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Konstantin Wecker: Poesie und Widerstand (Review)

Artist:

Konstantin Wecker

Konstantin Wecker: Poesie und Widerstand
Album:

Poesie und Widerstand

Medium: Do-CD
Stil:

Liedermacher und „singender Anarchist“

Label: Sturm und Klang Musikverlag/Alive
Spieldauer: 127:58
Erschienen: 26.05.2017
Website: [Link]

KONSTANTIN WECKER feiert friedlich-freundlich lächelnd seinen 70. Geburtstag und beschenkt sich dabei selber und die Freunde seiner Musik gleich mit einer Doppel-CD, die eigens aus Anlass seines 70. Geburtstags als Jubiläums-Edition erscheint.
Er, der „singende Anarchist“ - eine Bezeichnung, auf die er noch heute, mit (fast) 70, besteht – lächelt uns freundlich und irgendwie sehr selbstzufrieden als lebendige Antithese von seinem Album mit dem Titel „Poesie und Widerstand“ an. Auch zeigt er uns leider noch nicht einmal mehr die Zähne, zumindest nicht auf dem Cover, was nicht so schlimm ist. Schlimmer ist, dass auf der eigenen Werkschau aus 50 Jahren Musiker- und Liedermacher-Dasein, sein bissigster und ihm den ersten wirklich großen Erfolg bescherender Titel fehlt: „Willy (1978)“!

Dafür aber wartet er mit ganz großem musikalischen Gefolge und sogar dem Kammerorchester der Bayerischen Philharmonie auf und lässt dieses Doppel-Album auch ohne "Willy" zu einem echten "altersehrwürdigen" Highlight seiner Karriere werden.

Ob dieses „Geburtstagsalbum“ Sinn macht, ist eine ganz andere Frage, die Wecker für sich jedenfalls im Bayrischen Rundfunk eindeutig beantwortet, indem er zum Vergleich den großen Lyriker RILKE anführt, dessen Gedichte er damals wie heute leidenschaftlich liebte: „Wenn ich als Gedichtliebhaber ein Gedicht von Rilke jetzt zur Hand nehme, das ich mit zwanzig schon geliebt hab‘, liebe ich es jetzt auch noch, aber ich interpretiere es anders, weil: da sind 50 Jahre dazwischen, die ich auch gelebt und erlebt habe. Und so geht‘s mir mit meinen Gedichten genauso.“

Wecker singt also seine alten Lieder auf „Poesie und Widerstand“ so gesehen neu und aus der Distanz von Jahr(zehnt)en betrachtet und fügt diesen noch ein paar völlig neue Lieder hinzu, von denen „Den Parolen keine Chance“ und der Flüchtlingssong „Ich habe einen Traum“ derzeit das meiste Aufsehen erregen. Außerdem schart er dazu viele junge Musiker – seine Bewunderer – um sich und lässt sie an seiner musikalischen Geburtstagsfeier aktiv teilhaben, von ASP Spreng über DOMINIK PLANGGER bis hin zu (Achtung!!!) CONCHITA WURST sowie den Kinderchor der Bayerischen Philharmonie u.v.m.

„Sage Nein“ gibt es dann gleich in zwei Versionen, vor deren ersten Wecker per Sprechtext erläutert, warum er kein Patriot ist, bis daraufhin das Kammerorchester der Bayerischen Philharmonie eine orchestrale Untermalung beisteuert, damit daraufhin das dynamisch-fordernde „Sage Nein“ ordentlich Fahrt aufnehmen kann.
Ein besonderes Schmankerl aber ist die zweite Version, der Bonus! Hier singt Wecker gemeinsam mit ASP, PIPPO POLLINA, CETIN ORANER und CONCHITA WURST seinen Kult-Song für alle Nazi-Verweigerer. Dazu begleitet ihn das Orchester. Gänsehaut pur!

„Ich singe, weil ich ein Lied hab‘“ wird zu einem bewegenden Duett mit der lateinamerikanischen Sängerin und Gitarristin GABY MORENO ausgebaut, die ihren umfangreichen Teil in spanischer Sprache singt. Eins der besten Stücke des gesamten Doppelalbums, das natürlich für jeden Fan oder Freund von der Musik KONSTANTIN WECKERs garantiert auch bei den weiteren neu arrangierten – oftmals weltmusikalisch anmutenden - Liedern, die er entweder an seinem Klavier und mit seiner breitgefächerten Band oder dem Kammerorchester einspielt, sodass neben den symphonischen Klängen auch orientalischen Flöten, Hackbrett, Geigen, Trompeten, Bluesharp, Cello und ein komplettes Rockinstrumentarium aufwarten.

