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Adam Nergal Darski: Beichten eines Ketzers. Der Heilige und der Heide: Behemoth and Beyond (Review)
Artist: | Adam Nergal Darski |
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Album: | Beichten eines Ketzers. Der Heilige und der Heide: Behemoth and Beyond |
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Medium: | Buch | |
Stil: | Biographie |
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Label: | Index Verlag | |
Spieldauer: | 388 Seiten | |
Erschienen: | 01.11.2018 | |
Website: | [Link] |
Geschenktipp für Weihnachten gewünscht? Kollegahs Autobiographie soll es nicht sein? Aber so in die Richtung? Nun, wer wissen möchte, wie man „mit Stil“ seinem erzkatholischen Heimatland den Beelzebub beibringt, wie man in selbigem Land die Klatschpresse mit seinem Liebesleben in Atem hält, wie Leukämie zu seiner „bitch“ macht, und nicht zuletzt: Wie man seine Band zum wohl Weltmarktführer in Sachen Extreme Metal macht – bitte: „Confessions of a Heretic“, oder zu Deutsch, „Beichten eines Ketzers“, die Autobiographie von Behemoths Frontman ADAM NERGAL DARSKI.
Wer sich von dieser Lektüre Einsichten in die Entstehung der letzten beiden Behemoth-Albem „The Satanist“ und „I Loved You at Your Darkest“ erhofft, wird von den Confessiones des Mannes mit dem schönen biblischen Vornamen möglicherweise enttäuscht sein. Auf polnisch erschien das Buch bereits im Jahr 2012, auf englisch zwei Jahre später. Nun hat sich der Index Verlag der deutschen Ausgabe angenommen. Dass man den unwahrscheinlichen Erfolg, der dem „Satanist“-Album beschieden war, oder auch Nergals Blues-Ausflüge mit John Porter (Me and that Man) allenfalls latent vorgezeichnet sieht, ergibt sich demnach von selbst.
Besonders ist, dass dieses Buch nicht aus Nergals einsamer Feder stammt, sondern durchgehend dialogisch gehalten ist: Im Gespräch mit seinen Freunden Krzysztof Azarewic und Piotr Weltrowski hat sich Nergal für über 100 Interviews zusammengetan. Die beiden haben zusammen ein Ambientprojekt namens The Fourth is Eligor gegründet, Azarewic ist als Verfasser nicht weniger Behemoth-Lyrics sicherlich ein nicht unwesentlicher Faktor für die okkulte Ausrichtung der Band. Äußerst wohltuend ist nun die Tatsache, dass die beiden, die als Fragende nicht gesondert bezeichnet werden, keine passive Leerstelle in diesem fast vierhundert Seiten starken Gesprächsprotokoll bilden, aus der höchstens Steilvorlagen für des Protagonisten Monologe hallen, sondern ihn, mit dem umfänglichen Wissen, das sie als seine Vertrauten haben, ausgestattet, nicht selten ins Kreuzverhör nehmen und auch den Mut zur Unterbrechung und zum Aufzeigen widersprüchlicher Aussagen haben. Dadurch entsteht eine Dynamik, die der eines echten, ungestellten Gesprächs sehr nahe kommt.
Andererseits ist auch mehr als deutlich, dass die Rolle des Advocatus Diaboli, die die beiden des Öfteren annehmen, tatsächlich nicht ihre eigene ist. Inhaltliche Diskussionen, gerade um Nergals „philosophische“ Ansichten, finden kaum statt, eher ist es die Frage der Klarheit und Deutlichkeit, die viele Einwürfe von Azarewic und Weltrowski motiviert.
Worum geht nun? In loser Chronologie folgt das Buch Nergals Leben, inhaltlich ergeben sich einige größere Themenblöcke. Erstaunlicherweise bildet Behemoth dabei nicht den größten. Zwar ist die Band als Nergals „Hauptberuf“ bei allem mitgedacht, aber genau wie es meistens unüblich ist, seine Freunde im Gespräch mit Details aus seinem Arbeitsleben zu versorgen, bewegen sich diese Unterhaltungen eher in allgemein bzw. alltäglichen gehaltenen Bahnen. Selbstverständlich gibt Nergal die ein oder andere Tourstory zum besten, meist jedoch, um etwas zu illustrieren, nicht in chronistischer Absicht. Einen zweiten Themenblock bildet Nergals Krankheit: 2010 erhielt er die Diagnose Leukämie. Detailliert berichtet er von der Zeit vor und während seiner Behandlung, natürlich auch von den weltanschaulichen Auswirkungen, die diese lebensbedrohliche Situation auf ihn ausübte. Ein drittes Thema, welches in der Tat erstaunlich ausführlich behandelt wird, ist Nergals Verhältnis zu Frauen, und zu einer Frau im besonderen: Dem polnischen Pop-Sternchen Dorota „Doda“ Rabczewska, mit der jener für zwei Jahre äußerst medienwirksam liiert war.
