Wen nerven sie eigentlich nicht, diese ständigen Negativ-Nachrichten mit denen wir fast täglich gefüttert werden, wenn es um Russland geht?
Man hört darüber hinweg.
Worüber man aber auf keinen Fall hinweghören sollte, das sind JAHROOM aus Russland.
Endlich mal eine richtig gute musikalische Nachricht aus Russland!

Mit der Doppel-CD „Cut-Price Goods / Nyx“ präsentiert das russische Trio in klassischer Besetzung mit Bass, Schlagzeug und Gitarre sowie tatkräftiger Unterstützung an Saxofonen und Trompeten ein wahres Fusion-Monster und gigantischen Monolithen aus Noise, Jazz, Progressive Rock, Psyche und Metal zugleich, der sich mal in der totalen Freiform austobt und dann immer wieder nach harmonischen Melodien sucht, diese findet und dann nach und nach wieder zerpflückt.
Ganz ähnlich müssen auch KING CRIMSON oder MAGMA in den Anfängen ihrer musikalischen Sinnsuche begonnen haben, um sich dann als perfekte Musiker an ihren Instrumenten auszuleben, zu experimentieren und diesen schier unglaubliche Klänge zu entlocken.

Da scheißt man nur zu gerne bei den Instrumental-Aufnahmen auf irgendwelche unsinnigen Titelnahmen und nennt jedes Stück einfach „Cut“ und setzt eine Nummer (vielleicht nach der Reihenfolge seiner Entstehung) dahinter. Und dass man dann aus Versehen „Cut 34“ gleich zweimal mit ganz unterschiedlichen Klangvariationen auf ein Album bringt, ist doch egal. Denn die Musik zählt – und die ist schier der Wahnsinn. Ein wilder Trip durch die Gehörgänge des mutigen Hörers, der Experimentierfreudiges genauso lieben muss wie extrem Progressives und zugleich Wildes, aber auch immer wieder gerne einen Hang zur Harmonie auslebt.

Absolutes Highlight ist der 21minutige „Cut-02“ mit dem Saxofonisten IVAN SHANIN, das Jazz-Rock der allerersten Güteklasse bietet, inklusive Vogelgezwitscher und herrlich-atmosphärischen Sound-Collagen, die sich zum Ende hin zu einem Post-Jazz-Rock-Stück erheben, das mit einem perkussiven Schluss wieder zurück zu der Ruhe des vogelzwitschernden Anfangs findet.

Dieses JAHROOM-Doppel-Album wurde von dem russischen Experimentier-Label BNiL, dessen Namen man sich unbedingt merken sollte, veröffentlicht und dessen Label-Inhaber mit dieser Kurzbeschreibung an uns herangetreten ist: „Wir sind das leidenschaftliche Label BNiL aus Moskau, Russland. Wir veröffentlichen verschiedene Musikrichtungen - Stoner, Doom, Sludge, Prog, Psychedelic Rock, Ambient, Electronic, Musique Concrète, Jazz Punk, Hardrock ... und wir haben 2011 damit begonnen, total ungewöhnliche Musik zu unterstützen!“
Diesen Label-Namen sollte man sich unbedingt merken, denn wenn ein russisches Label solche Band wie JAHROOM fördert und unterstützt, indem es mit dieser Neuveröffentlichung deren ersten 2015er-Albums „Cut-Price Goods“ und ihrer ersten 2012er-EP „Nyx“ aufwartet, die im Endeffekt wie die russische Musik-Ausgabe von PANZERBALLETT aus Deutschland und ELEPHANT9 aus Norwegen – zwei wirklich großartigen Fusion-Bands – klingen, mit denen sich JAHROOM gekonnt auf eine Stufe stellen, dann ist das ein gewagter und zugleich großer Glücksgriff.

Wir jedenfalls verlieren BNiL nicht aus den Augen und werden demnächst noch mehrere Alben von ihnen besprechen. Eine echte Entdeckung aus Russland – und noch dazu ohne jegliche kaltgriegerische Lautmalereien, wie es unsere Politiker ja so gerne tun.

FAZIT: Mit JAHROOM wartet eine echte Fusion-Jazz-Rock-Prog-Psyche-Noise-Entdeckung aus Moskau auf uns, die mit diesem Doppel-Album „Cut-Price Goods / Nyx“, bestehend aus ihrem 2015er-Longplayer plus ihrer 2012er-EP, sich ganz locker auf eine Stufe mit PANZERBALLETT und ELEPHANT9 stellen.

PS: Und wo das Album von Freunden guten Jazz-Rocks gekauft wird, ist ja eigentlich klar, genau hier mit einem Klick und nicht bei...