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Amebix: Sonic Mass (Review)

Artist:

Amebix

Amebix: Sonic Mass
Album:

Sonic Mass

Medium: CD
Stil:

Amebix

Label: Easy Action Records
Spieldauer: 43:35
Erschienen: 23.09.2011
Website: [Link]

Kurzer geschichtlicher Abriss: In den 80er Jahren wird Großbritannien von Margaret Thatcher regiert. Mit Positionen wie der, dass es so etwas wie Gemeinwohl nicht gebe und eine Gesellschaft lediglich eine Ansammlung von Individuen sei, von denen jedes auf eigene Rechnung versuchen müsse, seinen Schnitt zu machen, ist sie eine der wichtigsten Impulsgeberinnen für den Neoliberalismus. Seither hat diese Ideologie die Welt durch Deregulierung der Wirtschaft, Zerrüttung des Sozialstaates und die weitgehende Aufkündigung des Solidaritätsprinzips im Würgegriff und desintegriert demokratische Strukturen mehr und mehr. AMEBIX rödeln durch den Crustpunk-Untergrund genau dieser Thatcher-Ära und gehören zu den frühen und angeschmiertesten Opfern dieses perversen Gesellschafts- und Menschenbildes, denn in England gibt es dann auch mal schnell null komma nix vom Staat. Obdachlos, hungrig und perspektivlos reagiert die Jugend mit der Schöpfung einer die soziale Kälte und daraus entstehenden Wut reflektierenden Musikrichtung. DISCHARGE machen den Anfang, AMEBIX kommen wenig später. Auf ihren beiden zeitgenössischen Alben schaffen die Abbruch-Punks Stücke, irgendwo zwischen MOTÖRHEAD, CELTIC FROST, DISCHARGE und KILLING JOKE, die zwar lausig gespielt und aufgenommen sind, aber einen enormen Impetus auf nachfolgende Bands aller möglichen Stilrichtungen ausüben. Nach dem 87er Werk „Monolith“ ist dann erstmal Schluss.

Zurück in die Gegenwart: Nachdem man in der Besetzung The Baron-Stig-Roy Mayorga (NAUSEA, SOULFLY, STONE SOUR u.a.) vor einigen Jahren ein paar Konzerte spielte, hatte man offensichtlich wieder Blut geleckt. Eine EP mit drei Neueinspielungen später steht nun ein komplettes Album ins Haus, womit wohl nicht allzu viele gerechnet haben dürften. Wohin geht die Reise? Die prinzipielle Frage, ob die Band Hochgewürgtes wiederkäut, um „den Fans zu geben, was sie hören wollen“ (die letzten TESTAMENT oder FORBIDDEN-Scheiben anyone?) oder tut, wonach immer ihr der Sinn steht (wie TESTAMENT auf „Low“ oder FORBIDDEN auf „Green“), ist leicht zu beantworten.

Von der stilistischen Vielfalt über die Inhalte bis zur Anordnung der Songs auf der Platte ist alles genau so „Fuck You, wir machen, was wir wollen“, wie man es sich von AMEBIX wünscht. So beginnt die Platte mit einer wunderschönen Akustik-Nummer, die durch ihre spartanische Instrumentierung, den melodischen Gesang und die keltisch-folkloristische Färbung der Melodien beinahe Zweifel aufkommen läßt, ob man die richtige CD in den Player geschoben hat. Schon im Text von „Days“ wird allen Nostalgikern, Dogmatikern und Neophobikern der Anspruch des Jahres 2011 deutlich gemacht.

These days will never come again.

