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Cynic: The Portal Tapes (Review)

Artist:

Cynic

Cynic: The Portal Tapes
Album:

The Portal Tapes

Medium: CD
Stil:

Astraler Fusion Prog Pop

Label: Season Of Mist
Spieldauer: 46:40
Erschienen: 23.03.2012
Website: [Link]

CYNIC schon wieder? Herrschaftszeiten, da hat man das legendäre „Focus“ 15 Jahre lang als Einzelkind gewähnt und jetzt steht innerhalb von etwas mehr als drei Jahren schon die vierte Veröffentlichung an. Wo Kreativität und / oder Rubel einmal ins Rollen gekommen sind, möchte man sie wohl nicht mehr so schnell verstummen lassen.

Dabei ist „The Portal Tapes“ gar nicht CYNIC, sondern PORTAL. Nachdem CYNIC Mitte der Neunziger eingestampft wurden, ließ sich Sean Reinert durch ein Robert-Venosa-Gemälde (bereits bewährt durch das „Focus“-Artwork) inspirieren und gründete gemeinsam mit Paul Masvidal und Jason Gobel das gleichnamige Projekt PORTAL. Zu einer offiziellen Veröffentlichung kam es nie, lediglich zwei spartanisch aufgemachte 5-Track-Demos sind in geringer Auflage in Umlauf geraten. Was nun vorliegt, sind beide Demos zum einem Album vereint, aufpoliert und neu aufgelegt.

Nun läuft die ganze Geschichte also unter dem Banner CYNIC, doch angesichts der Entwicklung weg vom technischen Metal hin zum astralen Ätherrock macht dieses Vorhaben sogar abseits finanzieller Überlegungen einen verqueren Sinn. Die oberflächlichen Parallelen zur gerade erst veröffentlichten EP sind erstaunlich: Fusion-Jazz-Strukturen, die mit funkelnden Ambient-Elementen aufgelockert werden, die an Sterngebilde im Weltall erinnern, Easy-Listening-Attitüde und viele weltmusikalische Einflüsse, hier vor allem aus der orientalischen Ecke. Dass Masvidal und Reinert Ende der Neunziger AEON SPOKE ins Leben riefen, leuchtet da plötzlich ein – überhaupt bringt dieses verschollen geglaubte Puzzleteil eine Menge Licht in das Gesamtgefüge.

Masvidal spielt als Sänger (clean und Vocoder-unbehandelt) nur eine Nebenrolle, der (Achtung, billiges Wortspiel) Fokus liegt auf dem weiblichen Gesang von Aruna Abrams. In Schlüsselmomenten wird sie von Masvidal gedoppelt, ansonsten geht sie gerne ihre eigenen Wege und verzieht die Harmonien auch mal leicht ins Dissonante. Den Händen einer Bauchtänzerin gleich kräuseln sich ihre Gesangslinien mitunter wie zur Ablenkung, während sie selbst mit dem Keyboard für den entsprechend glitzernden Hintergrund sorgt. Sean Reinert hat mit Percussion wesentlich mehr zu tun als mit dem Schlagwerk, Chris Klingels Bass übertüncht die Gitarren Gobels und Masvidals deutlich.

Als extrem gewöhnungsbedürftig erweist sich der Grundsound – es gibt durchaus Passagen, die man sich im Vorspann einer Spätachtziger-Frühneunziger-Familiensitcom als Vorspann vorstellen könnte („Not The Same“). Dabei steht natürlich vor allem das ohnehin mit intensiven 80er-Bezügen ausstaffierte Keyboard auf der Schneide zum Ultrakitsch. Eine seichte Inhaltsleere macht sich spätestens nach dem noch gelungenen Opener breit und lässt Sängerin Abrams in kritischen Momenten dastehen wie ein Popsternchen der damaligen Zeit; Madonna und Kylie Minogue haben mal ähnlich geklungen, als sie jung waren. Dass da Gitarren im Hintergrund heulen, gewinnt erst dann die dringend benötigte Kantigkeit, wenn sie mal etwas stärker betont werden. Geschieht das nicht, muten sie an sie wie ein pfiffiges Pop-Accessoire passend zum Showdress.

