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American Head Charge: Tango Umbrella (Review)
Artist: | American Head Charge |
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Album: | Tango Umbrella |
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Medium: | CD/Download | |
Stil: | Nu Metal / Alternative Metal |
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Label: | Napalm Records | |
Spieldauer: | 53:55 | |
Erschienen: | 25.03.2016 | |
Website: | [Link] |
Weil funktionstüchtiger Nu Metal immer auch eine verdreht-kranke Seite braucht, waren die mit dem Drogenmissbrauchs-Stigma versehenen AMERICAN HEAD CHARGE in den 00er Jahren ein lohnender Geheimtipp. Ein „The War Of Art“ empfahl sich mit seiner industrial-affinen Heavy-Ausrichtung beispielsweise nicht unbedingt dem gemeinen Papa-Roach-Video-auf-MTV-Gucker, sondern einer eingeschworenen Klientel ohne Kontaktängste zu etwas kaputteren Stoffen. In der sonst meist schlecht aufgestellten B-Kategorie der damals kommerziell vorherrschenden Metal-Spielart gehörte die Band jedenfalls zu den interessanteren Vertretern, auch wenn sie spürbar immer auf Distanz zu den wahren Platzhirschen blieb.
Die Affinität zu Drogen und Medikamenten forderte schließlich in Bryan Ottoson ein weiteres Mitglied des berüchtigten „Club 27“, und in den folgenden Jahren schien es insbesondere Sänger Cameron Heacock an der Kraft zu fehlen, die restliche Gruppe am Leben zu erhalten, zumal es die Welt mittlerweile ganz wunderbar verstand, sich auch ohne Nu Metal weiterzudrehen. Das endgültige Aus folgte 2009 nach kontinuierlichem Zerfall.
Die Reunion dann 2011. Das langsame Zerbröckeln spiegelt sich in einer ebenso langsamen Reformation wider. Fünf Jahre später nun also doch noch die erste Langspielfrucht der Wiedervereinigung, nachdem 2013 immerhin eine EP erschienen war. „Tango Umbrella“ bedient militärischen Jargon und verweist offenbar auf den Slang „Tits Up“, der wiederum im Sinne eines auf der Wasseroberfläche treibenden Toten „Subjekt verstorben“ bedeutet. Späte Verarbeitung schmerzender Verluste aus der Vergangenheit?
Das Soundbild hat sich jedenfalls nicht allzu wesentlich gewandelt. Cameron Heacock ist noch dabei und prägt es mit seinem nasal-wimmernden bis aggressiv gröhlenden Gesang und Shouting nach wie vor. Drei Songs weit könnte man auch meinen, die Rückkehr aus dem Nimbus habe sich gelohnt: „Let All The World Believe“ legt mit so ziemlich allem los, was den Mittdreißigerkörper von heute zu nostalgischen Zuckungen verleitet (A: Aggression). Der fette Slapbass, die Sirenengitarren und der Hyänenrefrain von „Drowning Under Everything“ bringen die Tränen zum Kullern (B: Selbstmitleid) und spätestens das groovige „Perfectionist“ rezitiert die gesamte stilistische Palette bis zum unumgänglichen Breakdown, der am Ende nur noch einen Heacock im Kurt-Cobain-Modus übrig lässt und wiederholt „no happy ending“ verspricht (C: Fuck-You-Attitüde).
Dann ist das Pulver auch schon verschossen. Die weiteren Versuche, an Rezepturen aus der Vergangenheit anzuknüpfen, lassen kompositorische Sorgfalt vermissen und klingen im besten Fall gerade noch so nach dicke Hose, im schlechtesten Fall nach der üblichen abgeranzten Selbstkopie, der die meisten wiederauferstandenen Nu-Metal-Zombies verfallen sind. Pianoballaden nach Art von „A King Among Men“ sind heute einfach schrecklich durchschaubar, den meisten anderen Stücken kann man immerhin ein gerüttelt Maß an Härte zugute halten, das aber leider nicht in starke Songs kanalisiert wird.
FAZIT: Nach passablem Start ist die Luft schnell raus: Um „Tango Umbrella“ von vorne bis hinten gut zu finden, muss man sich schon mit den bloßen Wiedererkennungsmerkmalen von AMERICAN HEAD CHARGE zufrieden geben. Ihre Eigenarten hört man trotz Anlehnung an die Cobains, Reznors, Mansons und Davisse dieser Welt auch nach Jahren noch heraus, aber um daraus ein ganzes Album mit vernünftigen Songs zu basteln, muss man sich wohl nochmal zehn Jahre in den Hiatus verkriechen und hoffen, dass die Welt dann immer noch bereit ist für eine weitere Zeitreise zurück an den unmittelbaren Anfang unseres Jahrtausends.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Let All The World Believe
- Drowning Under Everything
- Perfectionist
- Sacred
- I Will Have My Day
- A King Among Men
- Suffer Elegantly
- Antidote
- Prolific Catastrophe
- Down And Depraved
- When The Time Is Never Right
- Bass - Chad Hanks
- Gesang - Cameron Heacock, Justin Fowler
- Gitarre - Karma Singh Cheema, Ted Hallows
- Keys - Chris Emery, Justin Fowler
- Schlagzeug - Chris Emery
- Tango Umbrella (2016) - 6/15 Punkten
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