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Freedom To Glide: Fall (Review)
Artist: | Freedom To Glide |
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Album: | Fall |
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Medium: | CD | |
Stil: | Melancholischer Progressive Rock |
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Label: | Rubystorm Records / Just For Kicks | |
Spieldauer: | 61:28 | |
Erschienen: | 29.07.2016 | |
Website: | [Link] |
„Es kann keinen so großen Narren geben, der Krieg dem Frieden vorzieht. Im Frieden begraben die Söhne ihre Väter. Im Krieg begraben die Väter ihre Söhne!“ - mit diesem Zitat von Herodot (485-425 v. Chr.) wird der zweite Teil der progressiv-rockigen Kriegstrilogie von FREEDOM TO GLIDE im ansprechend gestalteten Digipak samt 20seitigem Booklet inklusive aller Texte eingeleitet.
Ein dunkles Piano und trauriger Gesang - so als hätte man sich in einen Song von DAVID SYLVIAN verirrt – eröffnen das Album, um dann kurz laut auszubrechen und in typische Klangcollagen, wie man sie von vielen PINK FLOYD-Alben her kennt, umzuschwenken. Melancholie und Trauer regieren schon ab hier. Das entspricht völlig der Thematik des zweiten Teils der als Trilogie geplanten Kriegsgeschichte um CPL. R. Wilson, der 1914 als 18jähriger in den I. Weltkrieg ziehen musste und die man ausgiebig auf der Homepage der britischen Band nachlesen und auf alten Fotos bewundern kann. Auch taucht während der einstündigen Laufzeit immer wieder Glockengeläut auf, so als wäre die „Division Bell“ samt aller „High Hopes“ nicht weit.
Lässt man sich noch genauer auf den Text ein, dann erkennt man ganz schnell, warum dieser Robert Wilson eine so große Rolle für die Musiker spielt, denn er ist der Großvater eines der beiden Musiker, der ohne ihn nie zur Welt gekommen wäre. Und eigentlich standen die Zeichen verdammt schlecht, denn Wilson wurde auf einem Kampffeld im Niemandsland von Somme in den Rücken geschossen und wartete nur noch darauf, endlich zu sterben. Doch plötzlich tauchte „ein Feind“ - nämlich ein deutscher Soldat – neben ihm auf. Doch statt ihm den Gnadenschuss zu verpassen, versuchte er Robert das Leben zu retten und antwortete auf seine Frage, warum er das täte: „Ich bin Arzt. Meine Aufgabe ist es Leben zu retten, nicht zu zerstören.“ Die beiden sahen sich danach nie wieder – doch gerade solche Geschichten, welche der Krieg schreibt, sind so bewundernswert, weil sie zeigen, dass auch die Menschlichkeit stärker sein kann als soldatischer Gehorsam.
Nun also wird nicht nur die Geschichte, sondern auch die totale Abscheu vor dem Krieg von FREEDOM TO GLIDE mit dieser Musik-Trilogie verewigt! Ein „Must Have“ für alle Pazifisten mit Musikgeschmack und PINK FLOYD-Liebhaber!
Nach dem traurigen „Fall“-Vorspiel lässt „Silent Code“ bereits die floydsche „Animal“-Phase wieder aufleben, während „Names In The Stone“ sich viel mehr CAMEL nährt und die Gitarre plötzlich gar ZAPPAeske Züge aufweist, bis sich ein zart-akustischer AL DI MEOLA-Stil einschleicht und die „Division Bell“-Glocken in der Ferne wieder und wieder läuten. Das ist für jeden Floydianer und Kuschel-Proggie mit Hang zu traurig-deprimierenden Texten manchmal fast zu schön, um wahr zu sein. Auch darf bei „Playing God“ ausgiebig, über mehrere Minuten hinweg, der unverkennbare „Dog“-Gitarrenriff auftauchen und zugleich genossen werden. Das alles geschieht größtenteils im Mid-Tempo und mit einem Textkonzept, welches selbst den hartgesottensten Zeitgenossen zu Herzen gehen muss. Vorausgesetzt natürlich, dass man sich nicht nur auf den Klang, sondern auch auf jedes einzelne Wort von „Fall“ einlässt.
