zu 'Kassengift' begannen, wollten wir uns mal wieder neu erfinden. Elektropop war große Mode und wir liebten es. So produzierten wir in den legendären Audio Ton Studios, wo schon Nina Hagen, Nena und Spliff aufgenommen hatten.“ (Rosenstolz)
Waren das traurige Nachrichten, als ROSENSTOLZ am 20. Dezember 2012 bekanntgaben, ihre 1991 gegründete Band vorerst auf unbestimmte Zeit ruhen zu lassen.
Und bis heute hat sich an diesem Zustand nichts verändert, sodass AnNa R. sich mit deutlich weniger Erfolg erst als GLEIS 8 und dann sogar als Live-Sängerin von SILLY versuchte.
Darum müssen wir uns wohl auch weiterhin mit den Neuveröffentlichungen alter ROSENSTOLZ-Alben über Wasser halten. Denn ROSENSTOLZ waren eben ROSENSTOLZ – mit AnNa R. und PETER PLATE, alles Andere ist nur halb so viel wert. Aber SIMON & GARFUNKEL ging es ja ganz ähnlich...
Warum ROSENSTOLZ aber sowas Besonderes sind, kann man nur zu gut auch auf dieser Veröffentlichung ihres erfolgreichen siebten Albums aus dem Jahr 2000 hören, welches es nun als 2021er-Vinyl-Remaster zu erstehen gibt. Und das Doppel-Vinyl ist genauso orangefarben wie die Schrift sowie die Innenseiten und Rückseite des Gatefold-Covers von „Kassengift“. Sehr schön sind auch die bedruckten LP-Innenhüllen anzuschauen, auf denen zugleich alle Texte zu finden sind.
Als „Kassengift“ 2000 erschien, eroberte es sofort die Spitze der deutschen Charts, obwohl sich das Duo musikalisch deutlich umorientierte und dem flotten Elektro-Pop, der damals extrem angesagt, aus heutiger Sicht aber doch ziemlich einseitig 'konserviert' war, mit deutschen Texten frönte.
Genauso angesagt war während dieser Zeit der britische Sänger und Songwriter MARC ALMOND, der bereits 1979 die Electro-Pop-Gruppe SOFT CELL gegründet und mit „Tainted Love“ einen echten Überflieger-Hit hatte, dem er dann im Jahr des Mauerfalls solistisch mit „Something's Gotten Hold Of My Heart“ einen weiteren folgen ließ.
So war es für ROSENSTOLZ natürlich ein mehr als cleverer Schachzug, Almond dazu zu bewegen, auf dem einzigen englischsprachig gesungenen Song „Total Eclipse“ mitzuwirken, was sicher den Verkauf des Albums zusätzlich anheizte und mit dazu beitrug, dass das siebte ROSENSTOLZ-Album zugleich das erste wurde, welches Platz 1 der deutschen Hit-Charts eroberte.
Aber auch ein in mittelalterlicher ENIGMA-Romantik angelegter Song, war mit „Amo Vitam“ als ungewöhnliches Platten-Highlight samt eigenartigem lateinischen Text auf „Kassengift“ zu entdecken, dessen Übersetzung lautete: „Ich liebe das Leben / Ich liebe den Sex / Doch warum bin ich einsam / Ich liebe die Rose / Ich sehne mich nach Frieden / Doch warum bin ich einsam“.
Ein Text, der ohne jeglichen Corona-Hintergrund entstand, aber unter diesem Aspekt betrachtet, extrem zeitgemäß erscheint.
Mit dem folgenden „Septembergrau“ gibt es dann genau das, was die meisten an ROSENSTOLZ liebten: Eine breit instrumentierte und klassisch untermalte Ballade mit bewegend-melodramatischen Text.