Es folgt ein kurzes, heftiges Tribal-Metal-Geballer ganz ohne Gesang, bevor mit „The Messenger“ ein düsteres Tribal-Doom-Punk-Metal-Industrial-Stück mit tief getimmten, rhythmusorientierten Riffs folgt. Alles klar beim Stilmix? Wenn man auf Verkäufe schielt, sind drei solche Songs am Anfang einer Platte der Tod. Doch drauf geschissen, weiter geht’s. „God Of The Grain“ schlägt in eine ähnliche Kerbe wie der Vorgängersong und lässt einen schon wieder zweifeln. Singt da jetzt Jaz Coleman? Nein, aber die Stimme von Rob Miller ist tiefer und voller geworden, außerdem verfügt er über deutlich mehr Dampf als früher, so dass gerade in „The Messenger“ und „God Of The Grain“ eine gewisse Ähnlichkeit mit Stimme und Stimmung von KILLING JOKE nicht zu leugnen ist.

Das fast siebenminütige „Visitation“ ist mit seinen Spoken Word Einlagen, den atmosphärischen Keyboards und Samples und dem grollenden Bass eine Demonstration monotoner Düsternis, bevor es mit dem ersten Teil des Titelstücks wieder folkig-akustisch wird. Einmal mehr fällt auf, was für eine ausdrucksstarke Gesangsstimme der Baron sich angewöhnt hat - warm, rau und sehr eindringlich. Der zweite Teil begeistert mit Dramatik und harschen Rifftürmen, bevor es mit „Here Come The Wolf“ wieder etwas melodischer wird. „The One“ steht ganz in der anarchistischen Tradition des englischen Punk, indem es an uns appelliert, die Welt endlich als eins zu betrachten und mit Kleinstaaterei, Imperialismus und Nationalismus Schluss zu machen.

We are the north, the south, the east, the west, the one.

All sense of separation, this is your illusion.
All sense of segregation, just leading to confusion.

Den absoluten Überhammer sparen sich die drei allerdings für den Schluss auf. „Knights Of The Black Sun“ ist ein dermaßen wunderbares Stück Musik, dass man sich wünscht, jeder Mensch auf der Welt würde es einmal zu hören bekommen. Beginnend mit zurückhaltender Instrumentierung und den erneut grandiosen Folkmelodien Millers, steigert sich das anfangs melancholische Stück mit zunehmender Dauer zu einem beschwörenden, einnehmenden Meisterwerk so voller Leidenschaft und Pathos, Epik und Drama, dass es erwachsenen Männern Tränen in die Augen treiben kann. Mehr Emotion kann man unmöglich in einen einzelnen Song packen und dabei gleichzeitig so konsequent jeglichen Kitsch und Sülz verneinen. Ein perfekter Song, und in der Kategorie gibt es nicht viele.

So from the rooftop call it out
You were always free
Yes from the rooftop call it out
And ever may you be

AMEBIX sind auf “Sonic Mass” nicht mehr mit dem zu vergleichen, was sie früher gemacht haben. Damals waren sie einzigartig und man ist geneigt zu sagen, dass ihnen dieses Kunststück nicht nur immer noch, sondern unter völlig veränderten Vorzeichen noch einmal glückt. „Sonic Mass“ klingt zumindest für Eingeweihte unverkennbar nach AMEBIX, für Uneingeweihte sicher ziemlich abgefahren und sollte für Musikinteressierte mit Hang zu genannten Stilen und Bands einer tight gezockten, warm und wuchtig produzierten Offenbarung gleich kommen.

FAZIT: No Gods, No Masters!

Hendrik Lukas (Info) (Review 9199x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Days
  • Shield Wall
  • The Messenger
  • God Of The Grain
  • Visitation
  • Sonic Mass Part 1
  • Sonic Mass Part 2
  • Here Come The Wolf
  • The One
  • Knights Of The Black Sun

Besetzung:

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Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Mirko
gepostet am: 25.11.2011

User-Wertung:
13 Punkte

Dem Review kann ich mich nur anschließen! :)
Patrick
gepostet am: 07.12.2011

User-Wertung:
15 Punkte

Kann mich dem Review ebenfalls nur anschließen. Der Song "Knights Of The Black Sun" ist absolut grandios!
SEB
gepostet am: 08.12.2011

User-Wertung:
14 Punkte

Hammer Scheibe - dem Review ist nichts
hinzuzufügen - grooßartig beschrieben.
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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