Offensichtlich wenden sich FREEDOM TO GLIDE diesmal am stärksten der Animals-Zeit ihrer Idole zu, die sie ja bereits ausgiebig als Tribute-Band namens DARK SIDE OF THE WALL coverten. Sogar der grandiose Übergang mit dem Autoradio von „Wish You Were Here“ darf nicht fehlen. Alles, was man besonders an PINK FLOYD liebt, scheinen auch F2G zu lieben und auf ihre ganz spezielle Art in ihre Musik einzubringen. Das machen sie mit Bravour, indem sie dem Hörer zu erkennen geben, woher sie kommen, aber nicht versuchen, erneut wie eine Coverband dem puren Plagiat zu folgen. Selbst die Thematik bezieht sich so offensichtlich auf alle WATERS-Kriegsneurosen, die er durch den Tod seines Vaters Eric Fletcher Waters im 2. Weltkrieg selbst mit Musik nie wirklich aufzuarbeiten wusste, egal ob er das nun bei „The Wall“ oder „Animals“ und ganz besonders in „The Final Cut“ ansatzweise versuchte. Hieraus ergibt sich wohl bereits die Trilogie-Logik von FREEDOM TO GLIDE, deren zweiter Teil nunmehr genossen werden darf und dessen dritter Teil sich garantiert noch stärker auf „The Wall“ beziehen wird.
Auf „Through Of War“ beweist dann Gitarrist Nixon, den man bis dahin doch so gerne dauerhaft in die GILMOUR-Ecke gesteckt hätte, dass er durchaus auch den flott-weltmusikalischen CARLOS SANTANA draufhat. Nicht die einzige Überraschung von „Fall“, die es in der guten Prog-Musik-Stunde zu entdecken gibt. Auch wird man dann bei „Another Same“ über eine akustische Ballade in bester Doppel-Wilson-Manier stolpern, als der Eine noch mit PORCUPINE TREE den himmlischen PF-Signalen folgte und der Andere solistisch einen gänzlich neuen Weg beschritt, nachdem er seinen GENESIS-Calling-All-Stations-Ausflug beendet hatte. Und ganz am Ende lauern hinter „October“ dann doch tatsächlich noch die Kriegshunde aus dem zeitweisen Aussetzen unseres PF-Verstands auf uns. Was für ein Abschluss?!
FAZIT: Wenn die britische Antikriegs-Prog-Band F2G ihr Album schon mit einem Zitat von Herodot, dem Vater der griechischen Geschichtsschreibung, einleitet, so soll diese Kritik auch mit einem Zitat von ihm enden: „Der Menschen Geist wohnt in den Ohren: wenn er etwas Gutes hört, so erfüllt er den Leib mit Wohlgefallen; hört er aber das Gegenteil, so brauset er auf.“
Bei „Fall“ von FREEDOM TO GLIDE gibt es jedenfalls keinerlei Grund, auch nur ansatzweise aufzubrausen. Ein rundum gelungenes Album in bester Prog-Tradition zwischen ROGER WATERS, RAY & STEVEN WILSON sowie mit Texten, die in jeder Zeile über die wahren Grauen des Krieges genauso wie über den größten Kriegsfeind – die Liebe und Menschlichkeit - sprechen, ohne erhobenen Zeigefinger oder Drohgebärde.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Fall
- Silent Code
- Names In The Stone
- Toll
- Playing God
- Exit Wound
- Enigma
- The Middle Game
- Trough Of War
- Solace
- Sleep Under The Flag
- Another Same
- October
- Bass - Andy Nixon
- Gesang - Andy Nixon, Pete Riley
- Gitarre - Andy Nixon
- Keys - Pete Riley, Andy Nixon
- Schlagzeug - Andy Nixon
- Rain (2014) - 10/15 Punkten
- Fall (2016) - 12/15 Punkten
- Seed (2019) - 12/15 Punkten
- The Chronicle Of Stolen Souls (2022) - 12/15 Punkten
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