Überspannt und verbunden werden diese – und viele andere! – Themen von der großen Erzählung „Adam und wie er die Welt sah“, bzw. sieht. Dafür, dass man von einer mit Namen und Daten überladenen, punktlosen Ereigniserzählung verschont wird, muss man in Kauf nehmen, in teilweise übermäßiger Ausführlichkeit zu lesen, wie Nergal beschreibt, wer er selbst ist, was er will, was er nicht will, was er von diesem und jenem hält und warum. Außerdem, wie er dieses und jenes, was er tat und tut mit dieser und jener Anschauung in Einklang bringt. Was er an Menschen schätzt und was nicht, was an sich selbst und was nicht. Notwendig muss bei einer solch ausgedehnten Selbstbetrachtung, vor allem, wenn sie in Reaktion auf die provokanten Fragen seiner Gesprächspartner in rechtfertigendem Ton formuliert wird, der Eindruck einer auf Dauer etwas enervierenden Selbstbezogenheit dieses Mannes einhergehen, gerade, weil das Gespräch im Hinblick auf allgemeine Fragen über „Gott und die Welt“ kaum je wirklich in die Tiefe geht: „Der Teufel ist Underground. Gott ist Mainstream“. Amen.
Soweit es mir ersichtlich ist, handelt es sich bei dieser deutschen Ausgabe nicht um eine Übertragung aus dem polnischen Original, sondern aus der englischen Übersetzung und auch ohne eine dieser Ausgaben vorliegen zu haben, entsteht nicht selten der Eindruck, dass der ursprüngliche Sinn eines Satzes oder Absatzes in der Übersetzung verloren gegangen ist oder verfälscht wurde. Darüber hinaus ist der Text, abgesehen von einigen offenbaren „Autocorrect-Fehlern“, eine recht solide aber weitgehend hölzerne Lektüre. Es gibt einige farbige Fotos zu bestaunen und die Kapitel sind mit schön gelayouteten Deckblättern im Stile abgegriffener Aktenseiten versehen. Eines der insgesamt vier Vorwörter stammt von Randy Blythe, dem Sänger von Lamb of God.
FAZIT: Er sei wie ein Schwamm, sagt Nergal in „Beichten eines Ketzers“ einmal. Er sauge seine Umwelt auf und gebe sie auf seine ganz individuelle Weise wieder ab. In die Struktur dieses Schwammes gibt dieses Buch umfassenden Einblick, wenn auch nicht einen so tiefgehenden, wie es das dichte Netz an suggestiver Symbolik, das Nergals Kunst durchzieht, möglicherweise erwarten lässt. „Nebenbei“ bekommt man schlaglichtartige Einblicke in seinen Werdegang als Musiker, als Mann, als Mensch, die aus heutiger – und nicht-polnischer – Sicht manchmal nicht ganz nachvollziehbare Akzente setzen. Nergal erklärt nicht die Welt auch nicht die des Black Metal, er erklärt sich selbst – mehr oder weniger erfolgreich. Ein unterhaltsames, leicht bekömmliches Selbstporträt eines Mannes, der sich (vielleicht erstaunlicherweise) als ein ziemlich aufgeklärter, ziemlich vernünftiger, pragmatischer, alles in allem also ziemlich normaler Typ herausstellt. Kann man als Behemoth-Fan, -Hasser, -Ignorant lesen – oder auch nicht.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Verschiedene Vorwörter
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- Kontinuierlich editiertes Gesprächsprotokoll, grob in thematische Kapitel gegliedert
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- Farbige Bilder
- Sonstige - Krzysztof Azarewic, Piotr Weltrowski - Interviews; Mark Eglinton - englische Übersetzung; Jochen Herlitz - deutsche Übersetzung
Interviews:
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keine Interviews