FAZIT: Astraler Electro-Wave-Fusion-Rock trifft 80s-Glampop mit Orient-Touch. Ein Album wie 25 Jahre alte Mode: Andersweltlich, schrill, cheesy und fast ein bisschen peinlich. Neuentdecker mögen sich kaum ausmalen können, wie PORTAL damals auf eine Zielgruppe gewirkt haben muss, die noch „Focus“ frisch im Hinterkopf hatte. Für Fans und Interessierte ist die auf weltweit 5.000 CDs und 1.000 LPs limitierte Platte bestimmt ein wichtiger Baustein, um das Phänomen CYNIC in seiner Ganzheit zu verstehen, aber Vorsicht – es könnte ihm auch einen Teil seiner Faszination nehmen. Denn irgendwie legen die Indizien nahe, dass der Astro-Jazz-Rock ab „Traced In Air“ keine Weiterentwicklung CYNIC’schen Schaffens ist, sondern Zeugnis des Outings, dass man im Grunde schon immer auf diese Weise funkeln wollte. Heute kriegen die Herrschaften das schon besser hin, woher der säuerliche Beigeschmack der letzten Platten kommt, ist aber jetzt klar.

Sascha Ganser (Info) (Review 7919x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 6 von 15 Punkten [?]
6 Punkte
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Tracklist:
  • Endless Endeavors
  • Karma's Plight
  • Circle
  • Costumed In Grace
  • Cosmos
  • Crawl Above
  • Mirror Child
  • Road To You
  • Belong
  • Not The Same

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 10.03.2012

Oha, sorry Hendrik: Habe mir gerade noch mal deine "Carbon Based Anatomy"-Kritik zu Gemüte geführt und gesehen, dass du da den gleichen bescheuerten "Fokus"-Gag bringst wie ich. Keine Absicht. ;))
Andreas
gepostet am: 10.03.2012

Alter, die Kritik ist voll Panne, sorry. Davon abgesehen, dass die Musik damals wie heute klasse war und ist (Stichwort zeitlos), glaubst du doch nicht ernsthaft, dass irgendjemand hier einen Cash-in wagt? Masvidal und Co. verdienen genauso wenig Millionen wie so ziemlich jeder andere Künstler, der auf diesen Seiten stattfindet. An ihren Taten sollt ihr sie erkennen. Steht so ungefähr in der Bibel.
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 10.03.2012

Stichwort Geschmackssache, gell? Und von Cash-In ist hier überhaupt nicht die Rede, das mit dem Rubel ist eher im Sinne von "mal so mitnehmen" gemeint, dass die Veröffentlichung im Gefolge des letzten Albums und der EP eher nach kreativem Überschwang riecht, ist klar, daher hab ich das mit der Kreativität auch vorangestellt.

Schreib halt ne Gegendarstellung...
Andreas
gepostet am: 10.03.2012

Nö :)
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 10.03.2012

Dann leb damit. ;)
Andreas
gepostet am: 10.03.2012

Steht im letzten Legacy.
hendrik [musikreviews.de]
gepostet am: 11.03.2012

Hey Sascha, kein Problem - ich fordere keine Tantiemen für Kalauer, die sind bei mir Freeware ;)

Ich finde Portal von allen musikalischen Ausdrucksformen der beiden (Masvidal und Reinert) am schwächsten. Mag auch die Sängerin nicht. Wenn reduziert, dann AEON SPOKE. Aber am liebsten von allem "Traced In Air". Das Ätherische gepaart mit dem Gegniedel ;)

Perfekt für meine Ohren.

Ich habe CYNIC jetzt zweimal live gesehen, es hat etwas ganz Besonderes, Hypnotisierendes, diese Musiker bei der Arbeit zu sehen. Muss man mal erlebt haben!

Zum Thema Cash-In: T-shirts (das, womit eine Band Geld verdient) beim ersten Konz (2009) 8 €, beim zweiten (2011) 10 €, aber 2 Shirts für 15 € (!).

Wir wissen alle, was andereda für Kurse aufrufen...
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 11.03.2012

Aeon Spoke mag ich auch halbwegs, ist mir aber insgesamt zu seicht, von Cynic mochte ich dagegen bisher alles. Bin auch ein absoluter "Traced In Air"-Befürworter (da gab's ja zwei Lager), auch wenn mich irgendwas stört an der neuen Marschrichtung (kann's nicht mal richtig benennen), das Positive überwiegt aber doch radikal.

Cynic live steht noch aus bei mir, sind aber auf der To-do-Liste. Bei den Shirtpreisen kann man wahrlich nicht meckern!
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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