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Semen Datura: Einsamkeit (Review)

Artist:

Semen Datura

Semen Datura: Einsamkeit
Album:

Einsamkeit

Medium: CD
Stil:

Avantgarde Dark/Black Metal

Label: ATMF
Spieldauer: 45:07
Erschienen: 16.10.2009
Website: [Link]

In den letzten Jahren wurde es sehr, sehr still um die ostdeutschen SEMEN DATURA, deren letzter Release ganze fünf Jahre zurücklag. „Vineta Pt. I“, so dessen Titel, ist mir noch in bester Erinnerung und wusste durch seine Eigenwilligkeit, seinen Avantgardismus und seine stilistische Varianz zu begeistern.

Einsamkeit“ ist zwar noch immer SEMEN DATURA pur, aber auf diesem dritten Langeisen zeigt sich die Band so ganz anders. Bereits beim Artwork fällt ein starker Hang zum Minimalismus auf – statt Bandlogo nur eine handdruckschriftähnliche Schriftart, ein paar thematisch passende Fotos und Zeichnungen dazu, alles in schwarzweiß. Auch das Lineup ist von fünf auf drei Personen geschrumpft, so sind von den Gründungsmitgliedern wieder einmal nur Conrath von Auerswald und Nakhar übrig – fürs Schlagzeug haben sich die beiden einen jazzaffinen Drummer namens Axt ins Boot geholt, der zwischendurch durch einen gewissen Weilbach ersetzt wurde. Dieser scheint ebenfalls nicht mehr Teil der Band zu sein, da auf der Bandhomepage nun Conrath selbst die Drumcredits für sich verbuchen kann. Dann wäre da noch ein Neuzugang, A. Passacantilli, welcher sich seit 2009 zusätzlichen Arbeiten an Vier- und Sechssaiter widmet.

Doch um das Besetzungskarussell wieder anzuhalten und die Abspeckung wieder ins Spiel zu bringen: Es ist fast schon logisch, dass sich diese Minimalisierung auch musikalisch manifestiert hat. Orchestrale Elemente sind fast verschwunden, und auch die Einflüsse aus den klassischen Metalgenres, also Thrash, Death und dergleichen, findet man deutlich seltener. Stattdessen steht der Black Metal viel stärker im Vordergrund, hat aber von seiner avantgardistischen, bandtypischen Natur nichts verloren. Also nichts mit norwegischem Standardsägewerk, BATHORY-Nachgeäffe oder ähnlicher Allerweltskost.

Eher wirken die neuen Songs der Stechapfelsamen ab und zu (ab und zu!) wie eine weniger durchgeknallte, aber um so manisch-depressivere Ausgabe der früheren BETHLEHEM, als diese noch ihren schwarzmetallisch gefärbten Dark Metal zelebrierten. Auch an VED BUENS ENDE, progressivere SATYRICON, SECRETS OF THE MOON oder gar DEATHSPELL OMEGA muss man gelegentlich denken, wobei der Individualismus stets die Hauptrolle spielt und genannte Einflüsse eher Statisten und Nebencharakteren zufallen.

Die Texte sind bis auf „Mental Outlaw“ allesamt in deutscher Sprache, was ebenfalls ein starker Kontrast zu früher ist – ja fast ein Novum. Es wird deutlich, dass die Texte weniger lang und metaphorisch ausgefallen sind, stattdessen wird auf Kürze, Klarheit und Prägnanz gesetzt. In puncto Sound wurde ebenfalls entschlackt. Zwar war „Vineta Pt. I“ klasse produziert, doch jenes Setting hätte nie und nimmer zu dem gepasst, was auf „Einsamkeit“ geschieht. Zwar tönt die Scheibe schön prall und kristallklar, aber die Instrumente klingen noch uriger und organischer, das Gesamtbild noch rauer und unbequemer – und dadurch klingen SEMEN DATURA noch mehr nach SEMEN DATURA themselves.

Erstaunlich ist, wie angekratzt und emotional, wie lebensverdrossen und niedergeschlagen Auerswald ins Mikrofon ächzt und krächzt. Es liegt demnach nicht all zu fern, dass der Bandkopf aus dem Erzgebirge wohl eine ganz schön dreckige, beschissene Zeit hinter sich haben muss, denn sollte dem nicht so gewesen sein, ist er wohl ein ziemlich guter Schauspieler. Jedenfalls trägt diese extreme Gefühlsbetontheit dazu bei, dass „Einsamkeit“ von Sekunde 1 bis 2707 ein authentisches, ehrliches, in sich stimmiges Album geworden ist, das durch sein beklemmendes Feeling tief unter die Haut geht und man so selbst beinahe schon eine empathische Ader für den Klangschaffenden entwickelt.

FAZIT: „Einsamkeit“ klingt so weit weg vom Leben – und ist doch so nah. SEMEN DATURA spielen ihre Musik nicht nur, nein, sie leben und fühlen sie auch zu hundert Prozent. Es gab lange keine Veröffentlichung mehr aus dem dunkelmetallischen Sektor, die mich dermaßen berührt hat wie dieses Werk. Ich ziehe respektvoll und fast schon voller Demut meinen Hut.

Chris Popp (Info) (Review 9796x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 14 von 15 Punkten [?]
14 Punkte
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Tracklist:
  • Fons Et Origo
  • Unter bleigrauen Wolkenlasten
  • Einsamkeit
  • Mental Outlaw
  • Marschbefehl
  • Psychokrieg
  • Witwenmacher
  • Vineta
  • Rieke Stadt
  • Arkona

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Mirko
gepostet am: 26.07.2010

User-Wertung:
13 Punkte

Großes Album!
Dr. O [musikreviews.de]
gepostet am: 24.09.2010

User-Wertung:
12 Punkte

Nach dem Review gleich geordert. Wirklich gelungene Scheibe !
Thomas
gepostet am: 10.10.2010

User-Wertung:
10 Punkte

Gutes Album wenn mir auch die 14 14 ewin wenig überzogen vorkommen
Freya
gepostet am: 07.04.2011

User-Wertung:
14 Punkte

Starkes Werk!
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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