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Matthew Parmenter: All Our Yesterdays (Review)

Artist:

Matthew Parmenter

Matthew Parmenter: All Our Yesterdays
Album:

All Our Yesterdays

Medium: CD
Stil:

Progressive-Rock trifft auf Shakespeare-Klassik

Label: Bad Elephant Music / Just For Kicks
Spieldauer: 41:43
Erschienen: 18.03.2016
Website: [Link]

„Und all unser Gestern wurde von Narren beleuchtet!“ (oder: „Auf unseren bisherigen Weg wurden wir von Dummköpfen geführt!“)
Das sind ganz große Worte!
So groß, dass sie im Grunde nur von SHAKESPEARE stammen können.
Und sie stammen tatsächlich vom größten englischen Dramatiker!
Diese Worte finden wir wieder auf dem aktuellen Album von MATTHEW PARMENTER - was schon wieder viel aussagt über die verschrobene Musik-Intelligenz hinter dem unumstrittenen DISCIPLINE-Kopf, der sich nicht zu schade ist, auf seinem dritten Solo-Album den direkten Schritt Richtung Shakespeare zu wagen!

Im 5. Akt der 5. Szene von „Macbeth“ finden wir den Satz „And All Our Yesterdays have lightet fools the way to dusty death.“ MACBETH also, die Tragödie vom Aufstieg und Fall des Königs von Schottland, der sich vom guten Heerführer (Man beachte nur die NAPOLEONsche Geste Parmenters auf seinem Cover!!!) zum mordenden tyrannischen König entwickelt und am Ende in einem Zweikampf getötet wird. Dass Parmenter genau diese Szene für den Titel seines Albums verwendet und noch ein Stück weiter geht, indem er einen kompletten Auszug des Shakespeare-Stücks im gleichnamigen Song vertonte, verweist bereits auf die außergewöhnliche Musikerpersönlichkeit hinter dem Frontmann von DISCIPLINE.
Nicht nur vom Gesang und der Stilistik seiner Musik her gibt es außerdem unmittelbare Parallelen zu PETER HAMMILL, der eine ähnlich dipolare Musikerpersönlichkeit im Verhältnis zu VAN DER GRAAF GENERATOR entfaltet wie MATTHEW PARMENTER zu seiner Stammband. Das ganze Drumherum lässt Parmenter wie ein Hammill-Ziehkind erscheinen, welches durch dessen wahrhaft gute Schule gegangen ist.

Geht man ein bisschen weiter, könnte man locker die Behauptung aufstellen, in den ersten sechs Songs von „All Our Yesterdays“ treffen die melodramatische Genialität eines PETER HAMMILL in Person von MATTHEW PARMENTER auf die mystische Faszination der Shakespeare-Dichtkunst sowie das Märchenhafte der persischen Geschichten aus „Tausendundeiner Nacht“, denn auch hier geht es verdammt düster zu, wenn man sich auf die „Scheherazade“ konzentriert, die das Parmenter-Album eröffnet und zugleich, besonders wegen all der Vokal-Akrobatik darin, einer der bewegendste Song der ganzen Parmenter-Ära ist.
Scheherazade ist die Tochter eines Wesirs, die sich vom persischen König heiraten lässt, der, nachdem er von seiner Frau betrogen wurde, nicht mehr an die Treue einer Frau glaubt. Daraufhin heiratet er jeden Tag eine andere Frau und lässt sie unmittelbar nach der Heirat töten, damit sie ihm nicht untreu werden kann. Erst der Scheherazade gelingt es ihn umzustimmen, indem sie ihm jede Nacht eine spannende Geschichte erzählt, auf deren Fortsetzung der König sehnsüchtig wartet, weswegen er seine aktuelle Frau nicht töten lässt. Das geht 1001 Nächte lang, währenddessen Scheherazade dem König auch noch drei Kinder gebärt. Ihre Klugheit und offensichtliche Treue stimmt den König um und rettet vielen anderen Frauen dadurch ihr Leben.
Bei Parmenter klingt das dann so:
„Scheherazade / Weaving stories into stories / Will she not obey / Will she use her crown to stray / And mock me / For a thousand / Years.“
MATTHEW PARMENTER wählt sich seinen ganz eigenen Weg zum Klassiker - ein Weg, der sich abseits der DISCIPLINE-Pfade bewegt, aber sie von der musikalischen Intensität und Tiefe her nie verlässt. Das ist kein Widerspruch, sondern eher ähnlich wie in der bittersüßen Ballade „I Am A Shadow“ (Du bist real und ich der Schatten / Und wenn das Licht angeht, dann sterbe ich!).

Aber auch rein instrumental passiert einiges auf „All Our Yesterdays“, das Parmenter gänzlich im Alleingang eingespielt hat und sich gerade mal auf vier der zehn Songs vom DISCIPLINE-Kollegen PAUL DZENDZEL hinter den Fellen unterstützen ließ. Natürlich dominiert dabei - genau wie bei PETER HAMMILL - das Piano.
Im rein instrumentalen „Danse Du Ventre“ wartet er im Hintergrund sogar mit einem Frippertronic-Loop auf, der sich immer mehr in den Vordergrund spielt, wärend ihm Percussions sowie zartes Piano-Spiel den Weg weisen. Ein Stück, das Erinnerungen an die „No Pussyfoorting“-Ära von ENO & FRIPP weckt.

Leider fallen „Consumption“ komplett und das Ende von „Hey For The Dance“ auch unangenehm mit überflüssigen Blues-Rhythmen und seltsamen Gitarren-Geschrammel aus der Reihe. Hier trifft dann Banali- auf Genialität.
Ja, auch MATTHEW PARMENTER ist nur ein Mensch und Musiker und Dichter!

FAZIT: In „All Our Yesterdays“ trifft die Melodramatik eines PETER HAMMILLs auf Shakespeare-Dichtkunst sowie lebensverlängernde Geschichten - und trägt den Namen MATTHEW PARMENTER. Oder wie würde es Shakespeare so schön sagen, natürlich nachzulesen in „All Our Yesterdays“: „It is a tale / Told by an idiot / Full of sound and fury / Signifying nothing.“ Große Kunst ist das auf jeden Fall, auch wenn sie ein paar seltsame Ecken und Kanten aufweist! Doch bleibend ist sie sowieso!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3451x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Scheherazade
  • Danse Du Ventre
  • Digital
  • I Am A Shadow
  • All For Nothing
  • All Our Yesterdays
  • Stuff In The Bag
  • Inside
  • Consumption
  • Hey For The Dance

Besetzung:

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