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Maynard James Keenan: Blood Into Wine (Review)
Artist: | Maynard James Keenan |
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Album: | Blood Into Wine |
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Medium: | DVD | |
Stil: | Dokumentation |
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Label: | Dreamy Draw Releasing | |
Spieldauer: | 99 Min. | |
Erschienen: | 19.02.2010 | |
Website: | [Link] |
Eine Hippie-Erklärung und eine offensichtliche Erklärung habe er dafür, warum Menschen Wein mögen, sagt Keenan, während er eine Rebe in Arizonas vulkanisierte Erde versenkt. Die Hippie-Erklärung nimmt Milla Jovovich in ihrer „Supreme Being“-Version aus „Das Fünfte Element“ als Metapher, bezieht sich auf die genetische Komplexität der Traube (der Milla) und ihren Facettenreichtum, der jeder anderen Frucht überlegen sei. Andererseits, so die offensichtliche Erklärung, solle Wein einfach nur betrunken machen und den Ladies aus dem Höschen helfen.
Ein Schelm, wer bei der Geist-versus-Fleisch-Dichotomie nicht an MAYNARD JAMES KEENANs Projekte TOOL und PUSCIFER denkt – hier der intellektuelle Mindfuck, dort einfach nur der triebgesteuerte Fuck per se, metaphorisch unverkleidet und direkt auf die Zwölf.
Ist also nun Keenans Ansporn, sich mit Weingut auseinanderzusetzen, eine Metapher auf seine Musik? „Blood Into Wine“ setzt sich mit dieser Frage intensiv auseinander, da die Motivation für eine derart ungewöhnliche Beschäftigung mit dem Musikmachen im ersten Moment nur schwer unter einen Hut zu bringen ist. Sich Keenan bei dreckiger, ehrlicher Arbeit in einem Anbaugebiet vorzustellen, ist ob seines Superstarstatus und seiner zwischen kryptisch und zynisch pendelnden Selbstdarstellung im ersten Moment irritierend, fast so sehr, wie Sylvester Stallone beim Malen zuzusehen.
Im Grunde genommen wurde mit „Being John Malkovich“, der den Titel prägenden Schauspieler durch innere Lenkung als erfolgreichen Puppenspieler präsentierte, schon mal ein Film über ein ähnliches Thema gemacht. So befasst sich die Dokumentation von Ryan Page und Christopher Pomerenke dann auch mit dem inneren Antrieb, der einen Menschen steuert, und der Vielfalt, die dabei zum Vorschein kommen kann. Wissend darum, wie die Wirkung nach außen sein muss, lässt sich Keenan also permanent hinterfragen und katapultiert sich immer wieder in ironische Brechungen, begonnen bei der Opening Sequence in einer Talk Show namens „Focus On Interesting Things“: Zwei Moderatoren haben eigentlich den großartigen Keanu Reeves erwartet und müssen sich stattdessen mit einem weiteren Rockstar abgeben, der meint, sich durch ein schräges, aber nutzloses Hobby profilieren zu müssen. Wein – kriegt man den nicht sowieso in jedem Supermarkt in aberhunderten Sorten? Und überhaupt, wer trinkt dieses Gift? Keenan sitzt derweil stotternd da und schaut Muppets’ Waldorf und Stettler zu, wie sie sich in ihren Bart griemeln, blickt sich hier und da mal fragend zur Regie um und widmet sich dann doch resignierend wieder den sonderlichen und desinteressierten Fragen der Herren.
TOOL kommen ohnehin nur am Rande vor, PUSCIFER sind immerhin dank des Soundtracks durchgängig vertreten, aber im Wesentlichen wird sich dem Weinanbau vollkommen ernsthaft gewidmet. Mit etwas Mühe wird Keenans Partner Eric Glomski immer wieder ins Zentrum gerückt und als „eigentlicher Star“ verkauft, letztlich springt der Fokus aber immer wieder wie ein Flummi zurück zu Keenan.
