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Coppelius: Extrablatt (Review)
Artist: | Coppelius |
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Album: | Extrablatt |
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Medium: | CD | |
Stil: | Blas-, Streich-, Steampunk |
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Label: | F.A.M.E Artist Recordings | |
Spieldauer: | 49:54 | |
Erschienen: | 15.02.2013 | |
Website: | [Link] |
COPPELIUS sind sechs dieser Originale, um die Berlin von Restdeutschland beneidet wird: Eigenwillig, kauzig und auf den ersten Blick überhaupt nicht vermarktbar, haben sie dennoch mit Ernst, Überzeugung und einer Prise Selbstironie eine Nische geschaffen und ein Konzept entworfen, das funktioniert und erfrischend anders ist. Das vierte Album „Extrablatt“ kommt aus den Tiefen des anachronistischen Kosmos...
… und erwischt mit „Spieldose“ einen denkbar schlechten Start. Der Haufenreim nervt schon nach dem ersten Refrain, die Musik im NDH-Stil ist erschreckend belanglos. Außerdem lyrischer Yodaismus und exzessive Häufung der Nutzung des Genitivs nicht immer das Mittel der Wahl sein muss, um intellektuell zu klingen. Lustigerweise kann auch das hurtig gereimte „Geschwind“ am Ende der Scheibe wenig begeistern. Der Werbefachmann weiß aber ohnehin, dass das Gute daran das Gute darin ist, und tatsächlich legen COPPELIUS während der neun Mittelstücke einen Steigerungslauf allererster Güte hin.
Stilistisch bietet das „Extrablatt“ keine großen Neuerungen. Man befindet sich immer noch in trauter Nachbarschaft zu anderen Berliner Kultbands. „Reichtum“ und „Mitten ins Herz“ düstern in RAMMSTEIN-Manier, mit den englischsprachigen Titeln wird das Erbe der INCHTABOKATABLES fortgeführt und die rhythmische Widerborstigkeit von „Glaubtet ihr?“ sind eigentlich das Markenzeichen von KNORKATOR.
Spannend wird die Sache bei COPPELIUS durch die Instrumentation mit zwei Klarinetten, Cello, Kontrabass und Schlagzeug. So klingt „Welt im Wahn“ zwar einerseits original nach MIDI-Klang Nummer 31, andererseits wie eine übertaktete Version von Bühnenmusik zu Filmen der Augsburger Puppenkiste, aber: Was entwickelt dieses Gebläse und Gesäge doch für eine Dynamik! Selbst im Ohrensessel wird man hier zum Abzappeln verdonnert. Was die rhythmisch sehr unterschiedlichen „Keine Kamera“, „I'd Change Everything“ oder „Locked Out“ bei der Bühnenpräsenz der Truppe live anrichten werden, ist leicht vorstellbar. Wenn dann wie bei „Welt im Wahn“ auch noch so hitverdächtige Hooklines herausspringen, fragt man sich, ob das „Extrablatt“ nicht in BILD-Auflage unters Volk gebracht gehört.
Thematisch sind die Nostalgiker nämlich durchaus aktuell und bringen bei „Reichtum“, „Bitten, danken, petitieren“ oder eben „Welt im Wahn“ sozialkritische Themen auf den Tisch. Andererseits waren Lieder über Macht und Mammon im 19. Jahrhundert wohl genauso angebracht wie heute. Was den Zylinderträgern noch zu den großen Dichterfürsten fehlt, sind konstant gute Texte. Bei „Mitten ins Herz“ ist die Geschichte ziemlich mau, was aber von der kreativen Vortragsweise der Band wieder wett gemacht wird. Ansonsten sind es vor allem schiefe oder schale Reime in „Spieldose“ („Spieldose mein. Spieldose klein. Treu wirst du sein. Spieldose mein.“) oder „Keine Kamera“ („Es schätzt sich glücklich, wer hier ist. Man rief uns herbei. Doch ihr vergast etwas. Niemand hatte eine Kamera dabei.“), die einen ab und an zusammenzucken lassen.
Im Großen und Ganzen lässt sich aber gut über diesen Punkt hinwegsehen, denn COPPELIUS haben genügend andere Vorzüge. Staunen muss man ein ums andere Mal über den perfekten mehrstimmigen Gesang wie in der kleinen, satt tönenden Klavierballade „Butterblume“, über die treffsicher und klischeefrei arrangierten Instrumentalteile und irrwitzigen Klarinettensolos von Max Coppella und Comte Caspar und das Talent der Musiker, jedem Song ein eigenes Gesicht zu geben und dennoch das Album homogen klingen zu lassen. Das gilt auch für das gelungene, nicht ganz ans Original heranreichende IRON MAIDEN-Cover von „Running Free“ und die Gothic-inspirierte Dreingabe „Maria“. So ist man glatt enttäuscht, wenn die CD nach einer guten Dreiviertelstunde am Ende angelangt ist.
FAZIT: Ob „Extrablatt“ das beste Album von COPPELIUS ist, bleibt jedem selbst zur Beurteilung überlassen. Fest steht, dass die Berliner noch nie so souverän und gleichzeitig so locker agiert haben. Die Höchstnote gibt es nicht wegen des „Spieldosen“-Unfalls, und weil textlich und noch Luft nach oben ist. Von den Herren ist aber sicher noch Größeres zu erwarten.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Spieldose
- Welt im Wahn
- Reichtum
- Bitten Danken Petitieren
- Locked Out
- Butterblume
- Keine Kamera
- I'd Change Everything
- Glanz und Eleganz
- Glaubtet Ihr?
- Mitten ins Herz
- Running Free
- Geschwind
- Maria (Bonus)
- Bass - Sissy Voss
- Gesang - Bastille
- Schlagzeug - Nobusama
- Sonstige - Comte Caspar, Max Coppella, Graf Lindorf
- Extrablatt (2013) - 13/15 Punkten
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