Mit „Niemals Applaus (für meinen Vater)“ versteckt sich auf diesem Album auch eine unsagbar bewegende Liebeserklärung an seinen Vater, die so zugleich zum persönlichsten Stück auf „Poesie und Widerstand“ wird und das folgende „Liebesdank“ erhält dadurch in gewisser Weise gar einen neuen Aspekt.

Die zweite CD ist noch ruhiger als die erste und lebt vorrangig von den melancholischen Momenten und Texten Weckers, der sich dabei hauptsächlich am Klavier begleitet, während sich Band und Orchester deutlich zurückhalten. Dafür treten viele Duett-Partner an Weckers Seite und mit „Caruso“ beweist KONSTANTIN WECKER sogar, dass er seinen musikalischen Weg sogar als Opernsänger hätte beschreiten können. Ein grandioser, weil in dieser Form unerwarteter Song. Da kann man nur sagen: „Ich danke dem Leben“ oder eben „Gracias a la Vida“!

FAZIT: Besser als mit solchem Album kann man sich und alle, die mit einem in welchem Sinne auch immer verbunden sind, zu seinem 70. Geburtstag wirklich nicht beschenken!
Der leidenschaftliche, in die Jahre gekommene Liedermacher und „singende Anarchist“ feiert sich mit einem Doppel-Album zu seinem runden Ehrentag selber, indem er seine alten Aufnahmen (leider ohne „Willy“) und ein paar neue Stücke mit der Unterstützung von zahlreichen Musikern, Gastsängern, einem Orchester und einem Kinder-Chor auf „Poesie und Widerstand“ neu einspielt. Und egal, wie alt er auch sein mag, seine Leidenschaft und Bissigkeit hat er nicht verloren, sondern gehegt und gepflegt, um sie jetzt noch einmal richtig rauszulassen.
Herzlichen Glückwunsch zu diesem gelungenen Album, KONSTANTIN WECKER und dann natürlich noch zu deinem 70. Geburtstag am 1. Juni!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 6297x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • CD 1 (64:49):
  • Den Parolen keine Chance
  • Sage Nein
  • Ich singe, weil ich ein Lied hab‘
  • Der alte Kaiser
  • Endlich wieder unten
  • Was passierte in den Jahren
  • Weltenbrand
  • Niemals Applaus (Für meinen Vater)
  • Liebesdank
  • Stirb ma ned weg
  • Was immer mir der Wind erzählt
  • Inwendig warm
  • Wut und Zärtlichkeit
  • Empört euch
  • Was keiner wagt
  • Sage Nein (Bonus-Version)
  • CD 2 (63:09):
  • Leben im Leben
  • Die Weiße Rose
  • Novalis
  • Alles das und mehr
  • Dass alles so vergänglich ist
  • Kleines Herbstlied
  • Wenn der Sommer nicht mehr weit ist
  • Das ganze schrecklich schöne Leben
  • Nur dafür lasst uns leben
  • Ich habe einen Traum
  • Gracias a la Vida
  • Questa nuova Realità
  • Caruso
  • Schlendern
  • Tropferl im Meer

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Robb
gepostet am: 26.05.2017

User-Wertung:
1 Punkte

Klingt furchtbar, muss man den kennen?
Thoralf Koß [musikreviews.de]
gepostet am: 27.05.2017

Unbedingt!
Aber man muss auch auf seine Texte hören!
Gautam
gepostet am: 31.05.2017

User-Wertung:
15 Punkte

Seltsame Frage! Wer muss schon...jemanden kennen!
Nicht Aber, seine Kraft, seine Poesie, seine Art Klavier zu spielen und zu singen, sich dem Publikum zuzuwenden und sein tiefer Ernst in der Auseinandersetzung mit Menschen, Frieden, Krieg, Lebensfreude und Dummheit, sind überzeugend und machen diese Frage so was von überflüssig!
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