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Die graue Eminenz: Instrumentalisiert (Review)
Artist: | Die graue Eminenz |
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Album: | Instrumentalisiert |
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Medium: | CD/Download | |
Stil: | Deutschrock |
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Label: | Eigenvertrieb | |
Spieldauer: | 42:02 | |
Erschienen: | 05.11.2016 | |
Website: | [Link] |
Okay, beginnen wir mal mit einer Definition: „Unter einer grauen Eminenz (ein Begriff, der aus dem Französischen kommt) versteht man eine einflussreiche Person, die nach außen nicht oder kaum in Erscheinung tritt, dafür aber im Hintergrund die Fäden zieht.“
Oder man versteht unter DIE GRAUE EMINENZ eine Band aus Basel, die mit anspruchsvollen deutschen Texten gerade ihr Album „Instrumentalisiert“ veröffentlichen und ein angenehmes Schweizer Gegenstück zu einem WOLF MAAHN oder ACHIM REICHEL darstellt, wobei ich nach HRK‘s grottenschlechtem „Meisterwerke : Verbeugungen“ diesen liedermachenden Herrn Kunze mal außen vor lasse, auch wenn der mir beim Hören von „Instrumentalisiert“ manchmal in den Sinn kam. Aber nur der „frühe Kunze“ und nicht der deutsche Cover-Käse-Mann. Da sieht‘s man mal wieder, dank Kunze kommt der (musikalische) Käse nicht aus der Schweiz, sondern derzeit Deutschland. Und DIE GRAUE EMINENZ sorgen mit ihren kritischen Texten und der sich nicht in Anbiederei gefallenden Musik für ein gutes deutschrockendes Gegenstück zum aktuellen Cover-Opa aus Deutschland, auf den der Song „Dreck“ von dem Baseler Quartett ideal passen würde.
Schon ein genaueres Betrachten des auf den ersten Blick so schön bunt und ansprechend wirkende Album-Covers verblüfft und kündigt den „Dreck“ an, der hinter diesem schön empfundenen Bildchen lauert. Gelber Grund, darauf ein Baby oder doch schon Kleinkind mit Windel und einem T-Shirt voller Werbung für die größten und schlimmsten Weltkonzerne, auf das jede Menge Dollarscheine regnen.
Ja, wie soll man da nur rauskommen?
Denn noch ein weiterer Aspekt ist wichtig, das Kind ist umgeben von einem fest verankerten Holz-Gitter, so gesehen einem goldenen Käfig, aus dem es nicht entfliehen kann. Zumindest nicht allein und ohne fremde Hilfe, außer es wächst so weit, dass es sich dann irgendwann doch selber daraus befreit. Öffnet man das Digipak, sitzt das gleiche Kind inmitten der Gitterstäbe und spielt mit einem Smartphone, während neben ihm völlig unbeachtet eine McDonald Spielfigur liegt und vor ihm ein Porzellanteller steht, auf dem vier Gehirne liegen. Worum sich die Texte DER GRAUEN EMINENZ drehen, wird bei diesem Anblick sicher den meisten sofort klar. Es ist im Falle des Digipaks nicht nur genaues Hinsehen notwendig, sondern besonders auch genaues Hinhören. Eine Eigenschaft, die vielen von uns nach und nach immer mehr oder schon völlig abhanden gekommen ist. Wer‘s also nicht mehr kann, der lasse einfach die Finger von „Instrumentalisiert“ und lebe weiter sein "Instrumentalisiertes" Leben!
Die deutschrockige, leider musikalisch auf die Dauer etwas zu eintönig rüberkommende und nur mittelmäßig produzierte Musik besticht vor allem in den Texten, die zornig und nachdenklich, traurig und dann wieder kämpferisch sind. Fast resignativ und deutlich im Stile eines HEINZ RUDOLF KUNZE eröffnet uns „Nichts tun“ durch die permanente Wiederholung von: „Wir müssen gar nichts tun!“, worin unser eigentliches Problem liegt, nachdem zuvor anhand des ausgiebigen Beleuchtens der Musiker-Lebensläufe als Ergebnis die Feststellung steht: .„Leben macht müde“!
Danach kommt auf „Überall ist einerlei“ gleich noch eine kleine Punk-Attitüde hinzu, welche die gierigen, kaufberauschten Zeitgenossen auf‘s Korn nimmt und auch vor dem letzten Schrei nicht zurückschreckt. „Neben dir“ ist dagegen eine traurige Ballade, ausschließlich aus Gitarre und Gesang bestehend, die ein „Weiter so!“ zum Ausdruck bringt, obwohl eigentlich klar ist, dass gerade diese Entscheidung die völlig falsche ist. Das klassische Problem von Eheleuten oder Paaren, die sich zwar auseinandergelebt haben, aber trotzdem – warum auch immer – keinen Schlussstrich ziehen können oder wollen. „Auf dem Parkplatz“ - eine flotte Tanznummer – verbreitet dann wilden Optimismus und malt Visionen für eine Zukunft, welche zugleich Besinnung an ein vormediales Zeitalter sind, als man noch gemeinsam Dinge unternahm, statt sich hinter oder vor irgendwelchen Bildschirmen zurückzuziehen.
Jedenfalls hört man die ausgiebige Musikerfahrung, welche das Baseler Quartett, das sich erst im Frühjahr 2015 gründete, bereits in anderen Bands sammelte, egal ob das nun PHÉBUS, WELKEN, PERRO BRAVO, ZAMERROW, ES BRENNT WAS TUN, TRASHCATS oder STEREOTYPE sind. Schön ist auch, dass man beispielsweise unter der Band-Homepage einige Alben oder EP‘s gratis und völlig unkompliziert downloaden kann, sodass man sich ohne Weiteres sein eigenes Bild von der Musik der GRAUEN EMINENZen machen darf.
FAZIT: Deutschrock aus der Schweiz mit Texten, denen man gerne zuhört und die einem WOLF MAAHN von der Aussage und musikalischen Umsetzung her recht nahe stehen. Und ganz wichtig ist, dass der Hörer doch einiges an Hirn braucht, das an der richtigen Stelle sitzt und nicht nur auf einem Teller vor ihm liegt, damit er sich nur musikalisch „instrumentalisieren“ lässt, anstatt sein Leben als „Instrumentalist“ zu vergeuden.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Leben macht müde
- Immer, immer
- Instrumentalisiert
- Nichts tun
- Überall ist einerlei
- Nur hier
- Schatten der Vergangenheit
- Einfach weiter
- Sumatra
- Auf der rechten Fahrbahn
- Dreck
- Auf dem Parkplatz
- Strümpfe
- Bass - Maco Redolfi
- Gesang - Pascal Perrot, Stefan Reinhardt, Marco Redolfi, Basil Brändli
- Gitarre - Boris Tomarkin, Stefan Reinhardt, Pascal Perrot
- Keys - Stefan Reinhardt
- Schlagzeug - Basil Brändli
- Instrumentalisiert (2016) - 10/15 Punkten
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