Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Frank Zappa: Orchestral Favorites – 40th Anniversary Remaster (Review)

Artist:

Frank Zappa

Frank Zappa: Orchestral Favorites – 40th Anniversary Remaster
Album:

Orchestral Favorites – 40th Anniversary Remaster

Medium: 3 CDs
Stil:

Avantgarde, Klassik

Label: Zappa Records/Universal Music
Spieldauer: 151:34
Erschienen: 30.08.2019
Website: [Link]

Sensationelle Nachrichten für alle Freunde, Fans und Neugierige eines Musikers, der einfach als Genie bezeichnet werden muss: FRANK ZAPPA!

Würden wir eine Abstimmung zum hässlichsten Cover, das jemals auf einem offiziellen Zappa-Album verwendet wurde, starten, viele würden sich garantiert für „Orchestral Favorites“ aus dem Jahr 1979 entscheiden!
Dafür gibt‘s allerdings eindeutige Gründe, die vielleicht nicht jeder kennt. Denn Zappa veröffentlichte 1979 „Orchestral Favorites“ aus dem Clinch mit seinem damaligen, ihm unliebsamen gewordenen Label heraus. Aus Vertragsgründen musste er damals noch ein Album einreichen, sodass er dem Label die „Orchester-Stücke“ zur Verfügung stellte, das ohne sein Zutun, ohne einen Begleittext und ohne Credits die Zusammenstellung veröffentlichte. Weder dem Artwork noch dem finalen Audio-Master hatte Zappa zugestimmt. Stattdessen aber erklärte er sogar immer wieder in aller Öffentlichkeit, dass dieses Album seinen Ansprüchen nicht gerecht würde und im breiten Zappa-Oeuvre geriet es so ganz schnell zum unliebsamen Musik-Stiefkind seines perfektionistischen Musik-Stiefvaters, obwohl es doch genau das, was Zappa zu seinem Lebensende hin immer mehr beschäftigen und begeistern sollte, verinnerlichte. Dass Klassik auch von einem Rocker geschrieben zu ganz großen Symphonien werden kann. Zappa als Wagner des Rock!

Nun also ist es tatsächlich soweit – womit wir bei der angekündigten Sensation wären – dass „Orchestral Favorites“ vom Zappa Family Trust die ihm endlich gebührende Ehre erhält und im besten Sinne Zappas neu veröffentlicht wird. Ganz in seinem Sinne. Das sei hier noch einmal betont, denn nun gibt es alles das zu hören, sehen und lesen, was Zappa zuvor seinem verhassten Label aus der zwanghaften Not heraus vorenthielt. Jetzt wird „Orchestral Favorites“ zu dem Meisterwerk, das sich nahtlos in die hochwertigen Veröffentlichungen einfügt und noch dazu endlich seine klassische Phase genauso ankündigt, wie er sie später, kurz vor seinem Lebensende, auf „The Yellow Shark“ mit dem ENSEMBLE MODERN endgültig verwirklicht.
Umwerfend ist auch der hervorragende Sound, der locker das Niveau hochklassiger Jazz- oder Klassik-Aufnahmen hält – kristallklar aufgenommen, warme Bässe, herrliche Stereo-Effekte, deutlich hörbare Trennung einzelner Instrumente, die ihren kleinen Soli zum ganz großen Klang verhelfen, deutliche, unüberhörbare, experimentelle „200 Motels“-Ansätze, Klang-Gimmicks und vieles mehr erwärmt hierbei das Ohr eines jeden Klangfetischisten.

Das Einzige jedenfalls, was optisch und akustische im Grunde an dem Ur-Cover sowie Ur-Album erhalten blieb, ist der „Orchestral“-Schriftzug!

Es ist schon echt kurios, dass genau zwischen den eingängigsten Alben von FRANK ZAPPA, „Sheik Yerbouti“ und „Joe‘s Garage“ – beide aus dem Jahr 1979 – eins seiner ungewöhnlichsten, der Klassik frönenden, Alben liegt: „Orchestral Favorites“. Denn eins war bis zu ZAPPAS traurigem Ende, als er 1993 seinen Kampf gegen den Krebs verlor, für ihn immer von immenser Bedeutung: die Klassik!
Und es kotzte ihn extrem an, dass viele klassische Musiker so taten, als wären Rockmusiker nur ein Abfallprodukt der anspruchsvollen E(rnsten)-Musik. Mit überheblicher Arroganz belächelte oder lehnte man sie damals ab. So rückte sich die Klassik selbst ins Abseits und erkannte deutlich zu spät, dass gerade die Zusammenarbeit mit erfolgreichen Rock-Bands ihrem angestaubten Ruf alter Musik-Knacker, die sich bis dahin mit Klugscheißerei und Intoleranz gegenüber jeder U(nterhaltungs)-Musik künstlich aufwerteten, wieder zu neuem Leben verhalf.