Und „Es ist vorbei“ schafft es dann, sogar noch ein wenig trauriger, ruhiger, melodramatischer und orchestraler zu klingen: „Gerade noch / Warst Du ein Stück der Ewigkeit / Schon Vergangenheit / Es ist vorbei...“
Aber auch „Kinder der Nacht“ wartet mit einem bedrückenden Text auf, der bereits ankündigte, dass bei ROSENSTOLZ der Druck der Öffentlichkeit und der Bühne Spuren hinterließ, der wohl am Ende auch zu der „unbestimmt langen“ und bis heute anhaltenden Pause führte: „Die Bühne wird zur Wirklichkeit / Die Wirklichkeit zum Traum […] Ich rede, doch ich hör mich nicht / Und seh' nichts als die Wand“.
Und dann setzt der „Engel der Schwermut“ sogar noch eins drauf: „Engel der Schwermut, lass mich jetzt los / Nimm mich oder flieg davon...“ Na, warten wir's mal ab.
Wem es nicht schwermütig genug sein kann, der sollte die dritte LP-Seite in Dauerrotation laufen lassen, denn alle drei Songs („Es ist vorbei“, „Engel der Schwermut“, „Du atmest nicht“ als Duett-Pop-Hymne zwischen Plate & AnNa R.) darauf sind traurige Balladen, wohingegen die letzte LP-Seite einen deutlichen Hang Richtung NINA HAGEN und deren theatralischen Gesang erkennen lässt, wobei natürlich die obligatorische Ballade mit „Sag doch“ auch auf dieser Seite nicht fehlen darf.
Wie man es auch hin und her schieben mag und welche Spekulationen man auch anstellt, ob ROSENSTOLZ jemals wieder ihre auf unbestimmt lange Zeit festgelegte Pause irgendwann noch beenden werden. Es steht in den Sternen, zwischen denen wohl noch immer der Engel der Schwermut unterwegs ist.
Darum ist speziell diese liebevolle Doppel-Vinyl-Veröffentlichung ein schönes Lebenszeichen aus der ROSENSTOLZ-Gruft, das man sich als Vinyl-Freund nicht entgehen lassen sollte, auch wenn es keine Bonus-Versionen, dafür aber zwei 180 Gramm schwere, orangene Vinyl-Scheiben im aufklappbaren Gatefold-Cover sowie mit vielen Fotos und allen Texten bedruckte Innenhüllen enthält.
Und glauben wir einfach den beiden, wenn sie zu der Neuveröffentlichung der alten „Kassengift“-Kamellen feststellen: „Wir wünschen euch nun ganz viel Spaß mit der Zusammenstellung und waren ganz erstaunt beim Wiederhören, wie schön unser 'Kassengift' gealtert ist.“
FAZIT: „Kassengift“ aus dem Jahr 2000 war das siebte und zugleich erste ROSENSTOLZ-Album, das Platz 1 der deutschen Charts eroberte. Nun also gibt es dieses – wenn schon kein neues gemeinsames Musik-Lebenszeichen von den beiden kommt – Album als Neuauflage sowie in verschiedenen Editionen zu erstehen, wobei das Highlight definitiv die erstmals auf orangenfarbenen 180g-Doppel-Vinyl erschienene Variante ist. Ansonsten heißt es, weiter warten, selbst wenn dieses Warten nun schon 10 Jahre andauert.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (14:59):
- Kassengift (3:56)
- Bastard (5:31)
- Kinder der Nacht (5:32)
- Seite B (12:42):
- Amo Vitam (3:32)
- Septembergrau (4:40)
- Achterbahn (4:30)
- Seite C (12:02):
- Es ist vorbei (4:01)
- Engel der Schwermut (4:29)
- Du atmest nicht (3:32)
- Seite D (16:37):
- Total Eclipse (4:02)
- Die schwarze Witwe (3:53)
- Sag doch (4:50)
- Mir graut's vor diesen Leuten (3:52)
- Bass - Tommy Jordy
- Gesang - AnNa R., Peter Plate, Marc Almond
- Gitarre - Tony Bruno, Marc Eisenschenk
- Keys - Peter Plate, Zoran Grujowski, Daniel Kramer, Patrick Majer
- Schlagzeug - Enno Kuck
- Sonstige - Anne de Wolff (Violine), Lorenzo Potenzo (Saxofon)
Interviews:
-
keine Interviews