Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Leonard Las Vegas: Jagmoor Cynewulf (Review)

Artist:

Leonard Las Vegas

Leonard Las Vegas: Jagmoor Cynewulf
Album:

Jagmoor Cynewulf

Medium: CD/Buch/LP+CD/Download
Stil:

Dream Pop + Wave + Indie und etwas Punk nach literarischer Vorlage

Label: Blackjack Illuminist Records / Radar
Spieldauer: 48:00
Erschienen: 04.09.2015
Website: [Link]

Jagmoor Cynewulf“ ist ein Album, das es dem Kritiker schwer macht, den wirklich passenden Einstieg zu finden.
Soll er zuerst darüber berichten, dass der Musik ein Buch zugrunde liegt, welches vom Gitarre und Keyboard spielenden Sänger des Duos geschrieben wurde?
Oder soll er das Buch erst einmal außen vor lassen und sich auf die Musik konzentrieren?
Vielleicht sollte er sogar damit anfangen, dass überambitionierte Werke manchmal den guten Willen spüren, aber das wirklich musikalische Können vermissen lassen?

Damit wären wir also bei LEONARD LAS VEGAS, dem Berlin-Würzburger Duo, die mit „Jagmoor Cynewulf“, der Hauptperson im Buch von ALEXANDER LEONARD DONAT, musikalisches Leben einhauchen und dabei den Versuch unternehmen, sich irgendwo in den Fußstapfen von THE CURE und PLACEBO, aber auch BOWIE und OCEANSIZE oder THE SMITHS und AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD zu bewegen. Ein Versuch, der nicht nur am mittelmäßigen Gesang scheitert, sondern auch daran, dass die Schuhgrößen der gewählten Inspirationsquellen deutlich zu groß sind. Allerdings ist das nicht unbedingt schlecht, denn in Verbindung mit dem Buch, welches eine „existenzialistische Erzählung in 18 Kapiteln“ ist, in der es um einen sich von jeglichen Äußerlichkeiten befreiten, „gehäuteten“ Typen geht, der sich in tiefer Verzweiflung der Hässlichkeit der menschlichen Existenz hingibt, macht auch die Musik samt all ihrer Unzulänglichkeiten Sinn.

„Das Leben an sich war keine Last, nichts Verachtenswertes, nichts, das man nicht irgendwie hätte liebgewinnen können; aber mir schwante: Es war unwirksam. Und so erfasste mich aus dem Hinterkopf strömend schließlich eine wahre Welle aus Traurigkeit und Verzweiflung, als mir die vernichtende Wertlosigkeit menschlicher Existenz in nackter Hässlichkeit vor Augen geführt wurde.“

Es ist schon kurios, aber genau dieser Satz aus der Erzählung könnte auch für die Wirkung des Albums gelten, vorausgesetzt man ersetzt „Leben“ durch „die Musik von LEONARD LAS VEGAS“ und „menschlicher Existenz“ durch „des Albums ‚Jagmoor Cynewulf‘“. Bereits die schwache, sehr dumpf und oft schwammig klingende Eigenproduktion ist ärgerlich, aber noch ärgerlicher ist dieses seltsame Musik-Durcheinander von Indie- & Drone-Pop, Shoegaze, New Wave, etwas Post Rock und Punk sowie sich oftmals eintönig wiederholende Rhythmen und Melodien, die einen an die schlechtesten Zeiten der hier bereits vergleichsweise angebotenen Musiker erinnern. Weltuntergangsstimmung im Buch ist reizvoll, aber auf CD? Auch dort wäre sie reizvoll, wenn sie anders präsentiert und klingen würde.

Aber es gibt auch Lichtblicke, denn der schwache Beginn des Albums wird immer stärker im Verlaufe der 48 Minuten in den Hintergrund gedrängt und die musikalischen Ideen fallen ein klein wenig vielfältiger aus, bis dann ab dem achten Titel „Eve, What About You?“ aus dem bis dahin gerade so genügsam-mittelmäßigen Album ein halbwegs gutes wird, weil sich der Sound experimenteller und verspielter präsentiert. Auch tritt der Gesang (trotzdem noch viel zu selten) mehr in den Hintergrund und verspielte Klangcollagen, verfremdete Gesänge und Post-Rock-Elemente übernehmen die Oberhand. Ab hier kommen dann sogar angenehme Erinnerungen an ... AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD auf, wobei der schwache, schiefe Gesang auf „At The Same Time“ und „What Will You Tell Your Kids?“ wieder einen bitteren Beigeschmack hinterlässt. Dem stehen aber viele schöne, sehr natürlich wirkende Piano-Passagen gegenüber, die das unangenehme Sanges-Bauchgefühl zwar relativieren, aber nicht vergessen machen können.

FAZIT: Wenn der LEONARD seinen musikalischen Blick Richtung LAS VEGAS richtet, dann sollte er vielleicht doch nicht zu sehr dem Anti-Helden Jagmoor Cynewulf des Buchs folgen, der im Alleingang seine entzweite Psyche wiederzufinden und erfolgreich zusammenzusetzen hofft, sondern musikalisches Können von musikalischen Unfertigkeiten trennen, die den Synapsen Signale senden, welche die Ohren als belanglos oder gar störend empfinde könnten.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3592x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 8 von 15 Punkten [?]
8 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Where To Go
  • Checkout & Goodbye
  • Anything But This
  • Through The Dark Of The Atmosphere
  • Need To End
  • Every Ugly Detail
  • Give Me Darkness
  • Eve, What About You?
  • Birth & Death, Stoff That Freaks Us Out
  • At The Same Time
  • What Will You Tell Your Kids?
  • Flush Of Victory, Champagne & Confetti

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Vervollständige: Wer anderen eine ___ gräbt, fällt selbst hinein.

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!