ZAPPA war auch in dieser Beziehung seiner (intoleranten) Zeit wieder um Jahre voraus, selbst wenn das anno 1979 keiner – egal, ob er aus dem klassischen oder rockigen Musik-Genre kam – wahrhaben wollte, obwohl doch ein klassisch ausgebildeter JON LORD mit DEEP PURPLE Anfang der 70er-Jahre längst diesbezügliche ein unüberhörbares Achtungszeichen gesetzt hatte. Auch er wurde anfangs nur belächelt (sogar von Band-Kollegen BLACKMORE, der heute als nächtlicher Mittelalterbarde rumtingelt) bis er, der erfolgreiche, klassisch geschulte Hardrocker LORD, seinem göttlichen Namen folgend, plötzlich seine Partituren hervorholte und ganze Symphonien hervorzauberte, die nicht nur im „April“ gespielt worden.
LORD & ZAPPA, das waren die rock-klassischen Meister, die bewiesen, dass Rock und Klassik sich ergänzen statt zu widersprechen! Beide sorgten für frischen Wind in den muffigen Orchester-Katakomben und ZAPPA ließ dabei sogar, wie es herrlich mit mehreren Bildern im fetten 24-seitigen Booklet dokumentiert ist, zwar nicht die Hosen runter, sondern das Hemd fallen, sogar während er die Klassik-Herrschaften fein säuberlich mit Taktstock dirigierte. Wunderschön auch die Szene im Inneren des vierflügeligen Digipaks, in der er dem „richtigen“ Dirigenten Michael Zearott den Taktstock übergibt, während der sich vor ZAPPA verneigt. Allein das sagt schon viel über die grandiose Musik aus, die uns hinter dieser „40th Anniversary Remaster“-Edition erwartet.

Bereits 1991 überarbeitete Zappa noch kurz vor seinem Tod die „Orchestral Favorites“ für eine Veröffentlichung auf CD, aber erst nach seinem Tod kam es zu ein paar Neuauflagen. Nun aber, im Jahr 2019, kann das Konzert erstmals gänzlich im Sinne des Maestros und in einem außergewöhnlichen Klang veröffentlicht werden. Da muss man wirklich sagen: „Schade, dass ZAPPA, der am Ende so sehr der Klassik verfallen war, das nicht mehr erleben durfte!“

Und da nur eine Sensation im Rahmen eines Albums nicht zu genügen scheint – oh, welch Glück – gibt es gleich noch eine zweite mit dazu, die sich zugleich über zwei weitere CD‘s erstreckt. Erstmals dürfen wir nun auch das komplette Konzert, samt aller Geschichten, Ansagen und Anweisungen Zappas, vom 18. September 1975 hören, das bis heute in den Archiven schlummerte. Ungewöhnlich war auch der Anlass dafür, denn ZAPPA buchte auf eigene Kosten ein 37-köpfiges Orchester dafür, um seine klassische Musik auch mal live hören zu können.
Vieles zu den Hintergründen kann man auch im Booklet von TERRY BOZZIO, der sogar mehrere Zeichnungen mit beisteuert, und Joe Travers lesen, wobei man vom Zappa-Archivar Travers folgendes erfährt: „Frank beaufsichtigte alles. Er mietete die Sound- und Lichttechnik und mixte den Sound teilweise sogar selbst. Manchmal dirigierte er das Orchester und spielte mit ihnen Gitarre. Das Material bestand aus komplexer und anspruchsvoller Musik aus der kompletten künstlerischen Laufbahn Zappas – von älteren Stücken, die noch aus der Zeit vor den Mothers Of Invention stammten, bis zu brandneuen, bei denen die Tinte noch gar nicht getrocknet war, gewürzt mit einigen von Zappas berühmten Improvisationen.”

Alle ZAPPA-Jünger werden, so viel sei hier versprochen, wenn sie die drei CD‘s gehört haben, ihr Glück kaum fassen können, so lebendig, modern und klassisch sowie audiophil meisterhaft klingt „Orchestral Favorites – 40th Anniversary Remaster“, als wäre das symphonische Werk mit seinen jazzigen Verspieltheiten gerade erst entstanden und das viel zu früh verstorbene Genie ZAPPA kurz noch einmal in Richtung Erde gedüst, um genau das in seinem Sinne zu vollenden, was ihm 1975 durch den Stunk mit seiner Ex-Plattenfirma gehörig vermiest worden war.

FAZIT: Ganz klar: Alle ZAPPA-Freunde, die besonders seine klassische Ader zu schätzen wissen, werden mit „Orchestral Favorites – 40th Anniversary Remaster“ ihr wahres (Klang-)Wunder – ausschließlich im positiven Sinne verstanden – erleben!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3859x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • CD 1 – Original Album - 40th Anniversary Remaster (41:14):
  • Strictly Genteel
  • Pedro’s Dowry
  • Naval Aviation In Art?
  • Duke Of Prunes
  • Bogus Pomp
  • Bonus Track
  • Strictly Genteel (Keyboard OD Version)
  • CD 2 – THE ABNUCEALS EMUUKHA ELECTRIC SYMPHONY ORCHESTRA Live At Royce Hall, 18. September 1975 (49:21):
  • Show Start / Bogus Pomp Explained (2019)
  • Bogus Pomp (1979)
  • Revised Music For Low-Budget Symphony Orchestra (2019)
  • The Story Of Pedro’s Dowry (2019)
  • Pedro’s Dowry (1979)
  • The Story Of Rollo (2019)
  • Rollo (2004)
  • CD 3 – THE ABNUCEALS EMUUKHA ELECTRIC SYMPHONY ORCHESTRA Live At Royce Hall, 18. September 1975 (60:59):
  • Black Napkins Instructions (2019)
  • Black Napkins (1976)
  • Dog/Meat (1988)
  • The Players (2019)
  • Naval Aviation In Art? (1971)
  • Another Weirdo Number (2019)
  • Lumpy Gravy (Extract) / Improvistation (1967/2019)
  • Evening At The Hermitage (2008/2019)
  • A Special Guest Artist (2019)
  • Duke Of Prunes (1967/1975)
  • Absolutely Disgusting (2019)
  • The Adventures Of Greggery Peccary (1978)
  • Strictly Genteel (1971)

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Wobei handelt es sich nicht um ein Getränk: Kaffee, Tee, Bier, Schnitzel

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!