Wenn die Dokumentation eines erreicht, dann ist es, dass man „Main Man Keenan“ die Begeisterung für das Gebiet hundertprozentig abnimmt – nicht nur, weil man ihm einen solchen Gedankensprung von der Musik zum Wein zutraut, sondern auch, weil er sich mit Haut und Haar in das ungewöhnlich staubige Gebiet Arizonas einschmiegt und sich mitsamt seines uramerikanischen Cowboyhuts perfekt integriert. „Blood Into Wine“ ist nur sekundär der Dirty Joke, der sich in sämtlichen TOOL-Booklets verbirgt und auch vom Korkenzieher-Stinkefinger auf dem Cover grüßt. Wenn der besonnene Dokumentationsstil mal aufgebrochen wird, ist das stets witzig, aber auch ein wenig verkrampft; Keenan ist eben kein Schauspieler im eigentlichen Sinne und wenn er die zurückfahrende Kamera mit dem Satz „Folgt ihr mir mit der Kamera eigentlich überall hin?“ begleitet, während sie entlarvt, dass er gerade auf dem Scheißhaus sitzt, dann sieht man ihm eine gewisse Unsicherheit an – nicht nur aufgrund seiner heruntergelassenen Hosen. Ansonsten wird der Wert harter Arbeit ebenso bekundet wie die Freude am Geist. Schließlich stellt er sich, hier eine Parallele zur Musik, sogar der unvermeidlichen Kritik, diesmal in Form des einflussreichen Zigarren- und Weinkritikers James Suckling.
Die Regie bleibt zu den psychedelischen wie lässigen Klängen von PUSCIFER verhältnismäßig konservativ, auch wenn ein paar stilistische Experimente einfließen, nichtsdestotrotz liefert sie mitunter berauschende Bilder der orangefarbenen Weinberge in Jerome. Der Aufbau folgt klassisch den Produktionsstufen des Weins bis zur Präsentation in der fertig bedruckten Flasche. Das höhere Wesen Milla Jovovich gibt ein kurzes Stelldichein, Comedian Patton Oswalt („King Of Queens“) scherzt über die klangliche Ähnlichkeit von „Caduceus“, dem Namen des Weinguts, und „Douche“, der Bezeichnung für einen Idioten. So setzt sich nach und nach in allen Details das Bild zusammen, dass hier ein Mann seine Bestimmung lebt, insofern er in den kleinen roten Kugeln all das wieder findet, was ihn am Leben reizt.
FAZIT: Für Vinophile, Vitaphile und Keenanophile: „Blood Into Wine“ versteht sich als universelle Anregung für Herz und Hirn. MAYNARD JAMES KEENAN löst sich mit einer gewissen Unsicherheit von seiner Rockstar-Maske, um seine Winzerleidenschaft zu erklären, ja fast zu rechtfertigen, doch gerade das macht einen beträchtlichen Teil des Charmes aus. Das Denken in Kategorien wird spätestens dann gebrochen, wenn gestandene TOOL-Fans nach dieser Dokumentation ehrliche Lust verspüren, sich weiterführend über Weinproduktion zu informieren. Wenn der Sprung von TOOL zu Caduceus gelingt – warum nicht auch zum Bergsteigen, Tiefseetauchen oder zum Ballett? Hoch lebe das Ausreizen aller Sinne.
Bislang ist der Film lediglich am 7. September 2010 im amerikanischen Raum auf DVD veröffentlicht worden. Eine deutsche Veröffentlichung steht noch aus.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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- Sonstige - Ryan Page, Christopher Pomerenke (Regie), Maynard James Keenan, Eric Glomski, James Suckling, Milla Jovovich, Patton Oswalt, Bob Odenkirk; Glenn Alexander, Tim Alexander u.a. (Darsteller)
- Blood Into Wine (2010)
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keine Interviews
Kommentare | |
Mathias
gepostet am: 02.08.2011 |
Na dann warten wir mal ob das Teil mal in Deutschland erscheint. Oder vielleicht läuft es mal im PayTV - Discovery Channel oder noch besser RTL Living. |
Evi
gepostet am: 09.02.2012 |
ich finde es gar nicht so merkwürdig, dass er sich jetzt mit Weinanbau beschäftigt... muss denn alles zur Musik passen..ich finde es passt genauso zu ihm wie die Musik.. |
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 10.02.2012 |
Sagt doch auch eigentlich keiner was anderes, oder? |
Sandra
gepostet am: 06.08.2014 User-Wertung: 15 Punkte |
spitzenmässiger Film.... wirklich super gelungen... |